Das Drachenkind (Die Drachenschwestern Trilogie) (German Edition)
die
Kleine nicht mehr klein, sondern inzwischen erwachsen geworden. Zumindest in
einigen Belangen. Was bedeutete, dass sie möglichst viel über Miri in Erfahrung
bringen musste, wenn sie ihr wirklich eine Hilfe sein wollte. Besonders
vielversprechend war das Treffen nicht gelaufen. Wenn sie ehrlich war, hatte
sie ein wenig mehr Begeisterung über die Wiedervereinigung erwartet, dachte sie
verschnupft. Naja, dass ließ sich jetzt auch nicht mehr ändern. Die große
Drachin schüttelte ihre leichte Verstimmung ab und streckte sich. Dabei füllte
sie das kleine Badezimmer komplett aus. Prompt verbrannte sie einen Flügel an
einer der Badezimmerlampen. Das kam davon, wenn man nicht aufpasste. Jetzt, da
sie Miri nicht mehr trösten musste, bestand kein Grund mehr, die Körperlichkeit
aufrecht zu halten. Sie verschwand in einem Wirbel von violetten Funken, entschlossen,
Miri diesmal nicht in Stich zu lassen.
Von
der emotionalen Achterbahnfahrt ganz erschöpft, setzte Miri erst Chili auf
ihrem Bett ab und ließ sich dann neben ihm seitlich auf die Matratze fallen.
„Was
mache ich jetzt nur, Kater?“, seufzte sie. Chili antwortete nicht, sondern
schnurrte nur ein wenig lauter, während er sich auf den Rücken rollte, damit
sie seinen Bauch besser kraulen konnte. „Hätte ich mir denken können, dass du
zu meiner momentanen Situation keinen Rat weißt. Du bist schließlich ein Kater.
Und ein kastrierter noch dazu.“
Sie
streichelte Chili noch einmal vom Kinn her über den Bauch und drehte sich dann
auf den Rücken. Versuchsweise legte sie sich die Hände auf ihre eigene
Bauchdecke. Nur um sie gleich wieder wegzunehmen. Bevor sie nicht zu einer
Entscheidung gekommen war, wie es weitergehen sollte, wollte sie sich gar nicht
zu konkret mit dem Alien in ihrem Bauch auseinandersetzen. Lieber so
unpersönlich wie möglich halten!
Sie
blickte sich in ihrem Schlafzimmer um, das gleichzeitig als Wohnzimmer diente.
Die geblümte Tagesdecke, die normalerweise tagsüber ihr Bett zierte, lag noch
zusammengeknüllt neben dem zerschlissenen Sofa an der Stelle, an der sie sie
gestern Abend liegen gelassen hatte. Und ihre Pflanzen, die jeden freien Platz
in der kleinen Wohnung belegten, müsste sie auch wieder einmal gießen, dachte
sie zusammenhangslos. Welche davon waren wohl giftig für Kinder? Sofort
verbannte sie den ungebetenen Gedanken in eine dunkle Ecke in ihrem Gehirn und
ließ ihren Blick weiter durch den kleinen Raum schweifen. Die Wände hatte sie
vor einiger Zeit Weinrot gestrichen und sich selbst Kissen- und Deckenbezüge in
einem warmen Ecru-Farbton genäht. Das Geld hatte wieder einmal nicht gereicht,
um welche zu kaufen. Wobei sie zugeben musste, dass ihr Arbeiten wie diese
riesigen Spaß machten. Alles, was sie mit ihren Händen kreieren konnte und der
Verschönerung von Wohnraum diente, machte sie gerne. Und wenn das bedeutete,
Schweißen zu lernen oder mit Heißkleber zu hantieren, dann brachte sie sich das
autodidaktisch bei.
In
der Ecke stand ein großer Kleiderständer mit mehreren Armen, an deren Enden
jeweils ein Gnu-Kopf steckte. Ihre ganze Wohnung war vollgestopft mit diesen
gebrannten Plastilin- und Kleisterfiguren. Sie erinnerte sich, wie begeistert
Kaja gewesen war, als sie ihre Basteleien zum ersten Mal gesehen hatte. Es
würde sicherlich Spaß machen, ein ganzes Kinderzimmer einzurichten. Sie könnte
endlich einmal Fantasiefiguren entwerfen, ohne sich vor kritischen Stimmen
fürchten zu müssen. Zumindest die ersten paar Jahre. Miri richtete gedanklich
ein Kinderzimmer ein, obwohl sie noch gar nicht entschieden hatte, was sie
machen wollte. Zudem gab es hier kein Kinderzimmer, ja nicht einmal ein
richtiges Schlafzimmer. Womit sie bei allen potentiellen Problemen ihrer
Situation angekommen war. Sie zog eine Grimasse. Ihre Gedanken galoppierten ihr
wieder einmal davon.
Sie
stand auf, wobei sie darauf achtete, den schlafenden Kater nicht zu stören, und
wandte sich in Richtung Küche. Eine Tasse hawaiianischer Kona-Kaffee war jetzt
genau das Richtige, beschloss sie.
„Nichts
da“, ertönte eine herrische Stimme aus der kleinen Küche.
Miri
öffnete die Tür und stellte fest, dass Maxi es sich offensichtlich hier
gemütlich gemacht hatte. Sie hatte ihren Überraschungsgast beinahe vergessen,
in der Annahme, Maxi sei woanders hingegangen. Sie hatte ihr doch deutlich
gesagt, dass sie Zeit für sich bräuchte. Dieses ‚woanders’ war augenscheinlich
Miris Küche. In der schon im Normalfall höchstens
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