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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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die Heiligen? War es Euch nicht vorhergesagt worden?« »So wahr Gott lebt«, sprach der Doktor, »ich habe dergleichen nicht angerufen.« »Wie«, rief Buffalmacco, »Ihr hättet nicht? Freilich, Ihr werdet Euch nicht erinnern, denn unser Bote hat uns wohl berichtet, daß Ihr am ganzen Leib gezittert habt wie Espenlaub und nicht gewußt habt, wo Ihr wäret. Ihr habt es schon recht gemacht, das mag sein; aber kein Mensch soll uns mehr solch einen Streich spielen, und Euch wollen wir schon noch die Ehre erweisen, die Euch dafür gebührt.«
    Darauf begann der Doktor sie um Vergebung zu bitten und sie bei Gott zu beschwören, sie möchten ihn nicht in Schande bringen, und suchte mit den schönsten Worten, die er nur wußte, sie zu beschwichtigen. Vor Furcht aber, daß sie seine Schmach weiterverbreiten könnten, fing er an, wenn er sie schon vorher geehrt hatte, sie durch Einladungen und auf andere Weise noch viel mehr zu ehren und wertzuhalten.
    So also, wie ihr eben gehört habt, macht man diejenigen klug, die dies in Bologna noch nicht gelernt haben.
     

Zehnte Geschichte
     
     
    Eine Sizilianerin nimmt einem Kaufmann alles, was er nach Palermo gebracht hat, mit meisterhafter Geschicklichkeit ab; dieser stellt sich darauf, als sei er noch mit viel größeren Warenvorräten als zuvor nach Palermo zurückgekehrt, nimmt ihr das Geld durch Borg wieder ab und läßt ihr nichts als Wasser und Werg.
     
    Man braucht nicht zu fragen, wie sehr verschiedene Stellen in der Geschichte der Königin die Damen zum Lachen gereizt hatten. Keiner unter ihnen waren vor unmäßigem Gelächter weniger als ein dutzendmal die Tränen in die Augen gekommen. Als die Königin jedoch geendet hatte, nahm Dioneo, der wohl wußte, daß nun die Reihe an ihm sei, das Wort:
    Anmutige Damen, es ist offenbar, daß Schlauheit und List desto mehr gefallen, je schlauer derjenige ist, der durch sie kunstvoll hinter's Licht geführt wird. Deshalb gedenke ich - so schöne Sachen ihr alle uns auch berichtet habt -, euch dennoch eine Geschichte zu erzählen, die euch um so viel mehr als jede andere, die wir gehört haben, gefallen muß, als diejenige, welche in ihr betrogen ward, selbst eine größere Meisterin im Betrügen war als irgendein andrer von den Betrogenen, von denen ihr uns bis jetzt berichtet habt.
    Es war und ist vielleicht noch heute in allen Städten, die Seehäfen haben, der Brauch, daß die Kaufleute, welche mit Waren dort ankommen, dieselben, sobald sie ausgeladen sind, in eine Niederlage bringen, welche an vielen Orten Dogana genannt wird und entweder von der Stadtgemeinde oder vom Landesherrn unterhalten wird. Hier übergibt der Kaufmann den dazu bestellten Beamten ein schriftliches Verzeichnis sämtlicher Waren und ihres Preises, worauf diese ihm einen Lagerspeicher anweisen, wo er seine Ware unterbringt und verschließt. Die genannten Zollwächter aber tragen auf Rechnung des Kaufmanns die gesamte Ware in das Zollbuch ein und erheben danach von dem Kaufmann die Gebühren, entweder für die ganze Ladung oder für einen Teil der Ware, so wie er diese aus der Dogana entnimmt. Aus diesen Zollbüchern unterrichten sich häufig die Makler über die Güte und den Betrag der Waren, die dort niedergelegt sind, sowie über die Namen der Kaufleute, die sie feilbieten, und mit denen sie dann, wie es sich trifft, Wechsel- oder Tauschgeschäfte, Verkäufe oder andere Arten von Umsatz abschließen.
    Dieser Brauch bestand, wie an vielen ändern Orten, auch zu Palermo in Sizilien, wo sich zu gleicher Zeit auch Weiber genug aufhielten und noch aufhalten, die ebenso liebreizend wie der Ehrbarkeit abhold sind. Wer sie nicht kennt, möchte sie wohl für vornehme und höchst ehrenwerte Damen halten. Wie sie aber einzig darauf bedacht sind, die Männer nicht nur zu rupfen, sondern völlig auszuplündern, so erblicken sie auch kaum einen fremden Kaufmann, ohne sofort zum Zollbuch zu laufen und sich daraus zu unterrichten, was er dort lagern hat und über wieviel er verfügen kann, und dann sind sie bestrebt, durch gefälliges und liebreiches Betragen oder durch zuckersüße Worte solche Kaufleute an sich zu locken und in ihre Liebesnetze zu ziehen. Schon manchen haben sie darin verstrickt und manchem ein gutes Teil ihrer Waren aus den Händen gelockt, vielen sogar alles. Ja, es hat selbst nicht an solchen gefehlt, die Ladung und Schiff, Fleisch und Knochen bei ihnen gelassen haben, so sauber hat die betreffende Bartschererin das Schermesser zu führen

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