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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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was geht in dir vor?“, fragte sie sich. Woher dieser Anflug von Wagemut und Draufgängertum?
    Ioannis sah sie zärtlich an.
    „Kali mou!“
    Irgendwie ahnte sie jetzt, was er gerade gesagt hatte. Und als er sie sanft an sich heranzog und zärtlich küsste, wusste sie es auch.
     
    Den Jeep ließen sie auf der Anhöhe stehen. Hand in Hand gingen sie in Richtung Choriogatos. Die vier Katzen folgten ihnen wie auf Befehl.
    Der Feuerkreis war verschwunden, erloschen. Wo er gelodert hatte, war der Boden unversehrt, das Gras und die Sträucher nicht geschwärzt oder verbrannt.
    Der Weg nach Choriogatos war frei.
     
    Im Osten rötete sich langsam der Himmel. Ein neuer Tag brach an.
     
    ΦΦ ΦΦ
     
    N’gahar fuhr mit einem Schrei von seiner bequemen Liege hoch. Er war klatschnass geschwitzt, seine Robe hing an ihm wie ein nasser Lappen. Er setzte sich aufrecht hin und blickte keuchend um sich.
    Er befand sich im Cheram-dir, dem Versammlungs- und Schulungsraum des Heiligtums. Links und rechts von ihm standen jeweils vier weitere Liegen, strahlenförmig einen Halbkreis bildend, zu dessen Brennpunkt ihre Kopfenden wiesen. N’gahar war als letzter erwacht, die acht anderen Traumkämpfer saßen oder lagen bereits wach auf ihren Liegen. Alle zeigten die gleichen Zeichen von Anstrengung und Erschöpfung.
    N’gahar war als letzter erwacht, weil er als letzter gestorben war.
    Der Traumkämpfer, der sich gerade direkt links von ihm auf seiner Liege aufrichtete, fuhr sich mit der Hand über die Augen, wie um einen bösen Traum zu verscheuchen. Dann richtete er das Wort an N’gahar. Seine Stimme war matt.
    „Wir bitten um Vergebung, edler Meister“, sagte er. „Meinen Mitkämpfern und mir ist es noch nicht gelungen, den Ring zu durchbrechen. Und mit dem Kämpfer, der uns in den Rücken fiel, konnten wir nicht rechnen. Seine Waffe war tödlich für uns. Was immer es auch war - wir sind noch nicht ausreichend gefeit dagegen!“
    N’gahar nickte geistesabwesend.
    „Wir sind auch noch nicht genug gegen diese seltsamen Katzen gewappnet“, sagte er grimmig. „Ich musste es am eigenen Leib erfahren!“
    Der Mann zu seiner Linken stand ächzend ganz auf und ging mit unsicheren Schritten zu einem kleinen Tisch, auf dem eine Karaffe Wein und Trinkbecher aus schwarzem Obsidian standen. Er schenkte einen Becher voll und brachte ihn in ehrerbietiger Haltung zu N’gahar.
    „Erfrischt euch mit einem Trunk, edler Meister“, sagte er demütig.
    Mit einem zornigen Schrei schlug ihm N’gahar den Becher aus der Hand. Er zerschellte an einer Wand des kleinen Raums, in dem sie sich befanden.
    Der Cheram-dir war Teil eines weit verzweigten Höhlensystems unter dem Wüstenboden, Teil eines einst mächtigen Heiligtums, von dessen Existenz jetzt nur noch wenige Auserwählte wussten.
    Fackeln an den Wänden spendeten dürftiges Licht, die Luft war stickig und verbraucht, es roch nach feuchtem Gestein, Moder, Rauch und Schweiß.
    „Wir haben soeben eine demütigende Niederlage erfahren müssen, und du kommst mir mit nichts anderem als einem Becher schlechten Weins?“
    Der Mann zuckte zusammen und machte eine unterwürfige Geste.
    N’gahar raffte seine Robe zusammen und schwang sich auf die Beine.
    Mit wenigen Schritten stand er am Brennpunkt des Liegenhalbkreises. In den mit schwarzen Granitplatten ausgelegten Boden war an dieser Stelle aus ebenfalls schwarzem Granit eine schlanke, etwa einen Meter hohe Säule mit quadratischem Querschnitt eingelassen.
    Auf allen vier Seiten der Säule waren in Gold Zeichen und Symbole aufgetragen. Wer dieser Symbole kundig war, konnte das geschriebene Wort Sachmets lesen:
     
    Meinen Namen kennt ihr.
    Dennoch, wisst ihr, wer ich bin?
    Ich bin Sachmet, die Mächtige
    ich bin die, die zur Schlacht ruft
    und den Speer führt, im Streitwagen voran.
    Ich bin das Auge und der Zorn des Ra.
    So kennt ihr mich und darum fürchtet ihr mich,
    als Unheil bringend und drohend.
    Ich bin Sachmet, Tochter des Ra,
    Herrin des Kampfes.
     
    N’gahar stellte sich hinter die Säule, so dass er alle acht Traumkämpfer im Blick hatte.
    Seine Erschöpfung war von ihm abgefallen oder er ließ sie sich nicht anmerken.
    Er legte seine Hände zu beiden Seiten an die Säule und schloss die Augen. Die goldenen Symbole flammten regelrecht auf und tauchten den Raum in ein magisches Licht, das die Fackeln mühelos überstrahlte.
    Er fasste jeden einzelnen der acht nacheinander scharf ins Auge und jeder einzelne senkte unter seinem

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