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Das Dorf der Katzen

Das Dorf der Katzen

Titel: Das Dorf der Katzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Fritz
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tragen. Gleichzeitig war es das erste Mal, dass eine dieser inneren Stimmen eine bestimmte Tonlage hatte. Bisher waren sie immer ziemlich unmoduliert, monoton und tonhöhenneutral gewesen. Irgendwie synthetisch. Diese Stimme war voll und warm und eindeutig in weiblicher Tonlage. Sie brachte ihr Inneres wie eine Glocke zum Schwingen, sie „hörte“ mit ihrem ganzen Körper.
    „Du bist es, du bist die Erfüllerin der Prophezeiung. Höre: Die Geschehnisse in nächster Zeit werden uns aufgezwungen von fremder Hand, von einem Abtrünnigen, der im Namen meiner Schwester Böses im Schilde führt. Es liegt an dir, den Abbildern und denjenigen, die sich Wissende nennen, die Prophezeiung zur Erfüllung zu bringen. Dir, Belauscherin, gebührt dabei die wichtigste Rolle. Du wirst sie finden und ausfüllen. Vergiss nie, du trägst nicht nur das Mal meines Namens, sondern auch die göttliche Silbe unseres Vaters in deinem Namen. RA!“
    Das letzte Wort, diese zweite Silbe ihres Namens, dieser volle Name des altägyptischen Sonnengottes, hallte wie ein Gongschlag in ihrem Inneren und ließ sie zusammenzucken. Sie blickte scheu zu Gizmo, der regungslos und mit geschlossenen Augen neben ihr kauerte. Sie wusste nicht, ob er nur Bastets Worte an sie weiterreichte, oder ob er quasi mithören konnte. Vor allem wusste sie nicht, was sie jetzt tun sollte. Sie musste irgendwie antworten, das war ihr klar, aber wie? Sprechen? Denken? Und vor allem, was? Sie hatte doch nicht die geringste Ahnung, was sie eigentlich tun sollte, was letztendlich ihre Rolle sein sollte, die sie nach Bastets Meinung ausfüllen würde.
    Ihre Gedanken hüpften ziellos umher. Bastets Stimme klang wieder in ihr auf.
    Täuschte sie sich, oder schwang da ein belustigter und gleichzeitig beruhigender Unterton mit? So, als ob man ein hibbeliges Kind beruhigen möchte?
    „Ich habe deine Gedanken erfasst, Belauscherin. Sie sind noch verwirrt, aber ich erkenne deine lauteren Absichten und Fähigkeiten darin. Die Prophezeiung hat gut daran getan, dich zu schicken.“
    Dann war Stille.
    Gizmo erwachte aus seiner Starre.
    „DIE EINE hat zu dir gesprochen!“, sagte er lapidar. „Gehen wir!“
    Er stand auf und wandte sich dem Tunnel zu. Vera folgte ihm. Sie gingen zurück zu der Ruine. Vera öffnete zunächst den Eingang von innen und verschloss ihn dann wieder.
    Aufatmend stand sie schließlich vor der Tür mit dem Sackleinen und blickte auf Gizmo, der aufmerksam neben ihr verharrte und sie beobachtete. Vera ging in die Hocke und setzte sich schließlich vor ihn hin. So saßen sie sich gegenüber. Vera streckte langsam die Hand in Richtung Gizmos Kopf aus. Er kam ihr in freudiger Erwartung entgegen und Vera konnte ihn hinter dem rechten Ohr kraulen. Gizmo schloss verzückt die Augen und bekam einen langen Hals. Kehliges Schnurren setzte ein.
    „Stellvertreter und Bastets Sprachrohr hin oder her“, dachte sie sich. „Letztendlich sind sie doch alle gleich, diese wunderbaren Abbilder ihrer Göttin. Zu einer kraulenden Hand können sie nicht nein sagen.“
    „Gizmo, ihr mutet mir zu viel zu!“, sagte sie laut. Gizmo öffnete die Augen halb, stellte aber das Schnurren nicht ein.
    „Nein, es ist nicht zu viel, nur sehr viel in sehr kurzer Zeit. Was du hier in drei Tagen hörst, siehst und erfährst, können andere in drei Wochen aufnehmen. Aber wir haben nicht mehr diese Zeit.“
    „Ja, das hat Ioannis auch schon gesagt“, seufzte Vera, „aber ich habe das Gefühl, dass ich bisher nichts, aber auch gar nichts gelernt habe.“
    „Das kommt daher, weil du schon alles weißt“, meinte Gizmo.
    Vera sah ihn verständnislos an.
    „Du bist von Anbeginn an als die Trägerin, Auslöserin und Erfüllerin der Prophezeiung vorgesehen gewesen. Alles ist schon in dir. Alle Möglichkeiten, alles Wissen. Diese Tage hier dienen nur zur Erfassung der Zusammenhänge, der Entdeckung deiner Fähigkeiten und der Erkenntnis, was du damit machen kannst.“
    Er drehte den Kopf von Veras kraulender Hand weg und schüttelte ihn kurz und heftig.
    „Wir müssen zurück zu Ioannis. Du musst weiter in dein Inneres gehen und alles aufspüren, was dort seit deiner Geburt liegt und darauf wartet, geweckt zu werden. Die Fähigkeit des Lauschens ist ja bereits in dir erwacht. Finde heraus, wozu du sonst noch in der Lage bist.“
    „Ich habe es geahnt“, dachte sie. „Es geht heute so weiter, wie es gestern geendet hat.“
    Wie Recht sie hatte, sollte sie bald bemerken.
     
    Ioannis sprang von

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