Das Dorf in den Lüften
denen der alltäglichsten Sorte und verdient keinen besonderen Besuch. Es ist eben ein Gehölz, ein großes Gehölz, weiter aber auch nichts! Du erinnerst Dich ja der Fackeln, die sich an seinem Rande hin und her bewegten und zwischen dem Gezweig der vordersten Bäume aufleuchteten… dann, als wir dahin kamen… nichts, keine Seele mehr zu entdecken!… Wohin zum Kuckuck, mögen jene Neger nur verschwunden sein!… Zuweilen kommt mir wirklich der Gedanke, sie in den Kronen der Baobabs, Bombax, Tamarinden und anderer Riesen des Waldes zu suchen… Nein, wahrlich, kein Mensch!
– Max! unterbrach ihn da John Cort.
– John? antwortete Max Huber.
– Willst Du einmal dort hinaus, stromabwärts sehen… dort am linken Ufer….
– Wie?… Ein Eingeborner?
– Ja, doch einer mit vier Beinen!… Sieh, da draußen über dem Gebüsch, ein paar prächtige, kielförmig gestaltete Hörner…«
Auch der Foreloper wandte seine Aufmerksamkeit jetzt derselben Stelle zu.
»Ein Büffel… sagte er.
– Hei, ein Büffel! wiederholte Max, das Gewehr ergreifend. Das giebt einmal ein leckeres Gericht, wenn ich den Burschen in gute Schußweite bekomme!«
Khamis legte das Steuer mit kräftiger Hand um. Das Floß trieb schräg auf die Uferwand zu; sehr bald war es nur noch etwa dreißig Meter davon entfernt.
»Also endlich ein gutes Beefsteak in Aussicht, murmelte Max Huber, der die Feuerwaffe gegen das linke Knie gestützt hatte.
– Du magst den ersten Schuß haben, Max, sagte John Cort, ich begnüge mich mit dem zweiten, wenn der nöthig würde.«
Der Büffel schien nicht geneigt, von der Stelle, wo er stand, zu weichen. Wohl schnüffelte er eifrig die Luft durch die weiten Nasenlöcher ein, erkannte aber nichts von der Gefahr, die ihm drohte. Da man nicht nach dem Herzen des Thieres zielen konnte, mußte der Kopf als Ziel gewählt werden, und das that auch Max Huber, als er das Thier gut ins Visier bekam.
Der Schuß krachte, der Schwanz des Büffels peitschte hinter dem Gebüsch die Luft und gleichzeitig erscholl ein schmerzhaftes Gebrüll, nicht das gewöhnliche, rauhe Blöken der Büffel… ein Beweis, daß dieser tödtlich getroffen war.
»Hat gesessen!« jubelte Max Huber in befriedigter Jagdlust.
John Cort brauchte nicht erst noch zu feuern, was eine zweite Patrone ersparte. Das zwischen dem Gesträuch zusammengebrochene Thier glitt den Uferabhang hinunter und ein Blutstrom färbte längs des Ufers das klare Wasser des Rio.
Um das köstliche Beutestück nicht einzubüßen, steuerte das Floß nach der Stelle, wo der Wiederkäuer erlegt worden war, und der Foreloper machte sich daran, ihn zu zerlegen, um nur die eßbaren Theile mitzunehmen.
Die beiden Freunde bewunderten voller Freude dieses Exemplar der Wildochsen Afrikas, das von erstaunlicher Größe war. Wenn diese Thiere in Herden von zwei-bis dreihundert Köpfen über die Ebene dahinstürmen, kann man sich wohl vorstellen, welch wüthende Galoppade inmitten der von ihnen aufgewühlten Staubwolken das geben mag.
Hier handelte es sich aber um einen »Onga«, mit welchem Namen die Eingebornen die vereinzelt als Hagestolze umherschweifenden männlichen Büffel bezeichnen, die ihre europäischen Namensverwandten an Größe weit übertreffen. Die hiesigen haben auch eine mehr gerade Stirne, eine verlängerte Schnauze und mehr oval zusammengedrückte Hörner. Die Haut des Büffels dient zur Anfertigung vorzüglich guter Lederarbeiten, seine Hörner liefern das Material zu Tabakdosen und Kämmen, sein zähes schwarzes Fellhaar benutzt man zum Polstern von Stühlen und Sesseln, seine Filets, Coteletten und Rippenstücke aber geben eine ebenso schmackhafte wie stärkende Nahrung, gleichgiltig ob es sich um afrikanische, asiatische oder amerikanische Büffel handelt. Kurz, Max Huber hatte einen glücklichen Schuß gethan. Fällt ein Büffel aber nicht auf den ersten Schuß, so wird er zum furchtbaren Feinde, wenn er sich auf den Jäger stürzt.
Mit Hilfe des Beiles und seines Messers nahm Khamis die Ausweidung des Thieres vor, wobei seine Gefährten ihm so gut wie möglich helfen mußten. Das Floß durfte nicht unnöthigerweise überlastet werden, und zwanzig Kilogramm dieses appetitlichen Fleisches versprachen ja für mehrere Tage auszureichen.
Während nun diese wichtige Arbeit vor sich ging, war Llanga, der sonst immer gern beobachtete, was seine Freunde Max und John interessierte, diesmal unter dem Bananendache, und zwar aus folgendem Grunde zurückgeblieben:
Bei
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