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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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ein Oberleutnant. In Alma Ata. Ich war siebzehn Jahre alt, und Ostap – so hieß er – konnte so schön singen. Ich habe immer Männer bewundert, die schön singen können. Kannst du singen, Bob?«
    »Wie eine Kuh vor einem Heuhaufen.«
    »Es ist plötzlich alles so unwichtig. Ostap konnte herrlich singen, er komponierte sogar ein Lied für mich. Er nannte es ›Dunja ssijanije ssolnza‹.«
    »Dunja Sonnenschein … idiotisch einfallslos.«
    »Ich war ein junges Mädchen, ohne Eltern, aufgezogen bei den Komsomolzen. Und ein Oberleutnant komponiert ein Lied auf mich!« Sie hob den Kopf und blickte Bob an. Er hatte ein verkniffenes Gesicht, auf dem der Schweiß wie in kleinen Seen stand. »Eifersüchtig?«
    »Zum Zerplatzen –«
    »Ich liebe dich, Wassjenka –«
    »Und die Nummer zwei?«
    »Lach jetzt nicht, sonst zerbeiße ich dir die Gurgel wie ein Tiger. Es war ein Opernsänger!«
    »Heiliger Stephanus, bete für unsere Sünden …«
    »Ein Tenor der Oper in Charkow. Wenn er den Rudolf in ›La Boheme‹ sang, weinte ich vor Ergriffenheit. Ich war neunzehn Jahre und lernte in Charkow amerikanisches Englisch. Man hatte meine Sprachbegabung entdeckt. Igor, der Sänger, war eine Enttäuschung. Er liebte mich, wie man eine Puppe liebt, und er liebte auch gleichzeitig den zweiten Solotänzer vom Charkower Ballett.«
    »Das geschah dir recht. Nur weil ein Kerl weithin tragende Töne von sich geben kann, zieht er sich die schönste Frau …«
    »Bob! Ich beiße zu!« sagte sie an seinem Hals. »Sei nicht so gemein! Als ich merkte, wie er war, habe ich ihm ein Stuhlbein über den Kopf geschlagen. Er konnte vier Wochen lang nicht singen. Und jetzt bin ich vierundzwanzig –«
    »Du hast fünf Jahre lang keinen Mann gehabt?« fragte Bob erstaunt. »Eine Frau wie du –«
    »Ich habe nichts vermißt. Unsere Schulungen waren hart. Nicht so hart wie bei euch, aber für ein Mädchen war es oft am Rande des Erträglichen. Da hatte ein Mann keinen Platz –«
    »Oder gab es nicht mehr so gute Sänger? Versuchen wir es mal. Hohohilalado … Mein Täubchen hat ein Schnäbelchen – es pickt wie mit 'nem Gäbelchen … oh, du kleines Aas!«
    Sie hatte zugebissen, grub die Zähne in seine Kehle und krallte die Finger in seine Haare. Er lag ganz steif, rührte sich nicht, so wie man sich benehmen muß, wenn ein auf Menschen abgerichteter Hund einen zu Boden geworfen hat. Sie hatte fester zugebissen, als sie wollte, und spürte auf den Lippen sein warmes, süßliches Blut.
    »Ich habe dich gewarnt«, sagte sie zärtlich, als sie seine Gurgel losließ. »Ich bin wie ein Spinnenweibchen, ich fresse meinen Mann auf. Singe nie wieder! Das reizt zum Mord!« Sie schob sich von ihm hinunter und kniete sich neben ihn. Seinen nackten Körper anzusehen, war ein Genuß, den sie auskostete. »Ich muß wieder zurück, Bob … Ich wollte dir nur das Essen und das Eis bringen, weiter nichts.«
    »Ich weiß.« Er lachte, setzte sich auf und nickte mehrmals. »Lügen haben wir auf den Lehrgängen, auch gelernt. Du bist nur gekommen, weil du es nicht mehr ausgehalten hast.«
    »Ich bringe dich doch noch um, Bob!« Sie klappte die Kühlbox auf. Das Eis war noch hart; mit einem Löffel schabte sie es ab und packte es auf einen der typischen amerikanischen Kunststoffteller. Dann saßen sie in ihrer Nacktheit im neuen Schatten des riesigen Mähdreschers, schlürften das Eis, und Bob aß noch ein kaltes Kotelett dazu und kippte wie ausgedörrt drei Becher kalten Tee hinterher.
    Norma zog sich an, packte alles wieder in die große Tasche und stieß Bob mit der Schuhspitze in die Seite. Er saß noch immer nackt auf der Erde.
    »Willst du dich nicht anziehen?«
    »Nein.«
    »Ich muß jetzt fahren. Glaub nicht, daß du mich wieder packen kannst.«
    »Das ist mir klar. Aber vielleicht kommt ein anderes Mädchen vorbei, das auch fünf Jahre nicht …«
    Er beendete den Satz nicht. Sie griff mit beiden Händen in sein Haar, riß seinen Kopf nach hinten und küßte ihn mit einer Wildheit, daß ihm der Atem genommen wurde. Erst als sie merkte, daß das Herumrudern seiner Arme wirklich Luftnot war, gab sie seinen Mund frei.
    »Wenn eine andere Frau dich so lieben kann wie ich, dann sag es mir«, keuchte sie. »O nein, ich töte sie nicht … ich bringe mich um, denn dann bin ich nichts mehr wert!« Sie drehte sich um, riß die Tasche an sich, rannte zu dem Moped und fuhr dann über das unebene Stoppelfeld, als jage sie der Teufel.
    Bob blickte ihr nach, nackt an

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