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Das Dornenhaus

Das Dornenhaus

Titel: Das Dornenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Turney
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er sich sogar damit abfinden, wenn ihr einfach nur …«
    »Nein. Er wird sie niemals freigeben. Er wird nie erlauben, dass wir ein Paar sind. Wir müssen von hier weg, und du musst uns dabei helfen.«
    Ich seufzte. Jetzt stimmte Jago das gleiche Klagelied an wie Ellen.
    »Was soll ich denn tun?«, fragte ich.
    »Ich weiß es nicht. Ich habe noch keine Ahnung, wie wir vorgehen werden, aber ich werde mir etwas überlegen. Als Erstes müssen wir uns entscheiden, wohin wir wollen, und ich muss mir dort eine Arbeit suchen. Wir brauchen ein Einkommen. Vor allem, wenn wir nach Übersee gehen. Wir werden Geld brauchen, um uns in der ersten Zeit über Wasser zu halten.«
    Über uns flog stumm ein Schwanenpaar hinweg. Die Hälse lang ausgestreckt, schlugen sie majestätisch und geräuschvoll mit den Flügeln. Trixie blickte hinauf und knurrte.
    »Ellen wird ihr Erbe bekommen, wenn sie achtzehn ist«, sagte ich leise. »Jedenfalls hat sie mir das erzählt. Ein Vermögen, hat sie gesagt. Mehrere Hunderttausend Pfund.«
    »Sie weiß nicht, wie viel es sein wird«, erwiderte Jago. »Und es spielt auch keine Rolle. Ich will nicht von ihrem Geld leben, sondern für sie sorgen. Ich will, dass sie stolz auf mich ist.«
    »Aber es würde euch helfen. Es würde euch den Anfang erleichtern.«
    »Ja, das stimmt. Es würde bedeuten, wir könnten überall hingehen, uns irgendeinen Ort auf der Welt aussuchen. Glaubst du, die Hexe würde es freuen, wenn sie wüsste, dass wir mit ihrem Geld unsere Flucht aus Trethene bezahlen?«
    »Du solltest Ellens Großmutter nicht mehr Hexe nennen. Das ist nicht nett von dir.«
    Jago lachte. »Seit wann bist du denn so pingelig, Hannah?«
    Ich schmiegte mich an ihn. »Ich will nicht, dass du weggehst. Was soll ich denn ohne dich hier? Was soll aus mir werden? Und aus Mum und Dad?«
    »Sie werden schon zurechtkommen. Und du musst dein eigenes Leben leben. Mich brauchst du dazu nicht. Du wirst bestimmt einmal eine berühmte Paläontologin.«
    »Ohne dich will ich gar nichts werden.«
    »Ich werde ja nicht ganz aus deinem Leben verschwinden. Du wirst unsere Komplizin sein. Ohne dich werden wir es nicht schaffen, Hannah. Du bist der Schlüssel zu allem.«
    »Wirklich?«
    »Ja, wirklich«, sagte Jago. »Und da wäre etwas, was du schon jetzt für uns tun könntest. Du könntest damit beginnen, ein paar Sachen in unsere Höhle am Bleached Scarp zu schaffen. Damit sich Ellen im Notfall dort verstecken kann, wenn die Situation mit ihrem Vater eskaliert.«
    »Was denn für Sachen?«
    »Ein Zelt, Streichhölzer, Decken. Du musst alles in Plastikfolie verpacken, damit es nicht feucht wird.«
    »Ellen kann doch nicht am Strand wohnen …«
    »Natürlich nicht über einen längeren Zeitraum. Aber für ein paar Stunden, falls sie weglaufen muss. Dann braucht sie ein paar Dinge, um sich warm zu halten und im Trockenen zu sein«, sagte Jago. »Falls sie mich nicht erreichen oder ich ihr nicht gleich zu Hilfe kommen kann.«
    Er runzelte die Stirn und blickte übers Wattenmeer. Ich beobachtete, wie die Schwäne die Füße ausstreckten und die Flügel anspannten, um auf dem Wasser zu landen. Ich wurde nie müde, den Vögeln zuzuschauen.
    »Und du musst versprechen, nichts zu Mum und Dad zu sagen. Kein Wort, hörst du?«
    »Natürlich nicht. Ich erzähle ihnen doch nie etwas.«
    Die Schwäne setzten auf, verschmolzen mit ihrem Spiegelbild im Wasser, falteten die Flügel zusammen und verharrten.
    »Es wird immer schlimmer mit ihm«, sagte Jago unvermittelt.
    »Mit wem?«
    »Mit Mr   Brecht.«
    »Du hörst immer nur Ellens Version der Geschichte, Jago.«
    Er sah mich an. »Wie meinst du das?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Wenn ich dort bin, ist er in Ordnung. Sicher, er trauert noch sehr um seine Frau, aber einen so schlimmen Eindruck macht er nicht auf mich. Er hat mir ein sehr schönes Geburtstagsgeschenk gekauft. Er ist nicht so übel, glaub mir.«
    Jago schnaubte verächtlich. »Nicht so übel? Er ist geisteskrank! Ellen hat ihn bestimmt nicht dazu gebracht, sämtliche Blumen im Garten abzusäbeln! Sie kann auch nichts dafür, dass er sie in diesem Zimmer einsperrt!«
    Er hob einen weiteren Kieselstein auf und warf ihn ins Wasser. Einer der Schwäne drehte alarmiert den Kopf in seine Richtung. Ich spürte, wie sich Trixie versteifte.
    »Ja, aber Ellen …«
    »Was?«
    Jago sah mich an. Ich konnte unmöglich zu ihm sagen: »Ellen hat sich selbst in diese Lage gebracht« oder »Ellen reizt ihn bis aufs Messer, bis

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