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Das Dorf in den Lüften

Das Dorf in den Lüften

Titel: Das Dorf in den Lüften Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hätte sich der Foreloper nicht beglückwünschen sollen, so zur rechten Zeit eine Grotte, eine von der Natur geschaffene Unterkunftsstätte an der Uferwand gefunden zu haben? Hier war keine Spur von Feuchtigkeit, weder an den Seitenwänden noch an der Dachwölbung zu entdecken. Dank diesem geschützten Plätzchen hatten dessen Insassen auch nicht von einem starken Regenguß zu leiden, der bis Mitternacht herabrauschte. Auch für die Zeit, die die Herrichtung eines Flosses beanspruchte, war hiermit ein genügendes Obdach gefunden.
    Nach dem Regen wehte ein scharfer Nordwind. Der Himmel hatte sich mit dem Aufgang der Sonne vollständig geklärt und der Tag versprach sehr warm zu werden. Vielleicht sehnten sich dann Khamis und seine Gefährten nach dem Baumschatten zurück, in dem sie nun fünf Tage hingezogen waren.
    John Cort und Max Huber zeigten sich in bester Laune, der Fluß versprach, sie mühelos gut dreihundert Kilometer weit hinunterzutragen, bis zu seiner Einmündung in den Ubanghi, zu dessen Stromnetz er zweifellos gehörte. Auf diese Weise mußten die letzten drei Viertel des Zuges höchst bequem zurückgelegt werden.
    Nach den Mittheilungen, die ihm der Foreloper machte, hatte John Cort diese Berechnung mit hinreichender Genauigkeit anstellen können.
    Stromaufwärts, wo der Fluß fast in gerader Linie verlief, verschwand er in der Entfernung von einem Kilometer unter dem Laubdache der Bäume.
    Stromabwärts begann das Walddickicht bereits fünfhundert Meter von hier, wo der Fluß eine scharfe Biegung nach Südosten machte. Von dieser Stelle aus zeigte der Wald wieder die gewöhnliche Dichtigkeit.
    Im Grunde war es nur eine große, morastige Waldblöße, die diesen Theil des rechten Ufers einnahm. An der anderen Seite standen die Bäume nahe beieinander. Ein mächtiger Hochwald ragt dort auf ziemlich bewegtem Boden empor, und seine Gipfel hoben sich, jetzt bei Sonnenaufgang, scharf vom Himmel ab.
    Der Fluß selbst mit sehr klarem, schnell strömendem Wasser füllte sein Bett vollständig aus und führte morsche Stämme, Haufen von Gesträuch und von beiden Uferwänden abgenagte Grasbündel mit sich hinab.
    Jetzt erinnerte sich John Cort, daß er in der Nacht das Wort »Ngora« in der Nähe der Grotte hatte aussprechen hören. Er sah sich deshalb um, ob vielleicht ein menschliches Wesen in der Nachbarschaft umherirrte.
    Daß Nomaden gelegentlich den Flußlauf benutzten, um nach Ubanghi zu gelangen, war ja recht gut anzunehmen, ohne daraus schließen zu müssen, daß das ungeheuere, im Osten bis zu den Quellen des Nil reichende Waldgebiet etwa von umherziehenden Stämmen besonders häufig besucht oder gar von seßhaften bewohnt wäre.
    Soweit der sumpfige Platz reichte, bemerkte John Cort ebensowenig ein menschliches Wesen, wie längs der Ufer des Flusses.
    »Da hab’ ich wohl eine Sinnestäuschung gehabt, dachte er. Vielleicht war ich gar einen Augenblick eingeschlafen und habe jene Stimme nur im Traume vernommen.«
    Er erwähnte auch gegen seine Gefährten nichts von der Sache.
    »Mein lieber Max, fragte er später, hast Du Dich denn auch bei unserem wackeren Khamis genügend entschuldigt wegen Deines Zweifels an dem Vorhandensein dieses Flusses, woran er doch so unerschütterlich glaubte?
    – Er hat mir gegenüber recht gehabt, John, und ich bin sehr zufrieden, unrecht geurtheilt zu haben, denn der Flußlauf wird uns ohne Anstrengung nach den Ufern des Ubanghi befördern.
    – Ohne Anstrengung unsererseits… das möcht’ ich nicht gerade behaupten, fiel der Foreloper ein. Vielleicht kommen Wasserfälle… Stromschnellen…
    – Ach, wir wollen die Sachen nur von der guten Seite ansehen, erklärte John Cort. Wir haben nach einem Flusse gesucht… da ist er ja. Wir beabsichtigten dann ein Floß zu bauen, und das wird geschehen…
    – Und zwar gleich von diesem Morgen an, fiel Khamis ein. Ich werde unverzüglich an die Arbeit gehen, und wenn Sie mich dabei unterstützen wollen, Herr John…
    – Selbstverständlich, Khamis. Und während wir damit beschäftigt sind, wird Freund Max für den nöthigen Proviant sorgen…
    – Was um so nöthiger ist, als wir davon nichts mehr übrig haben, erklärte Max Huber. Das Leckermäulchen, der Llanga, hat gestern Abend alles verzehrt…
    – Ich, lieber Herr Max? erwiderte Llanga, der, jene Worte ernst nehmend, gegen einen solchen Vorwurf sehr empfindlich zu sein schien.
    – Na na, Bürschchen, Du siehst doch, daß ich nur scherze!… Vorwärts, geh’ mit mir.

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