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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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trinken!“, rief er. „Lasst uns trinken zu Sachmets Ehre und zu unserer Stärkung. Lasst uns trinken darauf, dass wir Traumkämpfer Sachmet in Zukunft besser dienen werden. Zu Sachmets Erhöhung und zu unserem Lohn!“
    Unter den zustimmenden Rufen der anderen Männer nahm er einen tiefen Zug aus dem Krug und reichte ihn dann weiter. Mit dem Ärmel seiner Robe wischte er sich das Blut vom Mund ab.
    Das Blut, für das ein unschuldiger Mensch vor kurzem hatte sterben müssen.
     
    ΦΦ ΦΦ
     
    Sie erreichten Choriogatos zehn Minuten später, als die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont fingerten und die Blässe der Dämmerung langsam den Farben des Tages wich.
    Choriogatos lag nahe, aber nicht direkt am Meer. Zwischen dem Strand und dem Dorf ragte ein vorgelagerter Felssporn auf, der das Dorf vom Meer her unsichtbar machte.
    Damit hatten sich die ersten Bewohner von Choriogatos seinerzeit vor den Blicken vorbeisegelnder Piraten versteckt, die bevorzugt unbefestigte Küstendörfer und -städte angegriffen und geplündert hatten.
    Vom Dorf führte eine Betonpiste um den Sporn herum zu einer aus Felsbrocken aufgeschütteten Mole, wo kleinere Versorgungsschiffe festmachen und ihre Ladung löschen oder Passagiere absetzen und aufnehmen konnten. Neben der Mole war ein Bootshaus errichtet.
    Der Ort selbst bestand aus einer größeren Anzahl von Häusern, die zumeist im typischen mediterran-griechischen Stil errichtet waren: ein-, höchstens zweigeschossige Häuser mit einfachem Grundriss, kleinen Fenstern und flachen Bungalow-Dächern.
    In vielen Fällen war eine der Hauswände in eine Mauer integriert, die einen kleinen Innenhof umgab.
    Die meisten Häuser und Innenhöfe waren mit liebevoll gepflegten Blumen, Pflanzen und blühenden Sträuchern geschmückt: Geranien, Rosen, Palmen, Hibiskus- und Gummibäumen, Oleanderbüschen, Malven und Agaven. Rosmarinbüsche verbreiteten harzigen Duft, Bougainvilleas quollen wie rote und weiße Wasserfälle über die Mauern. Wilder Wein und Efeu wetteiferten miteinander. Manche der engen Gassen waren in Dachhöhe der Häuser regelrecht überwuchert.
    „Das ganze Dorf ist wie ein Dornröschenschloss“, dachte Vera.
    Die Straße von der Mole her endete im Zentrum auf der Plateia, dem Dorfplatz, der von einer riesigen Platane beschattet wurde, in der jetzt am Morgen die Spatzen lärmten.
     
    An einer Schmalseite der Plateia lag eine Taverne, direkt gegenüber die kleine Kirche mit dem offenen Glockenturm.
    Ein kleiner Brunnen plätscherte vor sich hin.
    Vera sah sich um.
    Choriogatos atmete Ruhe und Abgeklärtheit aus jeder Mauerritze. Alles machte einen äußerst friedlichen, heiteren und gepflegten Eindruck.
    Nichts, aber auch gar nichts wies auf den furchtbaren Kampf hin, der noch vor einer Stunde vor den Toren dieser Idylle stattgefunden hatte.
    Es war ruhig.
    Irgendwie unnatürlich ruhig, fand Vera. Sie hatte erwartet, die Dorfbewohner in erregter Debatte, in Aufruhr anzutreffen.
    Aber es gab keine Bewohner, jedenfalls war kein Mensch zu sehen.
    „Ioannis, wo sind die Menschen, wo sind die Dorfbewohner?“, fragte sie.
    Ioannis schwieg und zog sie weiter.
    Von der Plateia aus ging es sanft aber stetig bergauf, durch kleine Gassen, die ab und zu von Treppen unterbrochen waren. Es ging links und rechts um Haus- und Mauerecken und schon bald hatte Vera die Orientierung verloren.
    Die Häuser sahen irgendwie alle gleich aus, es gab keine hervorstechenden baulichen Merkmale oder Eigenheiten, die einem behilflich sein konnten, sich zurechtzufinden.
    Und alles menschenleer. Ein Geisterdorf!
    Oder doch nicht?
    Kurz, nachdem Vera festgestellt hatte, dass Choriogatos bei all seiner pittoresken Schönheit und Gepflegtheit offensichtlich unbewohnt war, beschlich sie mehr und mehr das Gefühl, dennoch beobachtet zu werden.
    Je länger sie mit Ioannis durch das Gassengewirr ging, umso intensiver wurde das Gefühl.
    So, als ob ihr ständig jemand von hinten auf den Rücken starren würde.
    Vera fühlte zuletzt förmlich die Blicke, die sie verfolgten. Aber sie konnte nichts und niemanden sehen, der sie dermaßen anstarrte, dass es ihr körperliches Unbehagen bereitete.
    War es Einbildung?
    Womöglich eine Überreaktion ihrer durch die kürzlichen Ereignisse überreizten Nerven?
    Ihr Blick wanderte hin und her: keine verstohlenen Beobachtungen hinter Gardinen hervor oder aus spaltbreit geöffneten Türen. Niemand außer ihr und Ioannis schien im Dorf zu sein.
    Verdammt! Sie war doch nicht

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