Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
habe inzwischen zwar einen großen Teil meiner magischen Kräfte zurückgewonnen, aber mit diesem übergeschnappten Querno und seiner Bande möchte ich mich nicht noch einmal anlegen. Wir sollten warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Ich denke, Querno schäumt noch immer vor Wut, dass es uns gelungen ist, unsere Schätze – und ein paar von den seinen – aus seiner Schatzkammer herauszuschmuggeln.«
»Dann müssen wir eben nach Osten reiten«, sagte Saranga. »Sehen wir uns Austeera einmal an. Vielleicht gibt es dort etwas Passendes. Mir schwebt ein schnittiger Zweioder Dreimaster mit einer nicht zu großen Mannschaft vor und mit einem Kapitän, dem es auf die Bezahlung ankommt und nicht darauf, ob der Auftrag dem Rat von Ehniport gefallen würde. Es sollten allerdings keine Halsabschneider sein, die das Geld kassieren und uns bei passender Gelegenheit über Bord werfen.«
»Bist du nicht ein klein wenig anspruchsvoll?«, fragte Vertos sarkastisch, während er in einem seiner alten Zauberbücher blätterte und die Sprüche übte, um seine Kräfte zu testen.
»Jedenfalls hilft es nicht, wenn wir länger hier warten. Ich bin dafür, dass wir morgen losreiten.«
Plötzlich erregte eine Bewegung Sarangas Aufmerksamkeit. Sie hatte gar nicht mehr daran gedacht, dass Pierre mit ins Zimmer gekommen war, um den Staub von den Möbeln zu wischen. Nun richtete er sich auf und kam zu ihnen, den Blick aufmerksam auf die Kämpferin gerichtet.
»Was ist? Wenn du fertig bist, kannst du in die Küche gehen und nachsehen, ob du bei der Vorbereitung des Abendessens helfen kannst.«
Seit Vertos' Genesung voranschritt, stiegen auch seine Ansprüche, was die Reichhaltigkeit und Zubereitung seiner Mahlzeiten betraf. Pierre schüttelte den Kopf und bedeutete etwas mit den Händen. Er zählte etwas an den Fingern ab, ging dann zum Fenster und zeigte hinaus.
Saranga überlegte und schüttelte dann den Kopf. »Ich verstehe dich nicht.«
Pierre seufzte lautlos, trat an den Tisch und deutete auf Pergament und Tinte. Vertos nickte. Pierre tauchte die Feder ein und begann etwas zu zeichnen.
»Ein Schiff?«
Der stumme Diener nickte. Er malte eine gewundene Linie auf, setzte ein paar Wellenlinien darüber und ein paar Vierecke und Dreiecke in eine Ausbuchtung darunter.
Vertos und Saranga überlegten. Was könnte das sein?
Pierre sah sie erwartungsvoll an. Er malte einen Pfeil von dem Schiffssymbol zu den Kästchen.
»Das ist die Küste, nicht wahr? Und das ein Hafen.« Der Diener strahlte.
Er zeigte auf Saranga, Vertos und sich und malte dann ein Kreuz neben den Hafen.
»Ah, wir befinden uns hier.« Pierre nickte. Dann setzte er sechs senkrechte Striche auf das Papier und deutete zwischendurch immer wieder auf das Schiff und den Pfeil, der zum Hafen führte.
Vertos legte die Stirn in Falten. »Was will er uns nur sagen?«
Auch Saranga schüttelte verwirrt den Kopf. Pierre wurde zunehmend verzweifelter, doch plötzlich kam ihm eine Idee. Er rannte aus dem Zimmer und kam kurz darauf mit einem kleinen Gegenstand zurück, den er Vertos in die Hand drückte.
»Eine Sanduhr«, sagte der Magier verblüfft und hob sie ins Licht.
Saranga schlug sich an die Stirn. »Aber natürlich! Die Striche bedeuten Zeit. Das Schiff kommt hierher – in sechs Wochen?« Pierre schüttelte den Kopf. »Tagen?« Der Diener nickte und strahlte sie an.
»Du meinst also, dass in sechs Tagen ein für uns geeignetes Schiff in Calphos einlaufen wird«, fasste die Kämpferin zusammen. »Was ist das für ein Schiff? Wie viele Masten hat es?«
Pierre malte zwei Masten auf und setzte eineinhalb Dutzend Strichmännchen neben den Rumpf. Dann malte er etwas, das eine Mischung aus Schlange und Drache zu sein schien.
»Die Seeschlange? Bist du dir sicher? Das ist wirklich eine gute Nachricht. Ich habe von ihr gehört. Sie soll nun allerdings unter neuem Kommando stehen.«
Pierre nickte und strahlte so, dass Saranga überzeugt war, er kenne den neuen Kapitän.
»Woher weißt du das?«
Die Miene des Dieners wurde undurchdringlich, sein Lächeln verschwand. Er nahm sein Tuch und wischte mit harten Bewegungen über eine Eichentruhe. Saranga fasste ihn beim Arm.
»Die Truhe ist längst sauber! Wir akzeptieren, dass du deine Quelle nicht verraten willst, aber können wir uns auf sie verlassen?« Pierre nickte heftig. »Gut. Wir danken dir. Und nun geh in die Küche hinunter.«
Pierre zögerte. Er trat noch einmal an den Tisch und deutete auf seine Zeichnung.
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