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Das Dekameron

Das Dekameron

Titel: Das Dekameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Boccacio
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auf das eindringlichste zu, obgleich sie weniger den verlorenen Gemahl als ihr Mißgeschick beweinte.
    Als sie nach langen und zu verschiedenen Zeiten vorgebrachten Reden sie einigermaßen beruhigt zu haben meinten, besprachen sie sich untereinander, wem von ihnen sie zuerst zufallen sollte. Da nun aber ein jeder von beiden der erste sein wollte und kein Mittel zur Einigung zu finden war, gerieten sie in einen heftigen Wortwechsel und erhitzten sich dabei so sehr, daß sie endlich zu den Messern griffen, wütend übereinander herfielen und ohne daß die übrigen, die sich auf dem Schiffe befanden, sie zu trennen vermocht hätten, sich so gefährliche Stöße beibrachten, daß der eine auf der Stelle tot niederfiel und der andere zwar am Leben blieb, aber an verschiedenen Körperteilen schwere Wunden davontrug. Die junge Dame bedauerte dieses Ereignis gar sehr; denn nicht nur befand sie sich nun allein und ohne Beschützer auf dem Schiffe, sie fürchtete auch, der Zorn der Freunde und Angehörigen der beiden Schiffsherren möchte sich gegen sie wenden. Doch die Bitten des Verwundeten und die baldige Ankunft in Chiarenza befreiten sie von der letzteren Gefahr.
    Kaum war sie an diesem Orte angelangt und mit dem Verwundeten in demselben Hause eingekehrt, als sich auch der Ruf von ihrer großen Schönheit durch die ganze Stadt verbreitete und bis zu den Ohren des Fürsten von Morea drang, der damals in Chiarenza verweilte. So wurde er begierig, sie zu sehen, und verliebte sich, sobald er sie gesehen und noch weit schöner gefunden hatte, als das Gerücht sie schilderte, so heftig in sie, daß er an nichts anderes zu denken imstande war. Als er erfuhr, auf welche Art sie nach Chiarenza gekommen war, schöpfte er Hoffnung, sie erlangen zu können, und wirklich schickten die Angehörigen des Verwundeten sie dem Fürsten ohne weiteres zu, sobald sie dessen Lust erfahren, während dieser noch darüber nachdachte, wie er sie gewinnen wollte. Die Freude des jungen Fürsten war groß, aber auch der Dame war dieses Ereignis, durch welches sie sich aus einer großen Gefahr errettet glaubte, erwünscht. Der Fürst erriet aus den königlichen Sitten, die sie außer Schönheit schmückten, obgleich er keine andere Nachricht über sie erlangen konnte, daß sie von edlem Stamme sein müsse, und dadurch steigerte sich seine Liebe zu ihr in solchem Maße, daß er sie in allen Stücken nicht als Bettgenossin behandelte, sondern als rechtmäßige Gemahlin ehrte. Durch diese Behandlung schöpfte die Dame, die ihre jetzige angenehme Lage mit ihren früheren Unfällen verglich, neuen Mut. Ihre frühere Munterkeit kehrte zurück, und ihre Reize gewannen wieder eine solche Frische, daß man in ganz Romania von nichts anderem reden hörte.
    Dadurch bekam der Herzog von Athen, ein schöner junger Herr von einnehmendem Wesen, der mit dem Fürsten verwandt und befreundet war, Lust, sie zu sehen. Zu diesem Ende gab er vor, er wolle, wie er das zuweilen tat, seinen Vetter besuchen, und kam in erlesener und ehrenvoller Begleitung nach Chiarenza, wo er mit Freuden und Auszeichnungen empfangen ward. Nach einigen Tagen brachte der Herzog die Rede auf die Schönheit der Dame und fragte den Fürsten, ob sie denn gar so erstaunlich sei, wie man erzähle.
    »Sie ist viel schöner als man von ihr sagt«, antwortete der Fürst. »Allein nicht meine Worte, sondern deine Augen sollen dich davon überzeugen.« Der Herzog drängte den Fürsten, sein Versprechen zu erfüllen, und so gingen sie miteinander dahin, wo die Dame sich aufhielt. Diese empfing sie zuvorkommend und höflich und mußte sich zwischen beiden niedersetzen, obgleich sie das Vergnügen, mit ihr zu sprechen, nicht genießen konnten, da sie von der Sprache jenes Landes wenig oder nichts verstand. So konnten denn die beiden sie nur gleich einem Wunder bestaunen, und besonders tat dies der Herzog, der sich kaum einreden konnte, daß sie ein sterbliches Wesen sei. Glaubte er indes durch das Beschauen seine Lust zu stillen, so verwickelte er sich selbst in deren Fesseln, indem er zugleich das Gift der Liebe mit den Augen einsog und in heftiger Glut für die Dame entbrannte. Als er aber dann mit dem Fürsten von ihr gegangen war und Muße hatte, sich mit sich selber zu besprechen, erachtete er diesen für glücklich vor allen ändern, daß er sich des vollen Besitzes einer solchen Schönheit erfreuen durfte.
    Mancherlei Gedanken stiegen in ihm auf. Endlich aber überwog die Glut der Liebe die

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