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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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gefangen habe. Ein Walfisch! Ein Riesenkerl! Und ich rechne: Das gibt Fleisch für eine Kompanie, Öl für drei Monate, aus den Knochen kann man Schmuck machen … welch eine Freude! Aber, gute Freunde, kann man einen Walfisch mit einer Angel und einer so dünnen Schnur an Land ziehen? Mach mir das einer vor. Der Walfisch also reißt sich los, blinzelt mich an, bespritzt mich mit seiner Fontäne … und weg ist er! Aber es war ein Erlebnis, sage ich euch! Ein Erlebnis!«
    Alle, die es hörten, und Billys Restaurant war um diese Zeit voll, lachten und bogen sich vor Fröhlichkeit. Norma zapfte Bob seine geliebte Erdbeermilch, und John brachte ihm den dicksten Hamburger, der an diesem Tage hergestellt worden war.
    »Ich habe noch drei Stunden Zeit«, sagte Bob kauend, als John wieder in der Küche seine Kochkunst zelebrierte. Norma lehnte an der Theke, ihr Blick streichelte ihn so unverhohlen und sehnsuchtsvoll, daß er ein Kribbeln unter der Kopfhaut spürte. Gleichzeitig aber dachte er an Fulton. Er hatte einen Menschen getötet. Zum erstenmal in seinem Leben hatte Bob Miller mit eigenen Händen getötet. Damals, in Vietnam, das er noch vier Monate vor der Aufgabe erlebte, sagte man sich: Es ist Krieg. Die andere Seite schießt auch. Und beim Schießen war es geblieben. Er hatte es nie nötig gehabt, im Nahkampf mit Messer oder Spaten zu töten – das hatten sie erst in Alaska geübt, wochenlang, monatelang, bis es zur Gewohnheit geworden war. Aber es waren Übungen gewesen; bis auf die Puppen, denen man das Messer in die Brust oder in den Leib stieß, kam niemand zu Schaden. Doch heute hatte er zum erstenmal bewußt und kalt einen Menschen umgebracht, aus Notwehr natürlich, die Chance nutzend, zu überleben … aber es war und blieb ein Tod durch die eigenen Hände. Es machte ihm jetzt, im nachhinein, Mühe, das ruhig hinzunehmen.
    »Bleibst du hier?« fragte Norma.
    Er schrak auf und lächelte ihr zu.
    »Das wollte ich gerade sagen. Ich werde mich hier drei Stunden lang hinstellen, dich anstarren und in Gedanken mit dir eine Orgie nach der anderen feiern. O Norma, was werden wir alles miteinander treiben –«
    »Wenn du weiterredest, werfe ich dir einen vollen Milchbecher an den Kopf.«
    »Das hindert mich nicht, an dein kleines Muttermal unter der linken Brust zu denken …«
    »Geh nach Hause, Bob!« sagte sie grob. Doch ihre Augen liebkosten ihn weiterhin. »Ich kann das nicht vertragen, wenn du so redest.«
    Aber Bob Miller blieb in Billys Restaurant. Er wartete auf ein ganz bestimmtes Ereignis, das bald eintreten mußte. Für ihn war die Anwesenheit bei Billy Rampler ein von vielen Zeugen bestätigtes Alibi. Darum auch die lauthalse Erzählung von dem Walfisch im Silver River.
    Kurz vor 19 Uhr, als Bob gehen mußte, um seinen Dienst in Hillmoores Bar anzutreten, geschah es dann. Vom Fluß her ertönte ein Stimmengewirr, durch die Fenster sah man, wie sich eine kleine Menschenmenge am Ufer bildete. Dann hörte man auch schon das Signalhorn der Polizei. Dem kleinen Wagen folgte eine schwarze Limousine mit einem länglichen Aufbau. Ein silbernes Palmenblatt klebte an den Scheiben, die mit Gardinen verhangen waren: der Leichenwagen.
    Minuten später stürzte der Bootsverleiher in Billys Restaurant. Die Gäste standen an den Fenstern und starrten hinaus.
    »Das ist ein Unglück!« schrie der Bootsverleiher. »Norma, eine Milch mit Whisky, speziell für mich gebraut! Stellt euch vor: Harry Fulton ist ertrunken! Wollte schwimmen, bekam einen Schwächeanfall, klammerte sich noch am Motor fest, aber dann ertrank er doch. Ein Opfer der Hitze. Ist bestimmt zu schnell in den Fluß gesprungen. Er hing noch am Boot, als sie ihn fanden.«
    Bob Miller atmete auf. Gelungen! Fehlerlos gelungen! Gratuliere dir nicht dazu, mein Junge … er war ein Mensch wie du!
    »Wer sagt das, daß Harry ertrunken ist?« rief er laut.
    »Doktor Ford.« Der Bootsverleiher wischte sich den Schweiß vom Gesicht. Er war zutiefst erschüttert. »Das ist das erste Mal, daß hier jemand im Fluß ertrinkt. Und dabei sind wir doch alle gute Schwimmer! Aber diese Hitze, diese verdammte Hitze –«
    Es wurde ein stiller Sonntagabend. Hillmoores Bar war nur halb voll … wer wollte jetzt schon tanzen? Fulton hatte in Frazertown jeder gekannt, und wer an Bobs Bartheke stand, diskutierte den Fall mit ihm durch.
    »Ich gehe nie ins Wasser, ohne mich vorher abzukühlen«, sagte Bob. »Aber Harry war so: Immer gleich in die vollen!«
    Als er das sagte, kam

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