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Das Doppelspiel

Das Doppelspiel

Titel: Das Doppelspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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er sich plötzlich mies und elend vor.
    Sonntagnacht gelang es Dewjatow endlich, Bob Miller zu erreichen.
    Bob hatte den Sender auf Empfang gestellt in der Hoffnung, man könnte das Sendeverbot aufgehoben haben, denn Fultons Tod mußte unbedingt gemeldet werden. Als er das MELDEN! MELDEN! hörte, warf er sofort auf Sendung um und gab das Codewort durch.
    Dewjatow antwortete mit einer Hast, wie sie Bob noch nie bei ihm erlebt hatte. Mein Gott, durchfuhr es ihn. Er sendet unter Lebensgefahr! Was ist passiert?
    Er schrieb die entzerrten Kennworte auf und stellte sie dann nach dem Codebuch – Der alte Mann und das Meer von Hemingway – zu vernünftigen Sätzen zusammen. Dewjatow schwieg längst und war bereits wieder auf der Fahrt mit seinem Bauernwagen quer durch die Weingärten. Kapitän Slobin aber wurde aus dem Bett geholt.
    »Er sendet!« schrie ein Funker. »Neunzehn Sekunden bis jetzt! Heute nacht bekommen wir ihn!«
    Mit einem Schrei fuhr Kapitän Slobin in seine Uniform und jagte hinüber zum Senderaum. Dort saßen die Spezialisten aus Kiew und fluchten wie Kosaken auf lahmen Pferden.
    »Vorbei«, sagte einer, als bitte er um eine humane Hinrichtung. »Er ist nicht zu orten …«
    Bob Miller hatte den Text endlich dechiffriert. Als er ihn nochmals im Zusammenhang las, begriff er, warum Dewjatow so verzweifelt nach ihm gerufen hatte.
    General Orwell hatte durchgegeben:
    UNTERNEHMEN W. SOFORT ABBRECHEN. VERSUCHEN SIE, VON W. NACH SIBIRIEN ZU KOMMEN UND IN JAKUTSK STATION ZU NEHMEN. DORT NEUE INFORMATIONEN. DRINGEND! AM FLUSS LINDYA NEUE RAKETENBASIS MIT UNBEKANNTEN TRÄGERN UND GESCHOSSEN. STUFE I A. ENDE.
    Bob las den Befehl dreimal durch und verbrannte dann das Papier in einem Aschenbecher, zerrieb die Asche und streute sie aus dem Fenster.
    Was Orwell befahl, war die Trennung, die endgültige Trennung von Dunja Andrejewna. Es war ein Gedanke, den Bob nicht zu Ende denken wollte. Ein Gedanke, den er jetzt nicht verkraften konnte.
    Er stellte den Hebel auf Sendung und rief Dewjatow. Nach einer Stunde antwortete er endlich. Er stand jetzt mit seinem Traktor und dem Bauernwagen auf dem großen Hof der Sowchose. In Winniza jagten die Milizautos herum. Die vier Peilwagen fuhren im Kreis durch die Stadt. Bob antwortete:
    ORDER VERSTANDEN. BLEIBE IN W. DA AUFTRAG HIER NOCH NICHT ERFÜLLT. VIELLEICHT IN VIER WOCHEN. SORRY! ENDE.
    Vier Wochen, dachte Bob Miller. Dunja, wir haben noch vier Wochen gewonnen. Heute ist ein besonderer Tag. Ich habe nicht nur zum erstenmal einen Menschen getötet, ich habe auch zum erstenmal einen Befehl verweigert. Bisher wäre das für mich undenkbar gewesen. Major Bob Miller gehorcht nicht mehr!
    Dunja Andrejewna, mein schwarzes Schwänchen, was hast du aus mir gemacht …
    Es war vorauszusehen, daß Harry Fultons Tod nicht als eine Art Schicksalsschlag hingenommen wurde.
    Bürgermeister James Bulder, der für eine Stunde wieder General Sinjonew wurde, studierte die Personalakte von Gawril Saweliwitsch Gordejew, der seit einem Jahr in Frazertown als Fulton die Boxschule leitete, wie man in Moskau den Gedanken hatte, ihn in gleicher Eigenschaft in eine der vielen amerikanischen Boxschulen einzuschleusen. Dort hätte Fulton die Möglichkeit gehabt, mit hohen Persönlichkeiten zusammenzukommen, denn gerade das Boxgeschäft wurde in den meisten Fällen von der Mafia kontrolliert und beherrscht. Neben Prostitution und illegalem Glücksspiel waren die Sportstätten eine der bevorzugten Bastionen der Cosa nostra. Es gab kaum einen Profikampf, bei dem die ›Ehrenmänner‹ nicht mindestens zwei Finger in der Organisation klemmen hatten. So waren die Überlegungen Moskaus durchaus logisch. Wer als Boxlehrer in den USA Fuß gefaßt hatte, lernte auch die maßgebenden Männer kennen, die wiederum die Türen zu Geheimnissen offen ließen. Es gab zwei sichere ›Schloßöffner‹: Frauen und die Mafia. Beider bediente sich das KGB.
    Sinjonew ordnete deshalb eine Obduktion an, um den Tod Fultons einwandfrei festzustellen. In keiner Akte, von keiner der vorausgegangenen Spezialschulen, stand etwas von einer Herzkrankheit oder einer Anfälligkeit im Blutdruck. Gordejew wurde als bis in den Kern gesund bezeichnet, überhaupt die Voraussetzung, um nach Frazertown zu kommen.
    Nun ist kein Mensch frei von gesundheitlichen Überraschungen. Krankheiten können einen anfallen wie Mücken, sie sind plötzlich da, die beste Pflege und Vorsorge nützt da gar nichts. Wenn Fulton-Gordejew einem Herzschlag erlegen

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