Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
Miri
schien.
„Gebraucht
hätte ich dich in den letzten Jahren öfter mal. Wieso bist du denn so plötzlich
aus meinem Leben verschwunden?“, hakte sie nach. Sie schaffte es nicht ganz,
den anklagenden Unterton zu unterdrücken.
„Das
hat Zeit bis später. Jetzt müssen wir uns erst einmal um dich kümmern.“
„Äh,
sorry, aber nein, das kann nicht warten. Um mich kümmern kann ich mich selber.
Habe ich schließlich die ganze letzte Zeit auch gemacht. Und es interessiert
mich schon, weshalb du ausgerechnet jetzt nach jahrelanger Abwesenheit wieder
auftauchst.“
„Man
sieht ja, wie gut du auf dich aufpassen kannst“, meinte Maxi und warf einen
bedeutungsvollen Blick auf den Schwangerschaftstest im Waschbecken.
Miri
ignorierte den Seitenhieb und schaute die Drachin unverwandt an.
Maxi
warf die krallenbewehrten Pranken in die Luft und schnaubte: „Also gut. Wenn du
es genau wissen willst, ich bin ein Mutter-Kind-Drache.“
„Wie,
ich verstehe nicht…“ Jetzt war es an Miri, einen Blick ins Waschbecken und
seinen Inhalt zu werfen. „Du meinst…“
„Genau.
Deshalb bin ich hier.“
„Dann
warst du also nie mein Drache, sondern der von Mama?“, versuchte Miri ihre
Gedanken zu ordnen.
„Das
kann man so nicht sagen. Grundsätzlich begleite ich die Mutter und sobald das
Kind da ist, habe ich einen zusätzlichen Schützling und konzentriere mich mehr
auf das Kind. Zu euch bin ich erst gekommen, als du schon auf der Welt warst.
Deshalb konnte mich deine Mutter auch mehr oder weniger ignorieren.“
„Aber
wenn ich dein Schützling war, weshalb hast du mich dann verlassen, als meine
Eltern starben?“ Verständnislos starrte Miri das rotviolett schillernde Wesen an.
„Ach
Kind, das war nicht meine Entscheidung. Oder nur zum Teil. Mu-Ki-Drachen sind
an die Kombination von Mutter und Kind gebunden. Die Verbindung wurde
aufgelöst, als deine Mutter starb. Vielleicht hätte ich vom Drachenrat eine
Ausnahmebewilligung erhalten bei dir zu bleiben. Aber ich hatte mich
entschieden, keine zu beantragen.“
„Weshalb
denn nicht?“ Miri war ziemlich geschockt. Und enttäuscht. Und traurig.
„Ich
wusste von den wenigen Besuchen bei deiner Tante und deinem Onkel, dass sie
sehr engstirnig sind. Ich wollte dich nicht in Schwierigkeiten bringen. Wenn du
von Drachen erzählt hättest, hätte es bestimmt Ärger gegeben und Prügel
gesetzt.“
„Das
war auch so der Fall. Ich habe es auch alleine geschafft, die beiden auf die
Palme zu bringen.“ Miri fühlte sich elend.
„Das
tut mir leid, Miri. Auch wir Drachen sind nicht perfekt. Ich habe einfach
versucht, mein Bestmögliches zu geben.“
Sie
streckte sich und machte endlich die Tür auf, um Chili hereinzulassen. Der
begrüßte Maxi mit einem hoheitsvollen Nicken und begann Miri um die Beine zu
streichen. Sie hob ihn hoch, drückte ihn an ihre Brust und versenkte ihre Nase
in das seidige Fell. Chili fing an lautstark zu schnurren. In Miris Kopf drehte
sich alles. Es war einfach zu viel auf einmal. Irgendwie überstürzte sich
gerade alles in ihrem sonst so wohlgeordneten Leben. Sie merkte, wie sich
plötzlich ihr Asthma meldete, öffnete den Badezimmerschrank und stellte
erleichtert fest, dass sie noch einen Inhalator hatte. Es war schon lange her,
dass sie ihn zuletzt gebraucht hatte. Sie inhalierte und war froh, dass sich
ihre Lungen wieder mit Luft füllten. Puh, Stress war definitiv ungesund.
Vorsichtshalber steckte sie den Inhalator in die Tasche ihres Sweatshirts. Nur
für den Fall. Es könnte ja sein, dass sie ihn in den nächsten Tagen nochmals
brauchen würde.
„Ich
muss jetzt eine Weile alleine sein“, meinte Miri zu ihrem wiedergefundenen
Drachen. „Ich muss mir über eine Menge Dinge klar werden.“
Mit
diesen Worten drehte sie sich um und ließ Maxi im Badezimmer stehen. Obwohl sie
große Lust hatte, dramatisch die Tür hinter sich zuzuknallen, riss sie sich
zusammen, denn ihr waren Maxis Ermahnungen aus Kindertagen noch sehr präsent.
Vor allem jetzt, nachdem sie auf einmal wieder da war. Leicht benommen von der
emotionalen Achterbahn der letzten Stunde schüttelte sie den Kopf. Chili, der
immer noch zufrieden auf ihrem Arm lag und die Vorzugsbehandlung offensichtlich
genoss, nahm sie mit in ihr Zimmer.
Maxi
schaute Miri nach. Verwundert registrierte sie, wie Miri die Türe sorgfältig
schloss. Nach der ganzen Gefühlslawine, der ihr Schützling gerade ausgesetzt
war, hatte sie eher ein Türenknallen erwartet. Sie seufzte. Offenbar war
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