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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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als sie aus dem Bett stieg. Sie war neugierig auf ihren ersten Tag in Illasandria.
    Unten im Gastraum der Taverne saßen schon Nikola und Jack.
    „Kali mera!“, sagten beide wie aus einem Mund.
    "Kali merassas!“, lachte sie zurück. Der weinselige Griechisch-Crashkurs vom Vorabend hatte - wenn auch spärliche - Früchte getragen.
    „Und, wie sieht’s aus?“, fragte Jack mit vollem Mund. „Fährst du wieder mit zurück?“
    „Nein, auf keinen Fall!“ Das kam wie aus der Pistole geschossen.
    „Den Resturlaub verbringe ich hier! Du musst alleine zurückschippern, falls nicht der Kater doch wieder zurück nach Rhodos will!“
    Sie lachten alle drei.
     
    Nach dem Frühstück schnappte sie sich ihre Badesachen, ließ sich  erklären, wie sie am besten aus der Hafenbucht heraus zu einem Stück Strand kommen würde und verließ, von Nikola noch mit Obst, Brot, Käse und einer grossen Flasche Wasser ausgestattet, die Taverne. Sie winkte Jack nach, der, eine Abgasfahne hinter sich herziehend, aus dem Hafen tuckerte.
     
    Es war noch früh am Vormittag, aber Illasandria oder vielmehr seine Bewohner waren schon seit langem auf den Beinen und gingen ihrem Tagwerk nach.
    Zumeist in Schwarz gekleidete Frauen fegten vor ihren Haustüren, gossen die überall um die Häuser herum wachsenden Blumen und Pflanzen oder hingen Wäsche auf. Ab und zu sah man zwei von ihnen, die mit verschränkten Armen oder auf ihren Besen gestützt dastanden und ein angeregtes Schwätzchen hielten.
    Männer waren nicht allzu viele zu sehen.
    Ein Teil von ihnen war ins Inselinnere verschwunden, um die mageren Felder zu bestellen. Der Boden von Phelisonissi gab nicht viel her. Am besten gediehen noch Olivenbäume, Tomaten und Zucchini.
    Aber der überwiegende Teil der Insel war mit Steinen, Felsen und Staub bedeckt. Dazwischen wuchs Phrygana: hartes Gras, Disteln, wilder Thymian, Ylex, Mastix und dornige Stauden. Hier und da hatte sich ein windschiefer Baum im Boden festgekrallt. Ein karges Angebot, aber für die vielen Ziegen ausreichend.
    Andere Männer gingen dem Fischfang nach, der aber aufgrund der zunehmenden Überfischung bei weitem nicht mehr so lukrativ war wie noch vor zehn Jahren.
    Und dann gab es noch die alten Männer, die gerne auf der Veranda der Taverne saßen, einen kleinen Kaffee und ein Glas Wasser vor sich. Eine Hand auf den knorrigen Gehstock gestützt, die andere Hand in unablässiger Bewegung den Komboloi durch die Finger laufen lassend. Dieses eigenartige Männerspielzeug, das, an einen Rosenkranz erinnernd, aus Glas- oder Kunststoffperlen besteht, die auf einer Schnur aufgefädelt sind und nur zu einem gut sind: zu nichts Bestimmtem.
    So saßen sie da, den Ort, den Hafen und damit alles Wichtige im Blick und philosophierten und diskutierten stundenlang über Gott und die Welt.
     
    Vera sog das alles im Vorbeigehen in sich auf. Sie fühlte sich unbeschwert und glücklich. Deutschland mit all seinen Sorgen und Problemen lag weit weg. Sie war in ihrem kleinen persönlichen Paradies. Aufgenommen und geborgen.
    Plötzlich musste sie stehen bleiben.
    Ein kleines Mädchen hatte sich vor ihr aufgepflanzt und blickte sie herausfordernd und neugierig von unten herauf an.
    Vera lächelte. „Kali mera, guten Morgen“, sagte sie.
    Das Kind verzog keine Miene. Es legte nur den Kopf schief, kniff dann die Augen zu Schlitzen zusammen und deutete mit einem reichlich schmutzigen Finger auf Veras rechten Oberarm.
    „MAGISSA!“, sagte es laut und mit Nachdruck. Dann rannte es davon.
    Vera blieb ratlos zurück. Was hatte das jetzt zu bedeuten? Kopfschüttelnd ging sie weiter.
    Nach ein paar Minuten hörte sie hinter sich ein Getrappel von vielen Füßen. Sie drehte sich um. Hinter ihr, etwa fünf Meter entfernt, stand eine ganze Gruppe von Kindern. Das kleine Mädchen von vorhin war auch dabei.
    Schweigend standen sie da und starrten Vera an, die sich ob dieser Beobachtung unbehaglich zu fühlen begann. Sie lächelte dennoch und machte einen Schritt auf die Kinder zu.
    „MAGISSA!“, kreischte ein vielstimmiger Chor und die Gruppe stob auseinander.
    Jetzt reichte es Vera. Blödes Spiel!
    Sie ging weiter Richtung Strand. Niemand behelligte sie jetzt mehr.
    Der Tag am Wasser war einfach herrlich. Vera ließ es sich so richtig gut gehen und tankte an diesem einen Tag mehr Energie, als sonst bei einem ganzen verlängerten Wellness-Wochenende in irgend einem Spa, das sie sich manchmal gönnte.
    Sonnendurchglüht, auf angenehme Art müde und

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