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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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herangekommen?« schrie er sie an. Er war so erregt, daß sich seine Stimme überschlug.
    Sie schüttelte den Kopf, festgebissen in seine Hand. Er spürte, wie sie blutete und wie Dunjas Zunge das Blut wegwischte. Aber sie ließ ihn nicht los … wie ein Raubtier hing sie an seiner Hand.
    »Hast du Fotos nach Moskau geschickt?«
    Sie schüttelte wieder den Kopf, ohne seinen Handballen aus ihren Zähnen zu lassen. Ihre rechte Hand tastete nach seiner Brust, knöpfte einen Uniformknopf auf, rutschte durch den Spalt und vergrub sich in den Haaren seiner Brust. Es war ein Streicheln und Kratzen zugleich, ein ekstatisches Wühlen und eine Besitzergreifung voll glühender Zärtlichkeit. Das ist mein Körper, hieß es. Das und alles andere darüber und daneben, darunter und dahinter – es gehört mir, mir ganz allein! Die Wärme deines Blutes, das Atmen deiner Poren, die Glätte deines Schweißes, die Spannkraft deiner Muskeln, das Dehnen deiner Sehnen … Wassjuschka, mir gehört es, mir … mir … mir …
    »Du bist erst dabei, den Agentenring aufzubauen«, sagte er schwer atmend.
    Sie nickte wieder. Ihre Zähne ließen seine Hand los, aber ihre Finger krallten sich in sein dichtes Brusthaar. Sie betrachtete seinen Handballen und küßte die Blutstropfen weg, die aus den kleinen, spitzen Bißwunden quollen.
    »Hast du nicht gesagt«, fragte sie mit einer fast kindhaften Stimme, »daß Liebe wie Kannibalismus sein kann?«
    »Wann bist du aus Frazertown weggekommen?«
    »Neun Wochen nach deiner Flucht. So plötzlich, wie es immer in Frazertown war. Über Nacht. Ich hätte Väterchen Sinjonew umarmen und küssen können, als er zu mir sagte: ›Norma Taylor, in vier Tagen fliegen Sie von Wien nach New York als Vertreterin einer Parfümeriefirma. In New York bekommen Sie weitere Befehle.‹ Und so war es. Ich trat dann meine Stellung als Milchmixerin an, genau, wie es der Plan vorsah. Ich war so glücklich! Ich war in Amerika. In deinem Land! Und ich habe in den Himmel gerufen: Laß mich ihn wiedersehen! Du unendlicher Himmel, gebäre ein neues Wunder!« Sie küßte wieder die Blutstropfen von seiner Handfläche, riß die anderen Knöpfe seiner Uniformjacke auf und drückte ihr Gesicht an seine Brust. Sie verbiß sich in seinen Haaren und seufzte dabei wie ein kleiner, träumender Hund. Er schloß die Augen, schlang die Arme um ihre Schultern und gab sich dem verrückten Gefühl hin, in einer heißen Wolke ersticken zu müssen und dennoch in ein überschäumendes Leben zu tauchen.
    Das habe ich nie gewußt, durchrann es ihn. Liebe, das ist der Teil der Schöpfung, den Gott dem Menschen übrigließ.
    »Und wo warst du?« fragte sie.
    »In Sibirien.«
    Ihr Kopf zuckte hoch. Mit beiden Händen krallte sie sich in seine Kopfhaare und zog sein Gesicht zu sich hinunter.
    »Wo?« stammelte sie. »Wassjuschka … wo?«
    »Nordwestlich der Lena. Auf dem Weg zu eurer neuen Raketenbasis Werchokrassnoje.«
    »Und du hast sie gesehen?«
    »Ich habe sie nie erreicht. Ich mußte umkehren.«
    »Das ist gut. O Himmel, ist das gut!« Sie küßte ihn, strich mit den Lippen über sein Gesicht und riß an seinen Haaren. Und dann lachte sie plötzlich, schüttelte sich im Lachen und bog sich unter seinen Händen wie eine sich wälzende Katze. »Da sind wir nun, Wassjuschka … die beiden großen Spione, der Stolz unserer Nationen. Und was ist aus uns geworden? Die großen Versager! Die Blinden, die wieder sehend wurden, als sie sich trafen … O ist das schön! So schön!«
    Bob Miller hütete sich, jetzt über Plenjakow zu sprechen und von seinem Auftrag, den untergetauchten John Barryl aufzuspüren. Es war zu fantastisch, daran zu denken, daß Dunja und Plenjakow ein Team in Los Alamos bilden könnten. Das widersprach völlig den Zielen der Ausbildung, die er in Frazertown erlebt hatte. Wenn Dunja Andrejewna den Befehl hatte, durch vorsichtiges Schließen von Freundschaften langsam in die Geheimnisse von Los Alamos einzudringen, dann war kaum anzunehmen, daß auch Plenjakow in Los Alamos war.
    Er wartete, bis sich Dunja ausgelacht hatte und öffnete dann die Wagentür. Über die kahlen, sonnenverbrannten Berge zogen die Schleier des Abends. Das Gestein brütete die aufgespeicherte Hitze aus, aber das war nicht von Dauer … die Wüstennächte wurden schnell kühl, das brüchige Gestein hielt keine Wärme mehr fest. Es war ein totes Land, dem nur noch die Sonne Leben einleuchtete und es damit gleichzeitig zerstörte.
    »Jetzt machen wir ein

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