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Das Dorf in der Marsch

Das Dorf in der Marsch

Titel: Das Dorf in der Marsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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sollten jemanden fragen, der sich auch einen Finger abgehackt hat und dann nach Hause gefahren ist«, schlug Große Jäger augenzwinkernd vor.
    Â»Wir wissen, dass Witte im Zorn zu Gewaltausbrüchen neigt. Er hat sich mit Gaultier geprügelt und mit Michelsen. Beide Zeugenaussagen klingen glaubwürdig. So ist nicht auszuschließen, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne war und den Unbekannten erschlagen hat. Dafür spricht, dass alle Anzeichen auf eine Tat im Affekt hindeuten. Wir müssen zunächst herausfinden, wer der Tote ist.«
    Â»Hm«, grummelte Große Jäger. »Kann jemand mit einem abgehackten Finger so zuschlagen? Das war ja wie im Rausch.«
    Â»Das ist eine Frage, die nur schwer zu beantworten ist. Wenn jemand durch außergewöhnliche Ereignisse bis in die Haarspitzen mit Adrenalin vollgepumpt ist, spürt er keine Schmerzen und ignoriert auch einen abgetrennten Finger. Wir können davon ausgehen, dass es Witte gelungen ist, die Blutung vorüber-gehend zu stoppen.«
    Â»Wir müssen uns Namen und Adressen von Leuten besorgen, bei denen Witte untergeschlüpft sein könnte.«
    Â»Ich werde Hilke anrufen«, sagte Christoph, als sie auf Reimers’ Hofplatz fuhren. Dort herrschte immer noch der gleiche hektische Betrieb der Spurensicherer.
    Â»Ach, Christoph«, rief ihm Klaus Jürgensen zu, doch Christoph winkte ab.
    Â»Gleich.«
    Er eilte ins Wohnhaus und verzichtete darauf, zu klingeln oder zu klopfen. Sie trafen die Familie in der Küche beim Essen an. Mit einem Seitenblick registrierte Christoph, dass es Frikadellen mit Salzkartoffeln und Erbsen und Wurzeln gab. Alles schwamm in einer braunen Soße. Yannick saß vor einem Teller mit Nudeln und Tomatensoße. Mit seiner Gabel traktierte er eine Frikadelle.
    Christoph baute sich vor Reimers’ Mutter auf.
    Â»Sind Sie noch ganz bei Trost?«, schrie er sie an.
    Die Frau war erschrocken mit ihrem Stuhl zurückgewichen. Die Beine des Sitzmöbels schurrten über die Fliesen.
    Der Bauer sprang auf. »Was zum Teufel …?«, rief er.
    Christoph streckte den Arm in seine Richtung. »Sie halten sich da raus«, brüllte er.
    Reimers wollte den Tisch umrunden, aber Große Jäger hielt seinen Arm wie eine Schranke davor.
    Â»Ganz ruhig«, sagte der Oberkommissar in normaler Lautstärke. Er hatte den Landwirt nicht berührt, aber das Einschreiten zeigte Wirkung.
    Mariechen Reimers hatte die Augen aufgerissen und den Mund weit geöffnet. Entsetzt starrte sie Christoph an. Sie konnte den Blick nicht von ihm wenden. Es wirkte, als wäre sie hypnotisiert.
    Â»Was haben Sie da angestellt?« Es war schon ein paar Oktaven leiser, aber immer noch laut genug, um die Frau zu beeindrucken.
    Â»Ich hab … ich …«, stotterte die Mutter des Landwirts.
    Â»Sie haben keine Vorstellung, was Sie angerichtet haben.«
    Reimers stützte sich mit beiden Händen auf der Tischplatte ab, während Yannick angstvoll »Oma« rief.
    Â»Was soll meine Mutter getan haben?« Der Bauer war immer noch erregt.
    Â»Das sollte sie Ihnen selbst erklären. Oder Sie lesen es, wenn die Anzeige ins Haus schneit.«
    Reimers beugte sich jetzt über den Tisch hinweg vor, dass Karen Brunke mahnte: »Pass auf. Du landest mit deinem Hemd im Mittagessen.«
    Doch das interessierte Reimers nicht. »Mutter«, sagte er scharf, und seine Augen funkelten böse.
    Alle sahen Mariechen Reimers an. Die ließ ihren Blick von einem zum anderen wandern.
    Â»Ich hab doch nur das erzählt, was er da«, dabei zeigte sie auf Christoph, »vorhin gesagt hat. Du warst doch dabei, mein Junge.«
    Reimers hieb mit der Faust auf die Tischplatte, dass die Teller in die Höhe hüpften.
    Â»Verdammt noch mal. Rück endlich raus damit, was du gesagt hast. Was läuft hier?«
    Â»Ja, aber«, begann Mariechen Reimers zaghaft. »Der Kommissar hat doch selbst gesagt, dass Witte sich an kleine Kinder heranmacht.«
    Klatschend schlug sich Reimers mit der flachen Hand an die Stirn. »Bist du noch ganz schussecht?«
    Â»Hör mal, wie sprichst du mit mir. Ich bin deine Mutter«, empörte sie sich.
    Â»Du bist eine blöde Kuh.«
    Â»Herr Reimers«, versuchte Christoph, den Landwirt zu bremsen, obwohl er selbst mehr als verärgert über die Altbäuerin war.
    Â»Wem haben Sie etwas erzählt?« Christoph atmete tief durch und war zur

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