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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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die Geschichte des Wortes Feminismus im Recht-schreibungs-Daifetz, so erschließt sich uns ein bemerkenswertes Kapitel der deutschen Lexikographie. Ich zitiere aus dem Gutachten der Gesellschaft für deutsche Sprache (H. Walther ):
    »Im Duden (Rechtschreibung) findet sich Feminismus erst 1929 (10. Aufl.), und zwar gleich mit der Angabe der beiden Bedeutungen, der politisch-gesellschaftlichen und — wenigstens mit einem Anflug-der biologisch-medizinischen: »Frauenemanzipation; Betonung des Weiblichem. So bis 1932 (3. Neudruck der 10. Aufl.); 1934 aber durfte es die Frauenbewegung und damit die »Frauen-emanzipatiom nicht mehr geben. Jetzt lautet der Eintrag: »überstarke Betonung des Weiblichen; Vorherrschaft unmännlicher Anschauungen^ So bis... nein, nicht nur bis zum letzten Drittes-Reich-Duden (1942; Normalschriftausgabe der 12. Aufl.), sondern bis 1958 (14. Aufl.). Und auch in der folgenden Ausgabe (1961, 15. Aufl.) gab es noch kein Zurück zur »Frauenemanzipa-tiorn, sondern: »Verweiblichung bei Männern; Überbetonung des Weiblichem. Dieser Zustand hielt an bis 1973 (17. Aufl.), und erst 1980 (18. Aufl.) lesen wir die uns heute befriedigenden Erklärungen: »Richtung der Frauenbewegung, die ein neues Selbstverständnis der Frau und die Aufhebung der traditionellen Rollenverteilung anstrebt; Med., Zool.: Ausbildung weibl. Merkmale bei männl. Wesen; Verweiblichung<.« Soweit das Gutachten.
    Zwar ging 1945 die Naziherrschaft zu Ende, nicht aber ihr massiver Antifeminismus. Der blieb uns erhalten bis heute — warum hätte mann diese willkommene Errungenschaft auch gleich mit aufgeben sollen?
    Die Geschichte des Wortes Feminismus in den deutschen Wörterbüchern und Enzyklopädien von 1933 bis heute ist nur ein Beweis für das ungebrochene Fortleben faschistischer Grundsätze — dafür aber einer, der an Deutlichkeit kaum zu übertreffen ist.
    Im Gegensatz zu den Lexika weiß der Volksmund gut Bescheid über den Feminismus — und vor allem über Feministinnen. Auch herrscht ein feines Empfinden für den Unterschied zwischen Frauenbewegung und Feminismus. Nach weit verbreiteter Auffassung setzt sich die Frauenbewegung für die Gleichberechtigung ein, und das ist ganz in Ordnung so, es liegt da ja auch noch allerhand im argen. Feministinnen aber kämpfen für die Weiberherrschaft, und das ist unerträglich; diesem hysterischen Terror muß schleunigst ein Ende gesetzt werden. Ein am 28. Sept. 1982 veröffentlichter Leserbrief an die Neue Westfälische artikuliert diese Überzeugung recht deutlich:

    Ich war stets für die Frauenrechtlerinnen, die eine echte Gleichberechtigung der Frauen erkämpfen wollen. Aber ich habe etwas gegen die Sorte von Frauen, die sich Feministinnen nennen. Erstere sind m. E. ein positiver, letztere ein negativer Faktor unserer ohnedies schon kranken Industriegesellschaft.
    [...] keine ehrliche Frau kann bestreiten, daß Frauen emotioneller als Männer sind. Deshalb verneine ich die Behauptung der Feministinnen, die ja noch mehr als nur Gleichberechtigung der Frauen wollen, sondern schlicht auf die Herrschaft der Frauen hinarbeiten, daß sie eine friedlichere Welt als die Männer schaffen würden.

    So einfach ist das. — Wenn der Briefschreiber die Feministinnen deshalb ablehnt, weil sie »auf die Herrschaft der Frauen hinarbeiten«, so wiederholt er damit einen weit verbreiteten Denkfehler, der für Frauen nicht ohne bittere Ironie ist. Man stellt sich nämlich vor, diese Herrschaft müsse (mit umgekehrtem Vorzeichen) genauso aussehen wie das, was wir alle täglich vor Augen haben: die Männerherrschaft. Diese ist, in der Tat, die Herrschaft der Männer über die Frauen. Wenn die Feministinnen sich und alle Frauen aus dieser Herrschaft befreien wollen, bedeutet das nicht, daß sie damit automatisch den Spieß umdrehen. Es bedeutet »lediglich«, daß wir die Herrschaft über uns selbst, Autonomie, Selbstbestimmung anstreben — also letztlich durchaus so etwas wie die allseits bereitwillig befürwortete Gleichberechtigung insofern, als wir Männern das Recht auf Selbstbestimmung niemals genommen haben. In dem hier umschriebenen Sinne wird auch >Demokratie<, einer unserer »heiligsten« Begriffe, verstanden: Herrschaft des Volkes — über sich selbst. Nicht Herrschaft des einen Volkes über ein anderes.
    Die Befragung der drei Informationsquellen — feministische Literatur, Lexika und Volksmund — ergibt also folgendes:
    Die feministische Literatur ignoriert die Frage. Die

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