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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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Kennerblick: gut gekleidet, gepflegtes Äußeres. Offensichtlich ein Geschäftsmann, der ein wenig von der Hauptvergnügungsstraße abgekommen war.
    „Sehr schön, wenigstens noch ein gutes Opfer vor dem Feierabend“, dachte sich Warad-al-hif.
    Als der Mann am ihm vorüberging, packte er ihn mit geübtem Griff von hinten und zerrte ihn in die Seitenstraße.
    Der Mann riss sich los. „Was wollen sie?“
    Warad-al-hif grinste verschlagen. „So ziemlich alles Wertvolle, was du dabei hast, mein Freund!“ In seiner Hand blitzte ein Stilett auf.
    Das Opfer blickte kurz auf die kalt schimmernde Klinge und lächelte dann. „Lass mich in Ruhe, oder es wird dir leid tun“, sagte er ruhig, während er seine Kleidung wieder ordnete.
    Warad-al-hif lachte rau. „Auch recht“, sagte er. Dann pfiff er dreimal kurz durch die Zähne. Das war das Zeichen für alle Männer, aufzutauchen. Er hatte keine Lust mehr, hier groß zu diskutieren oder zu drohen. Noch schnell diesen Fremden um sein Bares erleichtern und dann nach Hause. Sheila würde schon auf ihn warten.
    Seine Männer tauchten auf. „Macht ihn fertig und dann nichts wie weg“, sagte er gelangweilt und nickte kurz in Richtung des Mannes, der mit dem Rücken zu einer Hauswand stand.
    Die Männer bauten sich im Halbkreis um ihn auf, um ihn von allen Seiten in die Zange zu nehmen.
    Einen Lidschlag später waren sie tot.
    Warad-al-hif hatte es nicht einmal ansatzweise erkennen können, so schnell war es gegangen.
    Der unbekannte Mann steckte die merkwürdige Waffe langsam und gelassen wieder ein, die er eben in einer schattenhaften Bewegung gezogen und wie eine Peitsche im Halbkreis vor sich von links nach rechts geschwungen hatte. Schnell und tödlich wie eine zustoßende Kobra.
    Es war eine Löwenkralle aus Stahl, scharf geschliffen und am Ende eines unterarmlangen Stabs aus Mahagoni befestigt. Den Männern waren damit in einem Zug und mit chirurgischer Exaktheit die Kehlen durchschnitten worden.
    Warad-al-hif sank entsetzt auf die Knie und flehte um sein Leben.
    „Herr, lasst mich leben! Ich bin ein kleiner Straßendieb und muss Frau und zwölf Kinder ernähren! Herr, ich flehe Euch an, habt Erbarmen mit mir! Diese Männer haben mich gezwungen, bei ihren schmutzigen Geschäften mitzumachen. Ich bin doch nur ein kleiner dreckiger Dieb, ein Wurm, ein Nichts, ein Niemand! Herr, bitte…!“
    Sein Flehen ging in ein Winseln über. Speichel lief ihm aus dem Mundwinkel. Er rutschte auf den Knien hin und her, die Hände mit den Handflächen nach oben zum Unbekannten erhoben.
    Der blickte angewidert auf ihn herab. Wortlos griff er dann zu und zog den entsetzt und vor Schmerz Aufschreienden an dessen Haaren auf die Beine und dann noch höher.
    Warad-al-hif hing an seinen Haaren in der Hand des Unbekannten wie eine Marionette und zappelte mit den Beinen.
    Der Unbekannte brachte sein Gesicht ganz nah an das von Warad-al-hif heran und sagte tonlos und gefährlich leise:
    „Ich verschone deine jämmerliche Existenz! Wenn du dir vorstellen kannst, einer Göttin und mir zu dienen bis an dein Lebensende, dann komm mit mir, ohne zu fragen und ohne dich umzudrehen!“
    Warad-al-hif hatte keine Wahl. Er hing an seinen Haaren in der Hand dieses unheimlichen Menschen wie eine Ratte im Maul einer Katze. Mit schmerzverzerrtem Gesicht willigte er ein. Kurz danach war er an der Seite des Unbekannten aus dem Viertel verschwunden, wortlos und ohne sich noch einmal umzudrehen. Sheila würde er nie mehr wieder sehen.
     
    Das war vor sechsundzwanzig Jahren gewesen. Jetzt war er hier und er hatte es nicht bereut. Der Unbekannte hatte ihn gut behandelt und ihm unglaubliche Fähigkeiten und Macht verliehen. Nur einer hatte noch mehr Macht. Es war der Unbekannte selbst, der sich N’gahar nannte. Der Meister.
    ΦΦ ΦΦ
     
    Vera winkte ab. „Lass ihn erzählen, Nikola“, sagte sie, „das interessiert mich. Schließlich scheine ich ein Teil dieser Schauergeschichte zu sein!“
    Ioannis räusperte sich.
    „Könnte ich bitte ein Glas Wasser und einen ellinikos haben?“, fragte er in Richtung Nikola.
    „Sicher“, sagte Nikola und machte sich hinter dem Tresen zu schaffen. Ein paar Minuten später stellte sie ihm eine Karaffe Wasser und ein Tässchen des griechischen Kaffees hin.
    Ioannis nippte daran und verzog das Gesicht. Der Kaffee war noch zu heiß. Er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und sah Vera fragend an.
    „Wissen Sie, was eine große Konjunktion ist?“
    Vera

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