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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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Personen zugeordnet: Eben jener abartige Mensch, von dem schon die Rede war, und eine Art väterlicher Freund (der mit dem inneren Adel) namens Klaus (»Klaus ist an einem Sonntag geboren« — er ist eben ein Strahlemann von Geburt). Die Beziehung zwischen Ulrich und seinem edlen und hilfreichen Freunde Klaus spiegelt sich in folgenden Sätzen, die unmittelbar das Herz anrühren:

    a) Klaus und Ulrich:
    Er hielt ihn von unüberlegten Handlungen ab.
    Er wollte ihn nicht dem Verdacht aussetzen.
    Er hat sich lobend über ihn ausgesprochen.
    Er hat ihn mit seinem Bericht im Innersten aufgerührt.
    Er hat seinem Freund eine Leiter ausgeliehen.
    Er suchte für seinen Freund ein gutes Buch aus.

    b) Ulrich und Klaus:
    Er machte seine Zustimmung von einer Entscheidung seines Freundes abhängig.
    Er sprach ihn um Hilfe an.
    Er hat sich seinem Freund anvertraut.
    Er lieh sich von seinem Freund ein Fahrrad aus.
    Er hing ihm treu an.

    Eigentlich müßte es unserem Ulrich mit seiner Mittelmäßigkeit, seinem Schutzengel Klaus und seinem liebenden Weib Christine ganz famos gehen — wenn, ja wenn da nicht der abartige Mensch und Brutalo Ludwig wäre (»Ludwig war kein Asket und Kostverächter«, o nein!). Ludwigs kriminelle Energie scheint unerschöpflich. Körperverletzung betreibt er als mondäne Sportart. Was tut er nicht alles dem armen Ulrich, seinem bevorzugten Opfer, an:

    Er hat ihm mit dem Schwert ein Ohr abgehauen.
    Er hat ihm drei Zähne ausgeschlagen.
    Er hat ihn grob angefahren.
    Er pöbelte ihn auf der Straße an.
    Er stellte sich drohend vor ihm auf.
    Er nutzte seine Schwächen rücksichtslos aus.

    Aber auch Klaus der Große bleibt von diesem miesen Verbrecher nicht ungeschoren. Ludwig hat ihm eine große Summe Geldes abgepreßt. Klaus reagiert wie immer gentlemanlike: Ludwigs Verhalten mutete ihn lediglich höchst merkwürdig an, und er hat halt seine Ansicht über ihn geändert.
    Daß Ludwig, der Erzschurke, »kein Kostverächter« ist, haben wir schon erfahren. Natürlich versuchte er schon als unreifer Knabe, Christine zu belästigen, aber: das Mädchen ließ ihn abblitzen ; sie hat den aufdringlichen Burschen abfahren lassen; er hat sich bei ihr eine kräftige Abfuhr geholt, jawoll! Er hat bei ihr nichts aufstecken können. Aber der Ludwig läßt ja nicht so schnell locker: »Er nahm sich vor, ein Verhältnis mit ihr anzuspinnen« und »versuchte auf der Straße, mit ihr anzubändeln«, aber sie beachtete ihn gar nicht, und das »ist ihm übel aufgestoßen«. Ludwig schäumt:
    »Er hat mich bei ihr ausgeknockt «, womit er zweifellos unseren Ulrich meint. »Er wollte mich bei ihr ausstechen ! «
    Später erfahren wir noch über Ludwig, daß er eine Frau mit dem Auto angefahren hat undangeschuldigt wird, die Frau ermordet zu haben.
    Was für ein Finsterling!
    Und was für eine Lichtgestalt ist dagegen Klaus, das Sonntagskind! Nicht nur daß er ständig die schützenden starken Arme über Ulrich, das sprichwörtliche Mittelmaß, ausbreitet. Das macht nur einen ganz geringen Bruchteil seines segensreichen Tuns aus. Ansonsten dürfen wir ihm bei folgenden geistigen und körperlichen Heldentaten Zusehen:

    Er hat das Examen mit Auszeichnung absolviert.
    Er zeigt eine akrobatische Beherrschung seines Körpers.
    Seine Seele vermag das All zu umfassen.
    Er war allseits beliebt.
    Er ist ein international anerkannter Wissenschaftler.
    Er ist gegen den Weltmeister angetreten.
    Er machte sich zum Anwalt der Armen.
    Er ist sogar zum nationalen Märtyrer arriviert.
    Sie haben sich an seinen Worten aufgerichtet.
    Er bäumte sich gegen die Ungerechtigkeit auf.
    Große Wirkung ging von ihm aus.
    Es ist nicht auszudenken , was ohne seine Hilfe passiert wäre.
    Unendliche Kraft strömte von ihm aus.

    Wir sehen, in diesem Sittengemälde der heutigen Zeit ist alles richtig an seinem Platz, und Mann und Frau füllen ihren Platz aus, wie es sich gehört. Die Grundaspekte der Conditio humana- höchste Tugend, Mittelmaß und abgründige Verderbtheit — sind übersichtlich verteilt auf die drei männlichen Hauptpersonen. Weit entfernt ist dieses Werk von neumodischen Mätzchen wie Verweiblichung des Mannes und Vermännlichung der Frau. Der Mann leistet das Seine nach Maßgabe seiner Kräfte, seien sie nun gottähnlich, durchschnittlich oder kriminell. Die Frau leistet das Ihre nach ihren Kräften, und da sie bekanntlich keine besonderen Kräfte besitzt, leistet Christinchen auch nichts Besonderes:

    1. Sie kümmert sich um die

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