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Das Drachenboot

Das Drachenboot

Titel: Das Drachenboot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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hinweg dann ins Ohr: »... hast du daran gedacht, daß auch einer von der Mannschaft den Sklaven erschlagen haben kann?«
    Hjalti schüttelte den Kopf. »Unmöglich!« Er wechselte den Schild auf die Seeseite hinüber, so daß Aslak ihm näher war.
    Auch Aslak war nun erstmals kriegsmäßig bekleidet. In seinem Wollwams nach Wikingerart, das mit Rentierfellen nach Lappenart gefüttert war, schien er noch kleiner und noch kräftiger als sonst. Er reichte Hjalti nur bis zur Schulter, und dieser beugte sich hinunter, um Aslaks Flüstern zu verstehen.
    »Der Unfriede in der Mannschaft ist groß. Mein Rentier hat mir für uns auf Erri Unheil vorausgesagt. Es sträubte sich, als ich es anziehen wollte«, berichtete Aslak mit düsterer Miene. »Und ich glaube nicht, daß die Dorfbewohner es getan haben. Es konnte ihnen nur Ärger und keinen Nutzen bringen.«
    Hjalti sah Aslak, von dem er manchen guten Ratschlag erhalten hatte, unfroh ins Gesicht. »Was den Unfrieden betrifft«, sagte er, »so hast auch du den deinigen dazugelegt; und was das Dorf betrifft: es gibt keine andere Möglichkeit. Entweder die oder wir. Und meine Männer haben auf den König und mich geschworen: Den Eid bricht keiner!«
    »Ja, ja«, gab Aslak zu. »Aber nicht nur die Kaufleute haben sich verändert, wie du gestern selbst sagtest, auch unsere Männer . Alf ist besonders unfriedlich, und das, was du meinen Unfrieden nennst, ist in Wahrheit seiner. Und er ist nicht dein, sondern Geirmunds Mann, jedenfalls solange er sich davon etwas erhofft.«
    »Ich weiß, daß ihr nie Geschenke miteinander tauschen werdet«, erwiderte Hjalti ungehalten. »Aber ich hatte gedacht, daß ihr einander wenigstens aus dem Wege gehen könnt.«
    »Es ist nicht leicht, einem Mann der eigenen Wache aus dem Wege zu gehen.«
    Hjalti seufzte. »Ich weiß. Manches ist auf einem Schiff nicht leicht.«
    »Bei Magni, dem Starken, du dürftest auch gemerkt haben, daß sich seine Unzufriedenheit schnell gegen dich wenden kann«, polterte Aslak heraus, ohne sich darum zu kümmern, daß ihn jeder hören konnte. »Wie kannst du ihn nur so gewähren lassen!«
    Darauf hing Hjalti nicht ein. Er hatte unbedingt Führer des Geschwaders werden wollen, das im kommenden Jahr auf Sklavenjagd gehen sollte. Als Schiffsführer kamen außer ihm Hrolf und Alf in Frage, und Hrolf auch als Geschwaderführer. Der Weg zu Geirmunds Wohlwollen führte über dessen Verwandten Alf. Aber all das würde er einem Aslak nicht erzählen. Der war zu klug ... »Übrigens«, sagte er steif, »mir wäre es lieber, wenn du aufhören könntest, die Götter anzurufen.
    Stets trägst du ihre Namen auf den Lippen; und ich glaube, wenn sie erst dort sind, können sie in deinem Herzen nicht mehr sein.«
    »Oh«, sagte Aslak, überrascht wegen der unerwarteten Frömmigkeit Hjaltis, und stapfte eine Weile schweigend neben dem Schiffsführer einher, während er mit sich selber zu Rate ging. »Ich kann«, sagte er endlich und lachte verunsichert, »die Götter selber nicht mehr unterscheiden. Manchmal denke ich, sie sind alle einer. Und sooft ich sie auch angerufen habe, nie hat einer geantwortet oder je gezeigt, daß es ihn überhaupt gibt.«
    Hjalti sah ihn betroffen an, sagte aber nichts, und weil der Sand nun wieder von veralgten Steinen und Muschelbänken abgelöst wurde, mußten sie sich trennen. Aslak ging voraus und sah nicht, wie erleichtert Hjalti war, den unbequemen Mahner abzuschütteln. Endlich konnte er sich dem Vorhaben in Visby widmen.
    Obwohl es nicht weit schien, brauchten sie mehr als zwei Stunden, bis sie vor den Hütten von Söby standen. Die Männer murrten und schimpften und waren sich wenigstens einmal wieder einig. Sie alle waren immer wieder ausgerutscht und dreckig und naß. Der Weg hob weder das Ansehen von Folke noch die Laune der Schiffsbesatzung. Hjalti kümmerte sich darum nicht. Er wußte nun, was zu tun war. Mit raschen Schritten drängte er nach vorne durch und befahl: »Es muß einen kurzen Weg von hier nach Visby geben. Sucht ihn, damit wir da sind, bevor Alarm geschlagen wird.«
    Ein paar von den Männern rannten ohne Deckung davon und kümmerten sich nicht darum, daß die Bewohner der armseligen Hütten sie sehen mußten. Es zeigte sich jedoch niemand, wahrscheinlich hatten sie sich längst mit ihrem Vieh im Wald versteckt.
    Bolli winkte nach einer Weile mit ausladenden Gesten. Hinter der letzten Hütte der Ansiedlung führte der Pfad, den sie suchten, in den Wald. Dicht

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