Das Dornröschen-Projekt - Krimi
Twiggy. »Damit werden Polizei, Geheimdienste und Militär vernetzt, um die Guerilla wirkungsvoll bekämpfen zu können.«
»Genial!« Dornröschen tippte. »Die werden alle dementieren, und keiner wird ihnen glauben. Und wenn sie nicht dementieren, waren sie es sowieso.« Sie tippte weiter. »Da muss noch ein bisschen Verzierung ran, und los geht es.« Sie hackte auf die Tastatur ein. »Also, ich lese vor.« Sie räusperte sich und gähnte. »Das Kommando Hermann Meier hat die Berliner Zentrale der Firma MIT Computersysteme zerstört. Das ist die Quittung für die Zusammenarbeit dieser Firma mit dem kolumbianischen Regime, einer Marionette des US -Imperialismus. Die MIT Computersysteme verkauft Software an das kolumbianische Regime, die dazu dient, das Volk und seine Befreiungsbewegung, die Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo ( FARC ) zu unterdrücken. Der Gegenangriff der revolutionären Kräfte in Deutschland zeigt, dass die schmutzigen Geschäfte der Imperialisten künftig wieder aktiv weltweit bekämpft werden. Überall und jederzeit. Das Kommando Hermann Meier plant bereits weitere Angriffe auf den Klassenfeind, die erst beendet werden, wenn die Kumpanei der deutschen Imperialisten mit dem kolumbianischen Regime aufhört. Das Kommando Hermann Meier wird auch Einrichtungen des bürgerlichen Staats angreifen, die die schmutzigen Geschäfte mit der Mördersoftware decken und absichern. Der kriminaltechnische Beweis für unsere Urheberschaft beim bewaffneten Angriff auf die MIT wird der Polizei zugeschickt. Kommando Hermann Meier.«
Sie schaute die beiden anderen an.
Matti nickte. Twiggy hatte die Hände um den Nacken gelegt und kippelte auf dem Stuhl.
»Machen wir so«, sagte Matti.
Twiggy sagte: »Hm.«
Dornröschen schnaubte. »Ich weiß doch auch nicht, ob das was nützt. Wir sagen denen einen Bekennerbrief zu, und sie kriegen die Silikondinger. Aber vorher wollen wir den Auftraggeber, und wir werden ein, zwei Tage herausschinden, um zu prüfen, ob die uns nicht verscheißern. Gibt es noch Diskussionsbeiträge?« Ohne eine Sekunde zu warten, erklärte sie: »Offenkundig nicht. Wir machen das so.«
Kein Widerspruch.
Sie fand im Internet das handgestrickte Logo der Revolutionären Zellen, ein fünfzackiger roter Stern mit dem etwas aus der Mitte gerutschten RZ .
»Wo übergeben wir die Pads?«
»Wir deponieren die irgendwo und sagen denen das. Eines nach dem anderen.« Dornröschen öffnete den Browser, klickte sich zu ihrem anonymen Postfach und begann zu schreiben.
Ganz einfach: Sie mailen den Namen des Auftraggebers und des Eigentümers der DVD , dann erhalten Sie von uns die Gegenleistung.
Die beiden anderen nickten, als sie es vorgelesen hatte, und sie schickte die Mail ab.
»Wenn die uns überfallen, was dann?«, fragte Twiggy.
»Das hilft ihnen nicht viel. Auch wenn sie uns umbringen würden, käme der Erpel nicht aus dem Knast. Sie hätten nur eine Sorge mehr«, sagte Dornröschen.
»Hoffentlich wissen die das auch«, erwiderte Twiggy.
Geschrei im Treppenhaus, mindestens zwei Kinderstimmen, und eine Frau übertönte sie schrill.
Matti zog die Vorhänge zu und ging ins Bett. Er lag noch lange wach. Draußen dröhnte ein Lkw-Diesel. Als er es hörte, erinnerte er sich an den Lärm des Flughafens Tempelhof und wie unwirklich es war, als dort plötzlich keine Flugzeuge mehr landeten und starteten. Er hatte es oft nicht mehr wahrgenommen, es war wie ein Tinnitus gewesen, den man nicht mehr hörte, weil man ihn nicht hören wollte, obwohl man wusste, dass er immer da war. Jetzt, wo die Flugzeuge verschwunden waren, hörte er sie in seiner Erinnerung.
Lauter war aber die Angst.
Er starrte an die Decke. Eine Spinne marschierte gemächlich zu ihrem Netz. Lily fiel ihm ein, ihn rührten ihre Sorgen. Sie war ruhiger geworden und furchtsamer. Er hätte ihr nichts erzählen sollen. Aber sie wäre sauer geworden, hätte ihn sitzen gelassen im Schwarzen Café und vielleicht für immer. Eine Liebe ohne Vertrauen funktioniert nicht.
Wenn der Erpel seinen Auftraggeber verriet, wie ging es weiter? Sie würden alles versuchen, um es zu verhindern … Er überlegte noch einmal. Was verhindern? Was für ein Geheimnis schützten sie? Es war wichtig genug, um Morde zu begehen, das stand fest. Sie hatten mit einigem Glück einen Namen, und was dann?
Er fiel in einen unruhigen Schlaf und träumte von einer Verfolgungsjagd, Entenmann in seinem S-Klasse-Benz und Matti zu Fuß.
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