Das Dornenhaus
besser begreifen, was er für Zanana geplant und entworfen hatte. Er war der Meinung, der Artikel sei unfair gegenüber Hacienda.
An diesem Morgen stand Odettes Telefon nicht still. Die Leute von der Bürgerinitiative aus Kincaid waren begeistert und wollten Odette wissen lassen, wie sehr sie es begrüßten, dass sie ihr Anliegen so hervorgehoben hatte. Ein oder zwei Radiostationen wollten sie für ein Interview, und ein paar Journalisten, die sie von anderen Zeitungen kannte, baten sie um Kontakttelefonnummern in Kincaid.
Es gab mehrere Gründe für das Interesse der anderen Medien – die kleinen Leute, die es mit einem großen Bauunternehmen aufnahmen, die Neuheit, dass gewöhnliche Bürger ein altes Gebäude und dessen Gärten retten wollten, und die traditionelle Saure-Gurken-Zeit, die sich in diesem Sommer ungewöhnlich lange hinzog. Die Zanana-Geschichte war vielleicht ein Anzeichen für das Ende der Saure-Gurken-Zeit, obwohl die meisten Redakteure glaubten, dass diese »Geschichtsvernarrtheit« keine Zukunft hätte. Es war jedoch eine willkommene Abwechslung zu der ständigen Anti-Vietnam-Debatte.
Wieder klingelte das Telefon. »Odette Barber.«
»Eden Davenport.«
»Oh.« Odette hatte erwartet, dass er anrufen würde, und trotzdem traf sie seine Stimme wie ein elektrischer Schlag. »Hallo«, fügte sie mit neutraler Stimme hinzu, erstaunt, wie schwer es ihr fiel, überhaupt etwas herauszubringen.
»Eine nette Geschichte, die Sie da gebracht haben, aber ich denke, Sie hätten wenigstens die Höflichkeit besitzen können, vorher mein Angebot anzunehmen, sich die Entwürfe für das Gelände anzusehen. Ich finde, Sie waren nicht sehr fair zu Hacienda … oder zu mir.«
»Mr. Davenport, ich …«
Eden unterbrach sie. »Ach, hören Sie doch auf mit dieser Förmlichkeit, Odette. Ein gemeinsamer Lunch mag zwar keine lebenslange Freundschaft bedeuten, aber ich dachte doch, wir hätten uns auf eine rationale Herangehensweise an diese Sache geeinigt – zwei vernünftige Menschen aus gegnerischen Lagern, die bereit sind, einander zuzuhören.«
Wieder, wie schon beim Lunch, verunsicherte sie seine Direktheit. »Es tut mir leid … Eden.« Es fiel ihr schwer, seinen Namen auszusprechen, als käme das einer Kapitulation gleich. »Ich bin immer noch bereit zuzuhören. Was hat Sie an der Geschichte denn so gestört? Ich habe sehr sorgfältig darauf geachtet, alle Fakten korrekt darzustellen. Bitte sagen Sie mir genau, was inkorrekt war.«
»Na ja, inkorrekt war eigentlich nichts … mich stört mehr das, was Sie ausgelassen haben. Sie haben das Bauvorhaben mit zwei kurzen Absätzen abgetan. Haben den Eindruck entstehen lassen, es handle sich um scheußliche Sozialbauten. Warum haben Sie sich meine Entwürfe nicht angesehen und eine zutreffende Beschreibung geliefert?«
»Dazu hatte ich keine Zeit. Der Redaktionsschluss wurde vorverlegt«, log sie. »Auf jeden Fall hätte es auch nicht viel geholfen, da ich in diesem Artikel nur einen allgemeinen Überblick gegeben habe, ohne auf nähere Einzelheiten einzugehen. Und ich habe nicht den Eindruck erweckt, es handle sich um Sozialbauten. Das interpretieren Sie nur hinein.«
»Blödsinn!«, explodierte Eden.
»Lesen Sie es mir vor«, schnappte Odette zurück. »Lesen Sie mir die Stelle vor!«
Schweigen am anderen Ende bis auf Papierrascheln.
»Also?«, fragte Odette ruhiger.
»Schauen Sie, es liegt an dem, was Sie nicht sagen.« Sein Ton war besänftigend. »Einander anzuschreien bringt uns auch nicht weiter, oder?«
Odette entspannte sich und lehnte sich zurück. »Nein, Sie haben Recht. Das Gespräch fängt an, sich im Kreis zu drehen.«
»Werden Sie sich meine Entwürfe ansehen, bevor Sie den nächsten Artikel schreiben?«
»Ja. Das hatte ich sowieso vor. Es lag nur an der Zeit.«
»Wie wär’s dann mit morgen? Um zehn Uhr?«
»Sie haben es aber eilig.«
»Vielleicht versuche ich ja nur, mit Ihnen Schritt zu halten.«
»Gut, also morgen um zehn.« Aber bevor sie auflegte, sagte Odette zu ihrer Überraschung: »Und keine gegenseitigen Angriffe mit harten Gegenständen, ja?«
Eden lachte. »Nein, keine Angriffe. Versprochen.«
Odette bürstete an ihrem Haar herum, ungehalten und gereizt, weil es sich nicht glätten lassen wollte und seinen »eigenwilligen« Tag hatte. Sie hatte ein paar Tropfen von ihrem Lieblingsparfüm »Rosejoy« aufgetragen, wünschte sich, sie hätte etwas anderes angezogen, und fragte sich plötzlich, warum sie so
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