Das Deutsche als Männersprache
meisten Lexika verstehen unter Feminismus etwas völlig anderes als wir und scheiden damit als Informanten aus. Der Volksmund diagnostiziert einen deutlichen Unterschied zwischen Frauenbewegung und Fe-minismus/Feministinnen, da aber Feministinnen sich gewöhnlich als Mitglieder der Frauenbewegung verstehen, ist diese Unterscheidung unakzeptabel — eine Verzerrung zum Zweck der Diffamierung. Diese Verzerrung schlägt sich übrigens sogar im Duden — Fremdwörterbuch nieder. Über Feministin heißt es da, gleich nach der Information, daß Feminismus das Vorhandensein weibl. Geschlechtsmerkmale beim Mann sei :
Feministin, die: (oft abwertend) [junge] Frau, die [in einer Organisation] für die soziale Gleichstellung der Frau in der Gesellschaft eintritt und die traditionelle Rollenverteilung zwischen Mann und Frau bekämpft.
Interessant bei den Recherchen ist — und das hilft vielleicht weiter — daß die Unklarheiten ausschließlich den Begriff >Feminismus< betreffen, nicht den der Frauenbewegung. Wie gesagt fristete das Wort Feminismus (in seiner heute gebräuchlichsten Verwendung) in deutschen Wörterbüchern seit dem Erstbeleg 1912 immer nur ein Kümmerdasein und wurde schließlich von den Nazis ausradiert. Demgegenüber ist der Begriff >Frauenbewegung< schon sehr alt, vielleicht nicht ganz so alt wie diese Bewegung selbst (ca. 200 Jahre), aber doch wesentlich älter als >Feminismus< und daher auch viel besser im gesellschaftlichen Bewußtsein verankert.
Die Frauenbewegung wird bekanntlich in zwei Phasen eingeteilt. Die erste Phase umfaßt in Deutschland etwa die Zeit von 1848 bis 1933 und wird »ältere« oder »erste Frauenbewegung« genannt. Die zweite Phase beginnt Ende der sechziger Jahre und heißt »Neue Frauenbewegung«. Zwischen beiden Phasen gibt es viele Gemeinsamkeiten und erhebliche Unterschiede. Ein Unterschied, der m. W. bisher nicht thematisiert wurde, ist eben der, daß erst seit und mit der Neuen Frauenbewegung der Feminismus (was immer das nun sein mag) international präsent und in aller Munde ist.
Es liegt daher nahe anzunehmen, daß »Feminismus« mit dem in Verbindung zu bringen ist, was die Neue Frauenbewegung von der ersten unterscheidet.
Die Neue Frauenbewegung bescheinigt sich selbst eine starke »Theorielastigkeit«, die frau der ersten Frauenbewegung nicht nachsagen kann. Deren Schwerpunkt lag eindeutig im Praktischen, vor allem in der Organisation. Es wurden Vereine und Verbände gegründet in einem Ausmaß, das der Neuen Frauenbewegung durchaus wesensfremd ist. Erst in jüngster Zeit mehren sich die Stimmen, die darauf hinweisen, daß der Zeitpunkt für eine straffere Organisation, ja überhaupt für Organisation, erneut gekommen ist.
Theoriebildung also als Spezifikum und Schwerpunkt der Neuen Frauenbewegung. Und die Theorie, die sie allmählich herausbildet, durchaus unter ständigem Rückgriff auf Ideen, Programme, Theoriefragmente der ersten Frauenbewegung, ist — der Feminismus. Natürlich.
Feminismus ist die Theorie der Frauenbewegung. — Dieser Satz, wenn er schließlich dasteht, wirkt ganz simpel und einleuchtend, fast wie eine Platitüde. Jedoch wird es uns, wie ich gezeigt habe, keineswegs leicht gemacht, zu dieser dann so platt und selbstverständlich klingenden Aussage hinzufinden.
Ähnlich wi z Sozialismus sowohl die Lehre als auch die Bewegung des Sozialismus bezeichnet, kann Feminismus sowohl die Theorie/Lehre der Frauenbewegung bezeichnen als auch die Bewegung selbst. Aber die Umkehrung gilt nicht: Frauenbewegung bezeichnet nicht die Theorie der Frauenbewegung, logisch. — Kein Wunder, wenn frau sich in diesem Kuddelmuddel nicht gleich zurechtfindet.
1982
»Sie sah zu ihm auf wie zu einem Gott«
Das DUDEN-Bedeutungswörterbuch als Trivialroman *
1 Einleitung
Bis vor kurzem hätte ich auch nicht geglaubt, daß ein Wörterbuch so spannend sein kann wie ein Krimi und so tief aufwühlend wie ein Roman von Konsalik. Ja, Konsalik ist vielleicht der passendste Vergleich für die Kombination von Lesevergnügen und unaufdringlicher Lebenshilfe, die das DUDEN-Bedeutungswörterbuch 41 , ganz nebenbei und sozusagen kostenlos, liefert. Denn um Aufklärung über das Leben als solches geht es uns ja eigentlich nicht, wenn wir es konsultieren, sondern um Aufklärung über Wortbedeutungen. Aber die in spannender Unterhaltung verpackte Lebenshilfe bekommen wir trotzdem, ob wir sie nun wollen oder nicht.
Bisher habe ich mir nur das erste der 26 Kapitel, A von Aal
Weitere Kostenlose Bücher