Das Dornenhaus
unruhig, was den Bürgermeister veranlasste, um Ruhe zu bitten und mit seinem Hammer leicht auf den Tisch zu klopfen. Er räusperte sich.
»Ich weiß, dass viele der Zuhörer auf der Tribüne an diesem Tagesordnungspunkt interessiert sind …« Ironisches Gelächter unterbrach den Bürgermeister, der diesmal seinen Hammer energischer einsetzte. »Ruhe, Ruhe. Also, ich will eines von vornherein klarstellen – ich werde keine Einmischung in unsere Debatte dulden. Ich werde Ihnen den Ablauf erklären, damit Sie alle wissen, was vor sich geht. Beamte des Baudezernats haben einen Bericht ausgearbeitet, in dem sie den Antrag auf Umwandlung in Bauland befürworten …« Wieder entstand Unruhe auf der Tribüne, diesmal sprangen viele auf, wedelten mit Flugblättern und riefen ihre Forderungen in den Saal.
Dem Bürgermeister gelang es mit viel Geklopfe, die Ruhe wiederherzustellen, obwohl es hauptsächlich den Zeichen von Mrs. Bramble zu verdanken war, dass sich die Menge wieder beruhigte. Etwas gereizt fuhr er mit seiner Erklärung fort: »Zuerst wird ein Vertreter von Hacienda Homes sprechen, dann liegt ein Antrag aus dem Stadtrat vor, und danach folgt die Debatte. Mr. Alan Harper, würden Sie bitte das Wort ergreifen.« Er nickte dem Mann neben Eden zu.
Der große, kräftig gebaute Mann in dem teuren Anzug trat vor. Er strömte Selbstvertrauen aus und war offensichtlich nicht im Geringsten beunruhigt über die feindselige Stimmung auf der Tribüne.
»Herr Bürgermeister, meine Herren. Es gibt wenig zu sagen, denn, wie Sie sehen werden, spricht das Projekt am besten für sich. Es ist in der Tat der wichtigste Fortschritt in der Geschichte Kincaids.«
Auf der Tribüne erhob sich Protestgebrüll, und Alan Harper wartete geduldig und unbewegt, bis es sich wieder gelegt hatte. »Ich bin natürlich bereit, sämtliche Fragen zu beantworten, würde aber unseren beratenden Architekten Mr. Eden Davenport bitten, die Einzelheiten zu dem Projekt, das wir uns für Zanana vorstellen, zu erläutern.«
Die Kürze seiner Präsentation überraschte Odette. Ihr gefiel Harper nicht. Er tat so, als hätte er bereits alles in der Tasche. Sie sah hinüber zu O’Toole, der ihren Blick mit erhobenen Augenbrauen erwiderte. Der Mann vom
Herald
lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und flüsterte Odette zu: »Unangenehmer Bursche, was?«
Eden trat an den Tisch, auf dem das Modell stand, und zog das Tuch weg. Er sprach mit ruhiger Autorität, und die Leute auf der Tribüne hörten aufmerksam zu. Er betonte, dass es hier um ein Konzept mit lockerer Bebauung und vielen Grünanlagen ging, und erteilte dem Stadtrat eine ausführliche, aber höfliche Lektion in moderner Stadtplanung, wie sie sich in der westlichen Welt immer mehr durchsetzte und sich natürlich auch in seinen Entwürfen niederschlug.
Während seiner Präsentation schaute Eden verstohlen hinüber zu Odette. Ihre Blicke trafen sich, und sie konnte nicht anders, als ihm ein flüchtiges Lächeln zu schenken. »Verdammt, warum hab ich das getan?«, fragte sie sich im Stillen. »Vor ein paar Tagen haben wir uns noch angeschrien.«
Dann brach ihr Bleistift ab. »Verdammt«, murmelte sie, laut genug, dass es der halbe Raum mitbekam. Wieder fühlte sie Edens Blick auf sich, errötete und wühlte in ihrer Tasche nach einem Kugelschreiber, den sie nur ungern benutzte. Sie zwang sich dazu, sich auf seine Worte und ihre Kurzschriftnotizen zu konzentrieren.
»Meine Herren, ich weiß, dass es viel Widerstand gegen dieses Projekt gibt, aber es will mir scheinen, dass sich hier Gefühle statt gesunden Menschenverstands der Realität entgegenstellen.«
Von der Tribüne war lautes Gemurmel zu hören, aber kein Protestgeschrei. Seine ruhige Professionalität forderte den Zuhörern ein gewisses Maß an Respekt ab. Er fuhr fort: »Wenn die Besitzer von Zanana verkaufen wollen, kann niemand sie daran hindern. Aber es müssen gute Gründe vorgebracht werden, um eine Bebauung abzulehnen. Ich vertrete die Meinung, wenn eine Bebauung stattfinden soll, dann in der bestmöglichen Weise für die Gemeinde. Ich habe mich bemüht, das bei meinen Entwürfen zu berücksichtigen – wie auch die kommerziellen Interessen von Hacienda. Ich bin bereit, Fragen zu beantworten.«
Der Reporter aus Kincaid flüsterte: »Jetzt kommt’s. Mr. Big schlägt wieder zu.«
Bevor jemand auf Edens Aufforderung reagieren konnte, erhob sich schwerfällig Stadtrat Beck, ein sehr dicker und rotgesichtiger Mann, schaute,
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