Das Dekameron
er das Paar mit seinem Segen.
Auf Wunsch Alessandros und mit Zustimmung der Dame sollte die Rückreise über Florenz führen, wohin das Gerücht schon Kunde von diesen Begebenheiten gebracht hatte. Von den Einwohnern mit den höchsten Ehren aufgenommen, ließ die Dame, nachdem sie alle Gläubiger befriedigt hatte, die drei Brüder befreien und setzte sie und ihre Frauen in die ehemaligen Besitzungen wieder ein. Um dessentwillen von allen wohlgelitten, verließen Alessandro und seine Gemahlin Florenz, von wo sie den Agolante mitnahmen. In Paris angelangt, wurden sie vom König ehrenvoll empfangen. Von dort aus reisten die beiden Edelleute nach England und vermochten so viel über den König, daß er der Tochter seine Liebe wieder zuwendete und sie und seinen Schwiegersohn mit großen Freuden bei sich empfing. Den letzteren machte er bald darauf in besonders ehrenvoller Weise zum Ritter und gab ihm die Grafschaft Cornwall. Dieser aber besaß so großes Geschick und gab sich so viel Mühe, daß es ihm gelang, Vater und Sohn wieder zu versöhnen. Daraus erwuchs der Insel ein großer Vorteil, und Alessandro gewann die Liebe und den Dank des ganzen Volkes. Agolante aber rettete alles vollständig, was die Brüder in England zu fordern hatten, und kehrte überreich nach Florenz zurück, nachdem Graf Alessandro ihn zuvor zum Ritter gemacht hatte. Der Graf führte dann mit seiner Gattin ein rühmliches Leben, und wie einige sagen, hat er teils durch eigene List und Tapferkeit, teils mit Hilfe seines Schwiegervaters Schottland erobert und wurde als dessen König gekrönt.
Vierte Geschichte
Landolfo Ruffolo verarmt, wird Korsar, gerät in genuesische Gefangenschaft und erleidet Schiffbruch. Er rettet sich auf einer Kiste voll köstlicher Edelsteine, wird in Korfu von einem armen Weibe beherbergt und kehrt reich in die Heimat zurück.
Als Lauretta, die neben Pampinea saß, diese am rühmlichen Ende ihrer Geschichte angelangt sah, begann sie, ohne eine besondere Aufforderung abzuwarten, also zu sprechen:
Holdselige Mädchen, nach meinem Dafürhalten kann man die Macht Fortunas am deutlichsten erkennen, wenn jemand, wie wir das in Pampineas Geschichte an Alessandro haben geschehen sehen, vom tiefsten Elend zu königlicher Würde erhoben wird. Weil also wir alle, die wir ferner im Bezirk unserer Aufgabe zu erzählen haben, genötigt sein werden, uns innerhalb dieser Grenzen zu halten, so schäme ich mich nicht, eine Geschichte vorzutragen, die zwar noch größeres Unglück schildert, doch nicht zu einem so glänzenden Ausgang gedeiht. Wem es nur auf diesen Ausgang ankommt, wird sie demnach mit geringerer Aufmerksamkeit anhören, doch wird man mich entschuldigen, da ich, wie gesagt, nicht anders kann.
Man rechnet das Gestade von Reggio bis Gaeta mit zu den schönsten Landschaften Italiens. Hier dehnt sich, nicht weit von Salerno, eine bergige Küste aus, die das weite Meer überschaut und von den Einwohnern die Küste von Amalfi genannt wird. Sie ist übersät mit kleinen Städten, bedeckt von Gärten und Springbrunnen und voll von Leuten, die sich durch den Handel bedeutende Reichtümer erworben haben. Unter diesen Städten ist eine, Ravello genannt, die zwar heute noch wohlhabende Einwohner hat, vor Zeiten jedoch einen besaß, der überreich war und Landolfo Ruffolo hieß. Da ihm indes seine Reichtümer noch nicht genügten und er sie zu verdoppeln trachtete, fehlte wenig daran, daß er nicht allein sie, sondern mit ihnen zugleich das eigene Leben eingebüßt hätte.
Er kaufte nämlich, wie Handelsherren das wohl zu tun pflegen, auf Grund seiner Berechnungen ein besonders großes Schiff, befrachtete dies vollkommen für sein eigenes Geld und fuhr mit ihm nach Zypern. Hier aber fand er andere Schiffe, die mit derselben Art Waren, wie er sie gebracht hatte, eben dorthin gekommen waren. Deshalb mußte er seine Ladung nicht allein unter dem Preis abgeben, wenn er überhaupt verkaufen wollte, sondern fast umsonst weggeben, wodurch er sich nahezu ruinierte. Er nahm sich das Unglück, binnen kurzem von großem Reichtum zum armen Manne geworden zu sein, so zu Herzen, daß er beschloß, entweder zu sterben oder seinen Verlust durch Räubereien zu ersetzen, damit er, der reich abgereist, nicht arm nach Hause zurückkehre.
Sobald er also einen Abnehmer für sein großes Schiff gefunden hatte, schaffte er sich mit dem Gelde, das er hieraus und aus dem Verkauf seiner Waren gelöst hatte, ein kleines Kaperschiff an,
Weitere Kostenlose Bücher