Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
ihm in allem zu dienen. Sie seufzte und begann, die Bänder des grünen Gewandes aufzuschnüren.
»So ist es brav«, schnurrte ihr Gastgeber.
Als Tonya sich ein wenig vorbeugte, rutschte das Amulett aus ihrem Ausschnitt. Das Kerzenlicht fing sich in dem roten Stein.
»Was ist denn das?« Der Graf sprang von seinem Sessel auf und war so schnell bei ihr, dass sie gerade einmal den Luftzug spüren konnte. Seine Finger zuckten in ihre Richtung, berührten das Symbol aber nicht. Tonya umschloss es rasch mit ihrer Hand und stopfte es in ihr Untergewand zurück.
»Nur ein Geschenk«, sagte sie lahm.
»Ein seltsames Präsent für eine Dame«, erwiderte er. »Und ganz unpassend zu Eurem heutigen Gewand. Legt es ab!« Er warf ihr einen raschen Blick zu. »Ich gebe Euch etwas Schöneres.« Er huschte davon und war Augenblicke später mit einer Kassette zurück, in deren Samtbett ein Collier aus Diamanten und Smaragden lag. Tonya knickste und nahm es vorsichtig heraus.
»Darf ich Euch nun bitten, mich allein zu lassen, bis ich meine Toilette beendet habe?«
»Wie schade«, hauchte er. »Ich ginge Euch gern ein wenig zur Hand.« Dennoch verschwand er ohne einen Laut. Tonya blickte sich im Zimmer um und sah auch in der Kleiderkammer nach, doch er war nirgends zu sehen. Mit einem Seufzer ließ sie sich auf den Hocker vor dem Toilettentisch sinken. Hatte er das Amulett erkannt? Jedenfalls war er nicht so ahnungslos, wie der Magier gehofft hatte. Sie fürchtete sich davor, zu den Männern hinunterzugehen. Ihr war allerdings auch klar, dass ihr Gemach mit seinem Himmelbett und den schweren Bettvorhängen nur eine Illusion von Sicherheit war. Selbst der altmodische Schlüssel in ihrer Zimmertür war eher ein Hohn. Wenn der Graf es wünschte, dann würde er hier hereinkommen, ohne sie um Erlaubnis zu fragen. Für einen Moment erwog sie, den Magier zu bitten, ein Gemach mit ihr zu teilen, und wenn er ihr auch noch so sehr zuwider war.
Oder sollte sie sich nur auf ihre Gabe verlassen? Und auf das Amulett, von dem sie sich auf keinen Fall trennen würde? Sie schnürte sich das Lederband um die Taille, ehe sie in das grüne Kleid schlüpfte. Das Amulett war die Verbindung zu dem Dämon, dem sie versprochen war. Er würde nicht zulassen, dass sie einem anderen gehörte – oder dass sie vor ihrer Zeit abberufen würde.
Tonya bürstete sich die langen Locken und schlang sich ein einfaches Band ins Haar. Ohne Hilfe musste sie auf eine kunstvoll aufgesteckte Frisur verzichten. Sie schlüpfte in die Schuhe, die ihr leidlich passten, und legte zum Schluss den Schmuck an, den der Graf ihr gebracht hatte. Tonya balancierte auf den etwas zu großen Schuhen zur Tür und trat in den Gang hinaus. Sofort war einer der stummen Diener an ihre Seite, verbeugte sich und winkte ihr, ihm zu folgen. Tonya tastete noch einmal nach dem Amulett an ihrer Hüfte, als ihr plötzlich einfiel, dass sie nicht wusste, wann der Dämon sie rufen würde und auf welche Weise. Könnte es sein, dass er einen Vampir zu seinem Werkzeug machte?
Sie wusste es nicht. Noch jedenfalls war es zu früh zu sterben, denn sie hatte ihre Mission noch nicht erfüllt. Wie sie diesem Ziel allerdings näher kommen konnte, wusste sie nicht.
Sie konnte nur hoffen, dass der Magier einen Plan bereithielt.
8
Der Herr der Unterwelt
Dich kann man keine Stunde allein lassen«, stöhnte Cay, als er von ihrem Abenteuer in den Ruinen des Mondtempels erfuhr.
»Ich war nicht allein«, gab Rolana zurück.
Thunin nickte. »Ja, zum Glück hat Ibis ausnahmsweise mal nachgedacht und ist mit dir gegangen. Wer weiß, was sonst geschehen wäre?«
Die Elbe grinste. »Ich weiß nicht recht, ob das ein Kompliment war oder ob ich ihm nicht doch lieber für den ersten Teil eines auf die Nase geben soll.«
»Nimm es als Kompliment«, sagte Lahryn und lächelte die Elbe an. »Wenn Rolana bei ihrer Erzählung nicht übertrieben hat, dann war das heute eine Meisterleistung!«
»Dennoch war es überflüssig, sich so in Gefahr zu begeben, während wir unterwegs waren«, beharrte Cay.«
»Ich wollte beten und meine Gedanken sammeln«, sagte Rolana scharf. »Das ist nicht überflüssig!«
»Mag sein, doch das nächste Mal suchst du dir lieber einen anderen Platz aus und nicht ausgerechnet einen stadtbekannten Treffpunkt der Unterwelt von Ehniport!« Sie maßen sich mit wütenden Blicken.
Ibis zuckte mit den Schultern. »Im Nachhinein hat es auch sein Gutes«, meinte sie und tätschelte Rolana die
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