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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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ohne dass es nötig gewesen wäre, auf ein Stück Papier und ergriff das Wort. »Herr Bürgermeister, ich möchte den Antrag stellen, dass die Empfehlung des Baudezernats für die Umwandlung des als Zanana bekannten Grundstücks in Bauland angenommen wird.«
    Ein weiterer Stadtrat fügte rasch hinzu: »Ich unterstütze den Antrag.« Auf der Tribüne brach Gebrüll aus.
    Wieder war es nicht so sehr der Bürgermeister als Mrs. Bramble, die die Menge zum Schweigen brachte.
    »Wenn das noch mal vorkommt, lasse ich die Tribüne räumen«, schimpfte der Bürgermeister. »Es muss ein Antrag gestellt werden, um die Debatte zu eröffnen. Mr. Beck, wollen Sie zu Ihrem Antrag Stellung nehmen?«
    Der Stadtrat räusperte sich und versuchte sich aufzurichten, um eine ehrfurchtgebietendere Figur abzugeben, aber zu viele Jahre des guten Essens und des Weingenusses machten diese Bemühungen zunichte. »Ich denke, Mr. Davenport hat uns alles gesagt, was wir wissen müssen, und der Bericht des Dezernats ist ausführlich und informativ genug. Wir können nicht in der Vergangenheit leben. Fortschritt heißt die Devise, Fortschritt … das ist es, was die Leute wollen.«
    Aber die Leute auf der Tribüne machten deutlich, dass er nicht für sie sprach, und die Debatte wurde ständig von Rufen oder Applaus unterbrochen, je nach Argumentation. Es schien, als sei der Stadtrat zu gleichen Teilen für und gegen den Antrag. Schließlich stellte der wortgewaltigste Gegner des Bebauungsvorhabens, ein Stadtrat mit einem buschigen Bart in einem alten Tweedjackett mit Lederflicken auf den Ärmeln einen Zusatzantrag.
    »Jetzt kommt der intellektuelle Gegenangriff«, zischte der Mann vom
Kincaid Courier
.
    »Herr Bürgermeister, aus der heutigen Debatte und der Leidenschaftlichkeit, mit der die Öffentlichkeit auf diese wichtige Sache reagiert, wird deutlich, dass es völlig unangemessen wäre, in so überstürzter Weise noch heute über Mr. Becks Antrag abzustimmen. Um den unsterblichen Barden zu zitieren: ›Viel lässt sich zu beiden Seiten sagen‹, und ich bin überzeugt, dass wir noch sehr viel mehr hören müssen, bevor wir eine wohl überlegte Entscheidung in dieser Angelegenheit treffen können. Ich beantrage daher, die Angelegenheit an einen Stadtratsausschuss zurückzuverweisen, um weitere Untersuchungen vorzunehmen und Berichte anzufertigen.«
    Der Antrag wurde sofort unterstützt.
    Der Bürgermeister, der bei einem Unentschieden die für ihn peinliche entscheidende Stimme hätte abgeben müssen, machte rasch deutlich, wie er dazu stand. »Ich halte das in diesem Stadium für eine vernünftige Lösung. Wollen Sie Ihren Antrag noch weiter begründen?«
    Der Lehrer fasste die Hauptargumente für die Erhaltung historischer Stätten zusammen, ohne die Möglichkeit auszuschließen, dass ein Kompromiss zwischen Bebauung und Erhaltung erzielt werden könnte.
    »Ich glaube, wir sind die Speerspitze einer revolutionären neuen Denkweise in der Stadtplanung«, verkündete er mit etwas erzwungener Feierlichkeit. »Es steht uns nicht zu, die Bevölkerung zu ignorieren, wenn die Bevölkerung mit solcher Leidenschaft und Deutlichkeit spricht. Aber bevor wir über den Antrag abstimmen, Herr Bürgermeister, würde ich gerne Mr. Davenport noch eine Frage stellen … Welche Garantie haben Sie, dass Hacienda Homes sich tatsächlich an Ihr Konzept halten wird?«
    Eden erlaubte sich ein leichtes Lächeln. »Kunden zahlen gewöhnlich nicht für einen Architektenentwurf – und nehmen ihn an –, um dann einfach ihre Meinung zu ändern. Bei unseren Treffen und Besprechungen habe ich den Eindruck gewonnen, dass Hacienda meinen Entwurf befürwortet und ihn auch ausführen wird.«
    »Aber Sie haben keine Garantie, ich wiederhole – keine Garantie – dafür, nicht wahr, Mr. Davenport?« Der Stadtrat schlug mit der Faust auf den Tisch, um diesen Punkt zu unterstreichen.
    Eden antwortete nicht sofort, verblüfft über die melodramatische Geste. »Nein, aber ich halte es für plausibel, davon auszugehen, dass bei der derzeitigen Nachfrage nach Wohnraum die entsprechenden Gelder zur Ausführung des Entwurfs zur Verfügung gestellt werden.«
    »Plausibel, Mr. Davenport?«, gab der bärtige Stadtrat mit dick aufgetragener Ironie zurück. »Plausibel? Ich glaube, Sie sind noch ein bisschen zu jung und naiv für dieses Geschäft, Mr. Davenport.«
    Die Protestler applaudierten laut, und von hinten war der Ruf zu hören: »Alles Schwindel … alles

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