Das Dekameron
Rechtlichkeit, und er beschloß, was immer daraus werden sollte, dem Fürsten dieses Glück zu entreißen und es selbst zu genießen. Er glaubte, sich bei der Ausführung dieses Vorsatzes beeilen zu müssen, und sann, der Vernunft und der Gerechtigkeit zum Trotz, auf nichts als Trug und List. So ließ er denn eines Tages, einer schändlichen Verabredung zufolge, die er mit einem vertrauten Diener des Fürsten namens Kyriakos getroffen hatte, seine Pferde und sein Gepäck in aller Stille zur Abreise bereiten. Die Nacht darauf öffnete Kyriakos ihm und einem Gefährten, die beide bewaffnet waren, leise das Zimmer des Fürsten. Dieser hatte sich, um der großen Hitze willen, während die Dame schlief, ganz nackt an ein Fenster gelegt, das auf das Meer hinausging, um sich in der leichten Brise, die von dort herüberkam, etwas zu kühlen. Der Herzog, der seinen Begleiter im voraus von dem unterrichtet hatte, was zu tun sei, ging leise durch das Zimmer hindurch bis ans Fenster und stieß, ehe der Fürst ihn bemerken konnte, diesem ein Messer so tief in die Seite, daß es auf der ändern Seite wieder herauskam. Dann ergriff er schnell die Leiche und stürzte sie zum offenen Fenster hinaus.
Der Palast war hoch gegen das Meer hinausgebaut, und das Fenster, an dem der Fürst gestanden, hatte in der Tiefe einige Häuser unter sich, die unter der Gewalt des Meeres zusammengefallen waren und daher selten oder niemals betreten wurden. So geschah es denn, wie der Herzog im voraus berechnet hatte, daß niemand es gewahr wurde oder gewahr werden konnte, als die Leiche des Fürsten hinunterstürzte. Sobald der Begleiter des Herzogs gesehen hatte, was geschehen war, warf er dem Kyriakos, unter dem Scheine ihn zu liebkosen, einen Strick um den Hals, zog diesen so fest an, daß er keinen Lärm machen konnte, und wartete, bis der Herzog dazukam, worauf sie ihn erdrosselten und eben dahin warfen, wohin sie den Fürsten bereits geworfen.
Nachdem dies alles vollbracht war und der Herzog sicher sein konnte, daß weder die Dame noch sonst jemand etwas davon bemerkt habe, nahm er ein Licht in die Hand, ging damit an das Bett und deckte die Dame, die noch ruhig schlief, leise völlig auf Ihre Formen, die er nun enthüllt sah, schienen ihm von vollendeter Schönheit, und hatte sie ihm bekleidet gefallen, so entzückte sie ihn nackt über alle Maßen. Dieser Anblick entzündete in ihm neue Glut, und die Scheu des eben begangenen Verbrechens hielt ihn nicht ab, sich mit noch blutigen Händen neben sie zu legen und sie, die ihn im Halbschlaf für den Fürsten hielt, zu beschlafen. Als er eine Weile mit dem größten Vergnügen an ihrer Seite zugebracht hatte, erhob er sich wieder und ließ von einigen der Seinen, die er unter Vermeidung aller Geräusche herbeirief, die Dame durch die verborgene Tür, durch die er hereingekommen, davontragen. Draußen mußte sie sich zu Pferde setzen, und die ganze Gesellschaft machte sich eilig und so still als möglich auf den Weg und kehrte nach Athen zurück. Weil aber der Herzog verheiratet war, führte er die mehr denn je betrübte Dame nicht nach Athen selbst, sondern nach einem schönen Landhause, das er unweit der Stadt und nahe am Meer besaß, und hielt sie dort verborgen, während sie auf das anständigste mit allem versehen ward, dessen sie bedurfte.
Am Tage nach jener Tat warteten die Höflinge des Fürsten bis nach der Mittagsstunde, daß er aufstehen sollte. Da er sich aber immer noch nicht regte, stießen sie die Türen auf, die nur zugeklinkt waren; doch sie fanden niemand und bekümmerten sich nicht weiter darüber, da sie annahmen, daß er mit seiner schönen Dame auf ein paar Tage zu seinem Vergnügen heimlich verreist sein möchte. In dieser Ungewißheit warteten sie noch, als am anderen Tage ein Narr, der in die zerfallenen Häuser gelaufen war, in denen die Leichen des Fürsten und des Kyriakos lagen, die letztere beim Stricke herauszog und hinter sich herschleppte. Mehrere Leute erkannten diese Leiche mit Erstaunen und schmeichelten dem Narren so lange, bis er sie hinführte, wo er jene herausgeholt hatte und wo sie nun zum großen Schmerze der ganzen Stadt den Körper des Fürsten fanden, der alsbald ehrenvoll begraben ward. Darauf spürte man dem Täter eines so großen Verbrechens nach und vermutete, da der Herzog von Athen nicht mehr anwesend, sondern heimlich abgereist war, er möchte, wie er es wirklich getan hatte, den Fürsten erstochen und die Dame mit sich geführt haben. Infolge
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