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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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dass der eigentliche Name des Lokals »Parthenon« war.
    Das Tischtuch war mit Soße und verschüttetem Wein vorheriger Gäste befleckt, aber die Journalistinnen machten keine Bemerkung darüber. Sie taten sich an Moussaka, griechischem Salat und starkem schwarzen Kaffee gütlich. So etwas hatte Odette noch nie gegessen. Sie würde es als eine der köstlichsten Mahlzeiten ihres Lebens in Erinnerung behalten.
    »Billig und sättigend. Selbst die hohen Tiere essen hier«, bemerkte Elaine.
    Später am Nachmittag ging Odette den Flur entlang und traf auf den bärtigen, kahlköpfigen Grafiker, den sie am frühen Morgen nach dem Weg gefragt hatte. Sie lächelte ihn an.
    »Wie läuft’s?«, fragte er.
    »Gut.« Odette grinste. »Ich glaube, ich werd’s überleben.«
    »Ja, so nennt sich das Spiel – Überleben.«
    Innerhalb von zwei Wochen war Odette mit Elaine zusammengezogen, die nach einer Wohnung näher an der Stadt gesucht hatte. Offiziell war Elaine die Mieterin, und Odette mietete ein Zimmer bei ihr. Sie fuhren zusammen in die Redaktion, und Elaine gestand ihr, sie sei Ende dreißig und suche immer noch nach einem Ehemann. Aber in all den Jahren, in denen sie ihre alte Mutter versorgt hatte, hatte sie nie gelernt, ein »anziehendes, flottes« Mädchen zu sein. Nachdem ihre Mutter gestorben war, fand Elaine es schwer, sich an das Leben als Alleinstehende zu gewöhnen. Aber Odette und sie verstanden sich gut, und Elaine brachte ihr bei, ausgefallenere Mahlzeiten zu kochen, als sie es widerstrebend bei Tante Harriet gelernt hatte.
    Die ersten Wochen vergingen wie im Flug, und Odette schrieb glückliche und begeisterte kleine Brief an ihre Tante. Gerne hätte sie auch Zac berichtet, wie sehr sie ihr neues Leben genoss, aber sie wusste, dass er sich auf einer Reise zu sich selbst befand. Außerdem hatte sie keine Ahnung, wo er war. Doch irgendwie spürte sie – oder wollte es glauben –, dass sich ihre Wege wieder kreuzen würden.
    Sie schrieb an Fitz, dankte ihm erneut dafür, ihr den Weg geebnet und ihr diese Möglichkeit verschafft zu haben, und schrieb ihm, ihr wäre jetzt mehr denn je klar, welche phantastische Arbeit er leisten würde, indem er den
Clarion
fast ganz allein führte. Sie versprach, ihm den ersten Artikel zu schicken, der unter ihrem Namen erscheinen würde. Odette wusste nicht, dass Mr. Fitzpatrick bereits jede Woche die
Women’s Gazette
kaufte – »für meine Frau«, erklärte er dem Zeitungshändler.
    Eines Tages nach der wöchentlichen Redaktionskonferenz trat Kay Metcalf zu Odette an den Schreibtisch und verkündete: »Gut, Sie sind jetzt für drei Monate dem Gesellschaftsressort zugeteilt.«
    Odette sank das Herz. Die Gesellschaftsseiten – wie öde. Wie langweilig. Wie unaufregend. »Muss ich meinen Schreibtisch hier räumen?«
    »Nein. Edna mag ihr großes Büro. Aber Sie sollten sich die Zeit nehmen, ihr Archiv durchzusehen. Darin befinden sich haufenweise Skelette aus der besseren Gesellschaft der Stadt.«
    Odette verzog die Nase. »Ich hab nicht viel übrig für diese Kreise.«
    Kay Metcalf lächelte schwach. »Tja … wie Sie auch privat darüber denken mögen, sein Bild auf den Gesellschaftsseiten der
Gazette
zu haben heißt, dass man es geschafft hat. Alles sehr prestigeträchtig. Trägt zum Verkauf der Zeitschrift bei, und Sie werden merken, dass einige der Veranstaltungen durchaus Spaß machen können. Vielleicht lernen Sie einen geeigneten Junggesellen kennen.«
    »Wenn er es darauf anlegt, auf die Gesellschaftsseiten der
Women’s Gazette
zu kommen, ist er nichts für mich.«
    »Ah, hinter das Geheimnis werden Sie schon noch kommen. Man nimmt sich nicht die vor, die auf die Gesellschaftsseiten wollen, sondern die, die es nicht wollen. Das ist die wahre Elite. Man muss die Aufsteiger nach den Blaublütigen durchkämmen.«
    »Gibt es denn welche?«
    »Kein Kommentar. Miss Cooper wird Ihnen die entsprechenden Kniffe beibringen.«
    »Ich hoffe nur, dass sie mich nicht kneift«, murmelte Odette. »Wahrscheinlich wird sie ihre neue Supervolontärin sehen wollen.«
    Odette stapfte aus dem Büro, und Elaine und Kay grinsten sich an. Sie hatten Odette in der kurzen Zeit schon richtig lieb gewonnen.
    Miss Edna Cooper, die Gesellschaftsredakteurin, stammte aus einer der ›guten Familien‹ Sydneys, womit eine Familie gemeint war, die entweder vermögend oder einflussreich war oder beides. Sie nahm die Gesellschaftsszene sehr ernst. Odette fand die Aktivitäten eines anscheinend

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