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Das Dorf der Mörder

Das Dorf der Mörder

Titel: Das Dorf der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Herrmann
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fragte der Hagere.
    Chef der Mordkommission, jung, dynamisch, arrogant. Jeder kannte ihn, aber er grüßte noch nicht einmal.
    »Müsste gleich hier sein«, antwortete sie. »Ich habe die Wache Sedanstraße sofort informiert. Mal sehen, wem Gehring …«
    … die Knochen übriglässt, wollte sie sagen. Ließ es aber bleiben.
    »Sie machen das gut.«
    »Was?«
    Er schloss das Klettband. »Sie haben das alles im Griff hier. Die Kollegen von Abschnitt 64 werden sich freuen, dass Sie ihnen so viel Arbeit abgenommen haben.«
    »Wie meinen Sie das?«
    War sie zu schnell gewesen? Zu forsch, zu selbständig? Das wurde doch immer gefordert. Nicht nur Dienst nach Vorschrift, sondern Entscheidungsfähigkeit und Tatkraft.
    Er wandte sich zum Gehen. »So wie ich es sage. Wenn es ein Unfall war, haben Sie erstklassige Arbeit geleistet.«
    »Und wenn nicht?«
    »Dann übernimmt das LKA . Dann wäre es gut, nicht mehr als ordnungspolizeiliche Maßnahmen eingeleitet zu haben.«
    Sanela dachte an die beiden Mädchen. Ein davongeflogener Luftballon, eine Schramme von einem Clown, hinter dessen Existenz sowieso ein großes Fragezeichen stand – das war keine Vernehmung zur Beweiserhebung gewesen, sondern allenfalls Erste Hilfe. Daraus konnte man ihr keinen Strick drehen.
    »Was können Sie mir sagen?«
    »Nichts«, sagte der Mann. »Noch nichts.«
    Toter im Tierpark.
    Von brasilianischen Killer-Schweinen zerfleischt.
    Leiche im Futtertrog.
    Vermutlich gingen dem Fotografen diese Schlagzeilen durch den Kopf, als er mehrmals auf den Auslöser seiner Spiegel reflexkamera drückte. Die Presse kam. Zuerst tauchte ein Kamerateam des RBB auf. Auf dem Weg zur Absperrung schnappte Sanela ein paar Wortfetzen des Reporters auf. Vergesst die Tigerbabys. Das wird der Aufmacher. Direktor kommt gleich, ist schon auf dem Weg, sagt drei Sätze. Vermutlich Unfall. Aggressive Viecher. Denen will keiner im Dunkeln begegnen.
    Noch mehr Journalisten rückten nach. Rotteten sich zusammen. Fragten nach dem Polizeipressesprecher, dem Einsatzleiter. Ein Tierpfleger deutete auf Sanela. Sie hob abwehrend die Hand.
    Die Worte des Kriminaltechnikers hatten sie beunruhigt. Bloß nicht zu eifrig sein. Sie hatte den Leichenfundort zu sichern und Zeugen daran zu hindern, das Weite zu suchen. Mehr nicht. Jedes Mal, wenn einer der Journalisten ihr mit genervtem Unterton eine Frage stellte, zuckte sie mit den Schultern. Sie würde den Teufel tun und sich den Mund verbrennen. Sie war Streifenpolizistin. Sie hielt hier die Stellung, mehr nicht. Sven, ihr Kollege aus dem Einsatzwagen, kam gerade aus der Cafeteria. In der Hand hielt er einen Pappbecher mit Cola.
    »Allet klar?«
    »Alles klar.«
    »Die Kollegen von der Sedanstraße kommen gleich.«
    »Warum dauert das denn so lange?«
    »Baustelle.«
    Ach ja, die Ampel vorne an der Frankfurter. Ein ewiges Ärgernis. Sie nickte. Zwei weitere Streifenwagenbesatzungen waren eingetroffen und sicherten jetzt das gesamte Gehege und die Zufahrtswege. Da sie weiter vorne für das Publikum abgesperrt worden waren, wurde es langsam ruhiger. Ein Elektrofahrzeug zuckelte vorüber, hielt. Der hagere Mann von der Spurensicherung, mit dem sie gerade gesprochen hatte, lud eine Kiste auf den Anhänger.
    »Sie! Junge Frau!«
    Er winkte sie heran. »Können Sie mitfahren und ein Auge darauf haben? Ich kann hier niemanden abziehen. Das kommt in die Tierklinik. Die wurde gerade zu einer Außenstelle der Gerichtsmedizin erklärt.« Er grinste. Also war Professor Haussmann schon eingetroffen und hatte entschieden, die erste Begutachtung gleich vor Ort zu arrangieren. Die Pekaris würden so schnell unterm Messer liegen, dass sie gar nicht wussten, wie ihnen geschah.
    »Was ist da drin?« Sie deutete auf die Kiste.
    Er senkte die Stimme. »Der Kopf.«
    Der Wirtschaftshof war die Kehrseite des Tierparks. Ein fast verwildert anmutendes Gelände, zu dem eine schlecht betonierte Piste führte. Der Fahrer deutete auf eine Halle, die schon bessere Tage gesehen hatte.
    »Da waren in den fünfziger Jahren die Elefanten drin.« Er wies mit einem Nicken auf weitere Gebäude. »Lager. Heizwerk. Aufenthaltsräume. Siloanlage. Kühlzellen. Futterküche. Strohscheune. Fleischerei. Direkt daneben ist die Klinik. Für die ganz großen Tiere.«
    Sanela hob fragend die Augenbrauen.
    »Elefanten zum Beispiel. Neulich hat sich einer beim Rückwärtsgehen die Bänder gerissen.«
    Er hielt vor einem niedrigen Klinkerbau. Ein schwarzer Mercedes und ein Transporter waren

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