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Das Diamantenmädchen (German Edition)

Das Diamantenmädchen (German Edition)

Titel: Das Diamantenmädchen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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Im Hintergrund tanzten vielleicht ein Dutzend Paare. Geschirr klapperte leise unter einem schmelzenden Jazzsong. Show Boa t , dachte Lilli, und Schambacher, der den Song nicht kannte, dachte, dass er jetzt gerne mit Lilli Kornfeld getanzt hätte. Das Lied klang nach ihr. Wieso war das Leben nur so kompliziert, dachten beide in unterschiedlichen Farben. Der Kellner kam, räumte ab und brachte zwei neue Drinks.
    Als sie, immer noch schweigend, die Gläser hoben, fragte Schambacher ganz schnell:
    »Würden Sie mit mir tanzen?«
    Und Lilli Kornfeld antwortete, nachdem sie nachdenklich einen Schluck getrunken hatte:
    »Ja.«

23
    Als sie Richard’s Bar verließen, war es schon dunkel geworden. Der Verkehr hatte etwas nachgelassen, aber noch immer regnete es. »Odol« leuchtete es von den Häusern auf die Straße herab, »Berlin raucht Juno« blinkte es bunt, und grell schienen die Leuchtschriften der Geschäfte durch den Regen: »Leiser«. »Imperator Diele«. An eine Häuserwand wurde mit starken Scheinwerfern »Fox tönende Wochenschau« gestrahlt. Auf den Trottoirs war jetzt zwischen Ladenschluss und vor dem Abendtrubel kaum ein Mensch zu sehen. Von den Dächern triefte es; wenn die Regenschnüre durch die Lichtbahnen der Scheinwerfer fielen, glitzerten sie kalt. Obwohl die Stadt voller Licht war, wirkte sie so abweisend, als sähe man von außen durch ein Fenster hinein und könnte sie doch nicht wirklich betreten.
    »So viel Licht«, sagte Lilli mit einer kleinen Verwunderung, noch während sie unter dem Vordach des Eingangs standen. Sie nahm fröstelnd den Schal um.
    »Viel Licht, viel Schatten«, antwortete Schambacher. Er ahnte, was sie meinte. In dieser Stadt konnte man manchmal sehr einsam sein. Er klappte den Kragen seines Mantels hoch.
    »Es regnet«, sagte er, »darf ich Sie nach Hause bringen?«
    Er lächelte unvermutet und setzte hinzu.
    »In unserem berühmten Mordauto?«
    Lilli drehte sich zu ihm und lächelte auch.
    »Ist nicht wahr! In dem fahrenden Büro? Na, diese Chance kann man sich nicht entgehen lassen, was? Sie dürfen!«
    Spontan bot sie ihm den Arm, und er nahm ihn. Er hatte keinen Schirm, deswegen gingen sie eng zusammen unter ihrem. Sie hatte schon vorhin beim Tanzen gemerkt, dass er gut roch. Es war nicht nur sein Rasierwasser und der Geruch nach dem Leder seines Mantels, sondern auch sein eigener. Sie mochte ihn. Sie bogen von der Friedrichstraße in die Taubenstraße zum Gendarmenmarkt ab.
    »Bitte sehr!«, sagte Schambacher, machte eine ausladende Handbewegung und blieb stehen. Vor ihnen stand, groß wie ein Schiff, der Mercedes, den ganz Berlin nur als das Mordauto kannte.
    »Wollen Sie mal sehen?«, fragte er wie ein stolzer Schuljunge. Lilli musste leise lachen.
    »Sie tun so, als ob es Ihrer wäre!«, sagte sie. »Ganz schön kess, Herr Kommissar.«
    Schambacher öffnete ihr die mittlere Tür, knipste eine Leuchte an, und sie sah hinein. Obwohl sie schon Photos gesehen hatte, war sie beeindruckt.
    »Darf ich?«, fragte sie über die Schulter. Schambacher nickte.
    »Nur zu.«
    Sie stieg ein, er folgte ihr und zog die Tür zu. Das Auto war so groß, dass sie innen fast stehen konnte. Es gab eine lederbezogene Sitzbank, an der Seite einen kleinen Schreibtisch, der herausgeklappt war, darauf eine Triumph Schreibmaschine. Davor ein Klappstuhl, auf dem eine Sekretärin sitzen konnte. Und dann ein kleines Regal voller unterschiedlicher Geräte. Eine Photoausrüstung sah Lilli, Ledertäschchen, wie man sie vom Arzt kannte, Pflöcke, Hämmer, Leuchten.
    »Wofür brauchen Sie das alles?«, fragte sie.
    »Für die Spurensicherung«, antwortete Schambacher. Er hatte sich auf die Bank gesetzt, während Lilli sich alles ansah.
    »Pipetten für Blut, Leuchten, Gips für Fußabdrücke, Talkum für Fingerabdrücke. Hat alles Gennat eingeführt. Seitdem klären wir fünfundneunzig von hundert Morden auf.«
    Der Regen prasselte auf das Autodach. Lilli schwieg. Sie dachte kurz an Paul und merkte, dass sie nicht mehr wusste, wo sie stand.
    »Ist Ernst Gennat wirklich so dick?«, fragte sie, wie um sich selbst abzulenken.
    Schambacher lachte zum ersten Mal an diesem Abend völlig frei heraus.
    »Fräulein Kornfeld«, sagte er dann grinsend, »wir nennen den Mann Buddha! Manchmal auch den vollen Ernst!«
    Er deutete auf den Sitz, auf dem er saß.
    »Wissen Sie was? Er hat den Wagen auf dieser Seite extra verstärken lassen, damit er dort sitzen kann. Der Mann isst heimlich Sahnetorte aus seiner

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