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Das Deutsche als Männersprache

Das Deutsche als Männersprache

Titel: Das Deutsche als Männersprache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
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Spiessigkeit, Männlichkeitswahn, Pennälermentalität, Obrigkeits- und Schubladendenken. Und eine geradezu abgründige Frauenverachtung. Dies vor allem.

    1983

Glossen

    Die Glossen erscheinen seit Februar 1982 monatlich in der feministischen Zeitschrift Courage ; die Serie wird fortgesetzt.
    Die Courage- Redaktion hat, mit meinem Einverständnis, an manchen der Original-Glossen Änderungen vorgenommen. Manche dieser Änderungen habe ich hier wieder rückgängig gemacht, anderes habe ich für den Wiederabdruck leicht geändert. Außerdem habe ich jetzt die Glossen inhaltlich grob geordnet, wobei allerdings die inhaltliche Ordnung der chronologischen ziemlich entspricht: Während der ersten fünfzehn Monate habe ich hauptsächlich grammatische Aspekte aufgegriffen; danach geht es mehr um Fragen des Wortinhalts und des Stils.
    Die aufmerksame Leserin wird feststellen, daß ich in den Glossen hin und wieder Material aus den Aufsätzen benutze — aber ich glaube, die Überschneidungen halten sich in Grenzen. Ich habe sie nicht durch Streichungen beseitigt, weil die Glossen, kurz und zugespitzt wie sie sind, besser als die Aufsätze für bestimmte Unterrichts- und Einstiegszwecke benutzt werden können.

Von Türkinnen Deutsch lernen!
Über Aufwendiges und Notwendiges

    »Dörner im Auge« — so titelte der Spiegel (Nr. 49 vom 30. 11. 81, S. 62-64) seinen Artikel über die Türkin und diplomierte Wirtschaftswissenschaftlerin Elçin Kürsat, die soeben vom SPD-Bezirk Hannover in den Bezirksvorstand gewählt worden war. Sie kann also noch nicht mal richtig Deutsch — damit wir’s gleich wissen. Und damit wir’s noch genauer wissen und tüchtig lachen können, ist im Text folgender Kürsat-Ausspruch über die Situation ihrer Landsleute nachzulesen: »Die resignieren sich und bleiben Dörner im Auge .« Wie komisch wohl das Türkisch dieses anonymen Spiegel schreibers klingen mag? Falls es überhaupt erklingt.
    Die Überschrift des Kürsat-Artikels in der Zeit (Nr. 50 vom 4.12. 81, S. 63) lautet schlicht: »Ich war gar nicht geplant .« Das liest sich ja fast so, als ob diese Türkin doch richtig Deutsch könnte. Die Autorin des Artikels, Margrit Gerste, berichtet sachlich und mit Sympathie über Elçin Kürsat, über ihr Engagement gerade für türkische Frauen. Aber einige Überheblichkeiten kann auch sie sich nicht verkneifen. Sie zitiert Kürsat: »Meine Wahl ist ein erster Schritt zum gemeinsamen Handeln. Die Genossinnen und Genossen (so aufwendig nennt sie sie dauernd) haben begriffen, daß Lösungen gefunden werden müssen .«
    Margrit Gerste aber hat anscheinend (noch) nicht begriffen, daß Formulierungen wie Genossinnen und Genossen nicht »aufwendig« sind, sondern bitter notwendig. Und zwar »dauernd«, ja! Warum notwendig? Es gibt viele Gründe, über die innerhalb der Neuen Frauenbewegung schon viel gesagt und geschrieben worden ist. Die beiden wichtigsten Gründe sind:

    Wenn statt Genossinnen und Genossen, wie derzeit weitgehend noch üblich, nur Genossen gesagt wird, bleibt unklar, ob Frauen überhaupt gemeint sind. Aus langer Erfahrung, die sich täglich bestätigt, wissen wir allerdings, daß wir in ca. 90% der Fälle nicht gemeint sind, wenn von >Arbeitern<, >Politikern<, >Musikern<, >Entwicklungshelfern<, >Autoren< etc. etc. die Rede ist. Ich empfehle Margrit Gerste, sich die Ausgabe der Zeit, in der ihr Artikel abgedruckt ist, einmal genau daraufhin anzusehen.
    Sie wird sich wundern. (Sogar >Touristen< sind dort ausschließlich männlichen Geschlechts! (Vgl. S. 51))

    Eine Faustregel, wie Frauenfeindlichkeit zu entlarven ist, lautet: »Eine Aussage, die bei einer Übertragung auf Männer komisch, bizarr oder beleidigend wirken würde, ist frauenfeindlich« — zitiert nach Sigrid Löffler, in derselben Ausgabe der Zeit , S. 57(!!).

    Margrit Gerste soll mal versuchen, ihre Kollegen konsequent als >Kolleginnen< anzusprechen. Mann würde es natürlich als »komisch, bizarr oder beleidigend« empfinden (s. o.).
    Kommentar überflüssig.

    Elçin Kürsat hat sich ihr Deutsch selbst beigebracht, wie wir hören. Ob sie wohl so differenziert und korrekt sprechen würde, wenn sie einem von Deutschen erteilten Unterricht ausgesetzt gewesen wäre? Ich jedenfalls habe es anders gelernt und erst spät begriffen, wie frauenfeindlich viele naiv und gutgläubig befolgte Regeln der deutschen Sprache sind.

    Februar 1982

Die Menstruation ist bei jedem ein bißchen anders

    Frau gerät immer mal wieder in

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