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Das Dorf in den Lüften

Das Dorf in den Lüften

Titel: Das Dorf in den Lüften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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gekommen war.
    – Das Rhinoceros hat sein Horn nicht wieder aus dem Baumstamme ziehen können.
    – Herr, mein Gott, rief Max Huber, das ist ja der reine Milon von Kroton unter den Nashornen!
    – Und wird auch dasselbe Ende nehmen wie jener Held der olympischen Spiele,« setzte John Cort hinzu.
    Khamis, den es wenig kümmerte, von dem berühmten Athleten des Alterthums so gut wie nichts zu wissen, begnügte sich, zu murmeln:
    »Mit einem Wort: Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen, freilich um den Preis von vier nutzlos verplatzten Patronen.
    – Das ist um so bedauerlicher, weil das große Thier da… nun ja, weil es eßbar ist, wenn ich recht unterrichtet bin.
    – Das stimmt, bestätigte Khamis, nur schmeckt sein Fleisch etwas stark nach Moschus… jedenfalls lassen wir es in der Klemme sitzen…
    – Und sich nach Belieben sein Horn abbrechen!« schloß Max Huber die Rede.
    Es wäre unvorsichtig gewesen, nach dem Baobab zurückzukehren. Das Grunzen der beiden Rhinocerosse war aus dem Dickicht noch immer zu hören. Nach einem Umwege, der sie auf den Wildpfad zurückführte, nahmen alle vier ihren Marsch wieder auf, den sie erst gegen sechs Uhr nahe bei einem großen Felsen unterbrachen.
    Der nächste Tag verlief ohne jeden Zwischenfall. Die Schwierigkeiten des Weges nahmen vorläufig nicht weiter zu, und so wurden einige dreißig Kilometer nach Südwesten hin zurückgelegt. Der Wasserlauf freilich, nach dem es Max Huber so dringend verlangte und den Khamis so zuversichtlich erwartet hatte, zeigte sich noch immer nicht.
    An diesem Abend und nach einer Mahlzeit, zu der eine Antilope, eine sogenannte Käse-Antilope, den wenig abwechslungsreichen Braten lieferte, überließ man sich sorglos der Ruhe. Leider wurden die zehn Schlummerstunden durch das Umherflattern von Tausenden großer und kleiner Fledermäuse gestört, die erst mit dem anbrechenden Morgen davonflogen.
    »Zu viele Harpyien… viel zu viele! rief Max Huber, als er sich nach einer so schlecht verbrachten Nacht gähnend und die Glieder streckend erhob.
    – Wer wird sich immer gleich beklagen! sagte der Foreloper.
    – Warum denn nicht?…
    – Weil es immer noch besser ist, es mit Fledermäusen als mit Moskitos zu thun zu haben, und von den zweiten sind wir bis jetzt verschont geblieben.
    – Am besten wäre es wohl, Khamis, man könnte den einen wie den anderen aus dem Wege gehen.
    – Na, die Moskitos werden uns nicht geschenkt werden, Herr Max…
    – Und wann werden wir von diesen abscheulichen Insecten aufgefressen werden?
    – Mit der Annäherung an einen Rio…
    – Einen Rio! platzte Max Huber heraus. An einen solchen haben wir wohl früher geglaubt, lieber Khamis, das ist aber jetzt nicht mehr möglich.
    – Sie haben doch unrecht, Herr Huber, vielleicht ist er gar nicht mehr fern!«
    Dem Foreloper waren thatsächlich schon einige Veränderungen des Erdbodens aufgefallen, und von Nachmittag drei Uhr an bestätigte sich seine Beobachtung nur noch weiter: der Wald, durch den sie zogen, wurde allmählich sumpfig.
    Da und dort zeigten sich bereits Tümpel mit Wasserpflanzen, auch bot sich Gelegenheit, einzelne Gaupas, eine Art wilde Enten, zu erlegen, deren Vorkommen auf die Nähe von Wasser hinwies. Als sich die Sonne dem Horizonte zuneigte, ließ sich noch obendrein das Quaken von Fröschen hören.
    »Entweder irre ich mich stark… oder das Land der Moskitos ist nicht mehr ferne,« sagte der Foreloper.
    Auf der heute noch zurückzulegenden Wegstrecke ging die Wanderung recht beschwerlich vor sich, denn der Boden war mit den zahllosen Phanerogamen bedeckt, deren Entwicklung ein feuchtwarmes Klima so ungemein befördert. Dagegen zeigten sich die dünner stehenden Bäume weniger durch Lianen verbunden.
    Max Huber und John Cort konnten die Veränderung gar nicht verkennen, die der sich nach Südwesten fortsetzende Theil des Waldes aufwies.
    Trotz der Vorhersage Khamis’ war in dieser Richtung aber noch nichts von dem Spiegelglanze eines fließenden Gewässers wahrzunehmen.
    Je mehr indeß die Neigung des Erdbodens zunahm, desto häufiger war er von Morastlöchern durchsetzt, so daß es große Aufmerksamkeit erforderte, nicht in ein solches zu versinken. Ohne Stiche zu erleiden, wäre auch keiner wieder herausgekommen.
    In den Löchern wimmelte es nämlich von Blutegeln, und auf ihrem morastigen Wasser huschten riesige Myriapoden umher, widerwärtige Gliederthiere von schwärzlicher Farbe und mit rothen Füßen, die man nur mit einem

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