Das Dorn-Projekt: Der frühe Homanx-Zyklus, Bd. 3
das für dich auf dasselbe hinausläuft; aber ich versichere dir, kein menschlicher Elternteil möchte seinen wie auch immer gearteten, aber in jedem Fall für niedlich gehaltenen Nachwuchs als ›Larve‹ bezeichnet hören. Dieses Wort lässt unschöne Assoziationen artspezifischer, entwicklungsgeschichtlicher Art aufkommen.«
»Kleines Mädchen. Ich werde es mir merken. Aber ich glaube, ›Larve‹ ist die präzisere Bezeichnung. Kurz und knapp eben.«
»Ich werde nicht mit dir darüber diskutieren.« Briann sah an sich hinunter, um sicherzugehen, dass seine Robe richtig saß. Wie immer wünschte er sich, einen guten Eindruck zu machen. Immer einen guten ersten Eindruck machen, hatte man ihnen eingeschärft. Bekehrung kam anschließend.
Den beiden Erwachsenen, die sich ihnen näherten, schien etwas unbehaglich zu Mute zu sein. Die Frau vermied es, wie Briann bemerkte, Twikanrozex direkt anzusehen. »Hallo«, begann der Mann, »ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, aber meine Tochter würde gern mal…«
»Darf ich das Ding anfassen, Paps, darf ich das?« Die Augen weit aufgerissen, hüpfte das Mädchen auf und ab, kaum zu bändigen und höchst aufgeregt.
»Oh, bitte entschuldigen Sie das Benehmen unserer Tochter!«, sagte nun die Mutter schnell und meinte erklären zu müssen: »Sie hat noch nie zuvor einen Thranx gesehen. Wir kommen von New Riviera, und da haben wir Thranx immer nur auf 3-D ansehen können. Daher können Sie gewiss verstehen, dass …« Sie brach abrupt mitten im Satz ab, abgelenkt von etwas für sie offenbar völlig Erstaunlichem. »Was ist das für ein absolut erlesenes Parfüm?«
Briann unterdrückte ein Lächeln. Es waren immer die Frauen, die es zuerst bemerkten. »Wahrscheinlich meinen Sie den Körperduft meines Gefährten hier.« Er wies auf Twikanrozex, der geduldig dastand. Die Empfänglichkeit der Menschen für den Körperduft der Thranx war ihm kein Geheimnis. Man musste nur ein einziges Mal den Körpergeruch der Menschen schnuppern, um zu verstehen, warum der Thranx-Geruch so eine Anziehungskraft auf sie ausübte.
»Wirklich?« Der Frau schienen die Gesichtszüge zu entgleisen. Ihre Augenlider flatterten, als sie den Duft tief einsog. »Ich habe schon davon gehört und auch gelesen, aber das ist nicht dasselbe. Worte können gar nicht - sie können nicht…«
»Peal, reiß dich bitte etwas zusammen!« Auch der Mann atmete nun tief ein und lächelte sodann. »Ich selbst kann es auch nicht recht einordnen: Jasmin-Essenz oder Protea-Öl?«
»Jeder spricht ein wenig anders darauf an wegen der feinen Unterschiede bei den Verbindungen zwischen den Geruchsnerven und dem Gehirn. Und kein Thranx scheint genau wie der andere zu riechen.« Briann war immer hocherfreut, wenn die, die zögerten oder offen feindselig reagierten, nah genug herankamen und eine Nase voll von seinem Freund abbekamen. Twikanrozex’ persönlicher Körperduft war eine bessere Empfehlung für seine Spezies als alle sorgfältig ausgearbeiteten Ansprachen.
Als das kleine Mädchen sah, dass seine Mutter, sich mit halb geschlossenen Augen leicht wiegend, ganz im Rausch der Sinne gefangen war, riss es sich von ihr los und stürzte vorwärts. Twikanrozex zuckte nur ein ganz klein wenig zurück. Er entsann sich des vierundachtzigsten Leitsatzes, den die Gründer Shanvordesep und Cirey Pyreau niedergelegt hatten, und entspannte sich, während er den Übergriff auf seine Person hinnahm. Menschlicher Nachwuchs, so hatte man ihn gelehrt, war von Natur aus körperlich entwickelter und reagierte emotionaler als der der Thranx, nicht zuletzt weil sie Arme und Beine hatten und kein Puppenstadium durchliefen. Als also das Mädchen seine Hand ausstreckte, um vorsichtig Twikanrozex’ Thorax zu berühren, schreckte er nicht zurück.
»Iolette!« Die Frau löste sich aus dem vom Duft ausgelösten Bann. »Vielleicht solltest du besser nicht…«
»Das ist schon in Ordnung«, versicherte Briann ihr rasch. »Darum geht es doch in Wirklichkeit bei dieser ganzen Veranstaltung. Nicht darum, die lange Reise hierher zu unternehmen, nicht um Exponate und Installationen, nicht um die unterschiedlichen Nahrungsmittel, die hier angeboten werden …« Er nickte mit dem Kopf hin zu dem Mädchen mit den staunend aufgerissenen Augen, das begeistert das Exoskelett des Thranx untersuchte. »Genau darum geht es!« Als die Frau immer noch skeptisch guckte, legte ihr Ehemann ihr beruhigend den Arm um die Schultern.
Twikanrozex ließ sich auf alle
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