Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
zuerst vergewissern, dass kein Schiff vor der Küste vor Anker liegt. Mehr als zehn Männer kann ich hier nicht entbehren. Und erst Männer aus Fenon anwerben? Ich plane schließlich keinen Kriegszug! Ich rufe nur ein paar aufrührerische Dörfler zur Ordnung!«
Seradir neigte den Kopf. »Ich würde Euch gerne bei Eurem Ritt begleiten, wenn Ihr es wünscht.«
Lamina zögerte, der Verwalter jedoch strahlte den Elben an. »Das wäre wunderbar und würde mich sehr erleichtern.«
Die Gräfin warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, den Cordon ignorierte. Sie wollte so schnell wie möglich dieser spannungsgeladenen Atmosphäre entfliehen, die zwischen ihr und Seradir herrschte, dennoch war es ein gutes Angebot, das sie nicht ausschlagen durfte. So tapfer und erprobt ihre Wachleute auch waren, der Elb war ein ganz anderer Kämpfer, der es leicht mit zwei oder drei Angreifern aufnehmen konnte und als Waldläufer – trotz seiner Jugend -schon große Erfahrung aufweisen konnte. Sie musste an das Wohl Therons denken.
»Wir nehmen dein Angebot gerne an. Die Männer werden sich freuen und deinen Ratschlägen folgen.«
Es sah sie aus seinen violetten Augen durchdringend an, bis sie den Blick senkte. Sie konnte ihm nicht sagen, wie sehr sie seine Nähe herbeisehnte und gleichzeitig auch fürchtete.
»Gut, dann ist das beschlossen«, freute sich Cordon und erhob sich. »Mit Eurer Erlaubnis werde ich Hauptmann Thomas aufsuchen und es ihm sagen.« Er hinkte eilig hinaus. Eine unangenehme Stille senkte sich herab. Lamina starrte in ihren leeren Weinbecher.
»Wie geht es deiner Familie?«, fragte sie, als sie das Schweigen nicht mehr aushielt.
»Danke, gut. Mein Vater war froh, dass ich zurückkam...« Er stockte. Er wollte nicht eines der abfälligen Worte wiederholen, die sein Vater über die Menschen und insbesondere über die ihm unbekannte junge Gräfin geäußert hatte.
»So kam ich rechtzeitig, um an der Hochzeit meiner jüngeren Schwester teilzunehmen«, rettete er sich.
»Oh, dann darf ich gratulieren«, hauchte Lamina. »Ich hoffe, sie hat eine gute Wahl getroffen?«
»Nun ja, sie ist nicht unglücklich«, wand sich Seradir. »Aber es war eher die Wahl unserer Eltern als ihre eigene. Das ist bei uns nicht viel anders als bei euch Menschen.« Sie betraten gefährliches Gelände, das war ihnen beiden bewusst, und dennoch fragte Lamina:
»Haben sie für dich auch schon eine geeignete Braut gewählt?«
Seradir schnaubte. »Meine Schwester bildet sich jedenfalls ein, sie habe die Richtige gefunden und will, dass ich ihre beste Freundin nehme.«
»Und? Ist das nicht in deinem Sinn?«
»Ganz und gar nicht! Sie ist die vermutlich größte Klatschbase in ganz Aitansonee! Ich würde verrückt werden mit solch einem oberflächlichen, schwatzhaften Wesen an meiner Seite!« Er war so empört, dass Lamina lächelte.
*
»Wenn ich einen Rat geben dürfte? Ich würde das Grüne nehmen. Es unterstreicht die Farbe Eurer Augen und bringt Euer Haar besser zur Geltung.«
Tonya stieß einen Schrei aus. Sie stand in ihrem Unterkleid vor einem großen Spiegel und hielt sich abwechselnd das weinrote Kleid, das sie in ihrer Truhe gefunden hatte, und ein smaragdgrünes, das aus der Kleiderkammer des Grafen stammte, vor den Leib. Nun fielen ihr vor Schreck beide Gewänder aus der Hand. Sie fuhr herum und starrte den Vampir an, der mit lässig gefalteten Händen in einem der bequemen Sessel saß.
»Graf! Ich habe Euch gar nicht hereinkommen hören. Ich meine – was tut Ihr hier?«
»Euch bei der Auswahl Eures Gewands behilflich sein«, sagte er. »Wer immer Euch dieses Rot empfohlen hat, ist -sagen wir mal – nicht mit dem erlesensten Geschmack gesegnet. Oder zu lange von großen Gesellschaften fern gewesen?« Er zog die Augenbrauen hoch.
»Das mag schon sein«, erwiderte Tonya schnell und hob das grüne Kleid auf. Sollte sie dem Rat des Vampirs folgen oder nun gerade nach diesem ungehörigen Eindringen in ihr Gemach ihre eigene Wahl treffen, um ihn in seine Schranken zu weisen?
Er lachte amüsiert. »Nein, das werdet Ihr nicht tun«, gluckste er, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »Ein ganzer Abend in einer Farbe, die Euch nicht steht, nur um mich für meine Ungehörigkeit zu strafen? Ich bitte Euch! Was würde Euer Begleiter sagen?«
Über den alten Magier und seine lüsternen Blicke wollte sie gar nicht nachdenken! Das wäre noch ein Grund mehr, das rote Gewand zu wählen. Andererseits hatte die Mutter Oberin ihr befohlen,
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