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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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lange hast du noch bis zur Pensionierung?«, fragte der Oberkommissar.
    Â»Warum?«
    Â»Ich überlege, ob du bis dahin hier stehen bleiben möchtest.«
    Christoph seufzte. »Antreiber.«
    Schweigend trotteten sie über den Deich zurück zum Auto.
    Â»Du wolltest mir noch erzählen, warum du heute Morgen so gelacht hast«, erinnerte Christoph den Oberkommissar, als sie wieder im Auto saßen.
    Sofort fing Große Jäger wieder an zu lachen. Er benötigte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte.
    Â»Die Kollegen von der Schutzpolizei haben heute Nacht zwei Männer festgenommen. Einer liegt im Krankenhaus, der andere wurde bei uns im Keller aufbewahrt. Die beiden haben im Zug von Kiel randaliert und mit einem Totschläger das Führerhaus in der Regionalbahn schwer beschädigt. In Husum auf dem Bahnhof haben sie den Triebwagen noch von außen in Mitleidenschaft gezogen.«
    Â»Sind Personen zu Schaden gekommen?«, unterbrach Christoph.
    Große Jäger nickte und lachte weiter. »Ja. Der Kumpel vom Haupttäter. Der hat versucht, seinen Freund zu bändigen. Dabei hat der ihm mit dem Totschläger den Unterarm gebrochen. Das ist alles. Dritte waren nicht beteiligt.«
    Â»Ist das der Grund für deine Heiterkeit?«, fragte Christoph.
    Â»Nein. Spaßig ist das Motiv. Die beiden sind gestern Abend in Kiel in den Zug gestiegen. Eigentlich wollten sie zurück nach Neumünster. Der eine hatte eins Komma acht Promille im Blut, sein Freund nur geringfügig weniger. Als sie merkten, dass sie in der Regionalbahn den Nord-Ostsee-Kanal überquerten, dämmerte ihnen, dass etwas falsch war. Murat Eydan, das ist der, den ich verhört habe, beschloss daraufhin, einen Freund zu besuchen. Folglich torkelten die beiden zum Lokführer und erklärten ihm, sie wollten nach Flensburg. Der Regionalzug von Kiel verkehrt allerdings nach Husum und biegt in Jübek von der Flensburger Strecke zur Westküste ab. Unterwegs hat Murat einen anderen Fahrgast gefragt, wann sie endlich Flensburg erreichen würden. Als dieser erklärte, der Zug würde nicht an die Förde, sondern nach Husum fahren, fing er an zu randalieren und bezichtigte den Lokführer, aus purer Boshaftigkeit nach Nordfriesland abgebogen zu sein. Der sollte unbedingt an der nächsten Weiche wieder in Richtung Flensburg fahren, forderte Murat in seinem Suff. Natürlich kam der Eisenbahner dieser Aufforderung nicht nach.« Große Jäger grinste. »Und so begann Murat, aus Wut den Triebwagen zu zerlegen. Sein Kumpel versuchte, ihn zu bändigen und wurde dabei verletzt.«
    Â»Und? Was ist daran so lustig?«, fragte Christoph. »Schließlich war der Täter alkoholbedingt unzurechnungsfähig.«
    Â»Richtig«, stimmte Große Jäger zu. »Als ich ihn verhörte, wirkte er auch ziemlich verkatert. Trotzdem bestand er darauf, dass er im Recht sei, da sein Wunschfahrziel nicht angefahren wurde. Er wollte nichts anderes als nach Flensburg, wenn man ihn schon nicht nach Neumünster ließ.«
    Â»Ist das dein Ernst?«
    Â»Nicht meiner, sondern Murats. Und was ist dein nächstes Wunschziel?«
    Â»Wychzek.«
    Das Einfamilienhaus war eines der neueren im Dorf. Es war von außen unauffällig und passte mit der landestypischen Klinkerfassade in das Ortsbild. Der kleine Garten war von ordnender Hand angelegt, wenn auch bei der Auswahl der Gewächse und Blumen offensichtlich die Akzente auf das Frühjahr und den Sommer gelegt wurden und die Herbstblüher vernachlässigt schienen. Ein Namensschild fehlte unter dem Klingelknopf, der einen melodischen Gong in Betrieb setzte. Nach kurzer Zeit öffnete eine Frau mit einem Wuschelkopf die Tür. Sie war leger gekleidet in Jeans und Pullover; eine Halbbrille saß vorn auf der mit Sommersprossen verzierten Nasenspitze.
    Â»Ja bitte?« Sie musterte die beiden Beamten und unternahm gar nicht erst den Versuch, den geringschätzigen Gesichtsausdruck bei Große Jägers Anblick zu verbergen.
    Â»Frau Wychzek?«, fragte Christoph.
    Â»Lattmann«, erwiderte sie. »Herr Wychzek ist mein Lebenspartner.«
    Â»Wir kommen von der Husumer Polizei.«
    Christoph hatte schon oft erlebt, dass den Menschen das Erschrecken anzusehen war, wenn sie der Polizei gegenüberstanden. Das traf auch auf Frau Lattmann zu. Sie sah noch einmal Große Jäger an, und ihr Blick wanderte vom Scheitel bis zu den

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