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Das Diamantenmädchen (German Edition)

Das Diamantenmädchen (German Edition)

Titel: Das Diamantenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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vor dem Ullsteingebäude mit quietschenden Bremsen anhielt, sah er im Aussteigen auf die Armbanduhr und sagte stolz:
    »Einundzwanzig Minuten. Lob mich!«
    Aber Schambacher war schon halb über die Straße geeilt und strebte auf den Eingang des Gebäudes zu. Erst vom Portier erfuhren sie, dass Fräulein Kornfeld heute gar nicht im neuen Haus war, sondern im Verlagshaus in der Friedrichstraße bei einer Redaktionskonferenz. Togotzes besah sich angelegentlich seine Fingernägel, als er das hörte, und blickte mit einem leichten Lächeln an Schambacher vorbei. Der fragte ohne große Hoffnung, ob man mit Fräulein Kornfeld telephonieren könne, aber der Portier schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Ich kann es versuchen, aber normalerweise wird niemand aus den Konferenzen geholt.«
    Sie versuchten es trotzdem. Schambacher hatte große Mühe, der äußerst resoluten Dame am anderen Ende klar zu machen, dass es sich um eine Polizeiangelegenheit handelte, deretwegen man Fräulein Kornfeld sprechen müsse.
    »Solange ich Ihren Ausweis nicht sehe«, sagte sie, »werde ich Ihnen niemanden aus einer Chefkonferenz holen. Kommen Sie vorbei, ich sage Fräulein Kornfeld, sie möge auf Sie warten.«
    »Ja«, sagte Schambacher entnervt, »tun Sie das bitte.«
    Sie verließen das Gebäude und Togotzes fragte knapp:
    »Friedrichstraße?«
    Schambacher nickte. Als sie wieder einstiegen, sagte er:
    »Tut mir leid wegen vorhin, ja?«
    »Ach, lass man«, gab Togotzes vergnügt zurück, »Waidmannsglück, Waidmannspech. Am Schluss kriegen wir sie doch immer.«
    Er ließ den Motor an. Schambacher nickte. Darum ging es ja doch letztlich, nicht wahr? Und dann überlegte er sich, welche Fragen er Lilli Kornfeld stellen würde.

16
    Lilli war aufgewühlt und verstört zur U-Bahn gelaufen. Immer wieder hatte sie sich umdrehen müssen, obwohl sie sich eigentlich hatte zwingen wollen, es nicht zu tun. Sie hatte so oft den Albtraum von dem Mann ohne Gesicht gehabt, dass das eine Mal, das sie ihn wirklich gesehen hatte, schon verblasst gewesen war und selbst wie ein Traum gewirkt hatte. Aber jetzt war er auf einmal wieder da. Und noch dazu in ihrem alten Haus. Während sie in der U-Bahn saß und in Richtung Stadtmitte fuhr, versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. Einen Moment lang streifte sie die Idee, dass es vielleicht ein unglaublicher Zufall war, dass der Mann hinter der Gardine eben ein ganz anderer war, der ebenso entstellt war wie der Mann damals. Immerhin war es sieben Jahre her, dass sie ihn einmal für ein paar Sekunden gesehen hatte. Aber andererseits war sie sich so sicher, dass er es gewesen war. Was hatte er in ihrem Haus zu tun? Verfolgte er sie wirklich, nicht nur in ihren Träumen? Sie war jahrelang nicht dort gewesen und erst jetzt, in den letzten Wochen, zweimal, um Paul zu besuchen. Sie versuchte, sich zu beruhigen. Albtraumbilder und Erinnerungen an das Revolutionsjahr und an das Bild eben gerieten ihr durcheinander. Der Zug ruckelte und stieß, die Luft war verbraucht. Sie zwang sich, ruhig und tief zu atmen. Langsam, dachte sie, ganz ruhig. Logisch denken. Präzise denken. Wenn ihr der Mann tatsächlich nachstellte, warum dann nicht viel einfacher? Warum sollte er in Zehlendorf auf sie warten? Sie arbeitete bei einer der größten Zeitungen Berlins. Es war nicht schwer, sie zu finden. Und warum hatte er sie dann nicht zu Hause beobachtet? Es überlief sie kalt, als sie weiter dachte: Vielleicht hatte er das ja, und sie hatte es nur nie bemerkt. Aber dann mahnte sie sich wieder zur Ruhe. Sie merkte, dass sie zitterte. Sie hätte jetzt gerne geraucht. Mit fliegenden Händen kramte sie in ihrer Tasche nach dem Etui, damit sie eine Zigarette zur Hand hatte, wenn sie ausstieg. Wieder versuchte sie, ihre Gedanken in geordnete Bahnen und zur Ruhe zu zwingen. Was war wahrscheinlich? Ihr Elternhaus war das einzige leerstehende Gebäude in der Straße. Vielleicht hatte der Mann gar nicht sie beobachtet, sondern wollte nur einen Blick auf Pauls Haus haben. Vielleicht war er ein ganz gewöhnlicher Einbrecher. Vielleicht hatte auch von Schubert ihn beauftragt, ein Auge auf Paul zu haben. Vielleicht … ihr gingen gerade die Vielleichts aus. Sie musste Paul anrufen. Sie musste es ihm erzählen. Lilli starrte aus dem Fenster. Die gekachelten Wände eines Bahnhofs flogen an ihr vorbei. Sie waren schon wieder zu schnell, als dass sie den Namen der Station hätte lesen können. War sie schon über die Haltestelle Friedrichstraße hinaus gefahren?

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