Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
wirklich stumm, wie die Leute von Dijol behaupteten. Außer Seradir und Herm hatten alle Männer von Theron Verletzungen davongetragen. Auch Clam und der Piratensteuermann litten unter ihren Wunden. Zwei Piraten und drei Männer von Theron waren im Kampf gefallen. Taphos und die beiden Seeleute hatten sie gleich an Ort und Stelle begraben. Die Toten von Theron hingegen hatten sie auf ihre Pferde gebunden und mitgenommen. Wenn sie die Burg nicht bald erreichten, würden sie die Körper abladen und im Wald begraben müssen. In der vergangenen Nacht hatte der Geruch bereits die Wölfe angezogen!
Eine schwierige Entscheidung war gewesen, was sie mit dem Schiff machen sollten. Es einfach davonsegeln lassen? Wie lange würden die Männer auf ihren Kapitän und seine Männer warten? Wann würden sie herüberrudern, um nachzusehen? Und was würden sie tun, wenn sie die Spuren des Kampfes fanden?
»Es ist möglich, dass sie unserer Fährte folgen und du auf Theron irgendwann unliebsamen Besuch von einer Horde Piraten bekommst«, gab Seradir zu bedenken.
Lamina war versucht, die Seeleute samt Kapitän zu ihrem Schiff zurückkehren zu lassen, doch der Elb war dagegen. »Nimm den Kapitän vorerst als Pfand mit. Er soll seinen Männern befehlen, dass sie dich und die Burg in Ruhe lassen.«
»Und wie soll das gehen? Wer sollte ein Schreiben überbringen? Ich weiß nicht, ob sie überhaupt lesen können.« Lamina überlegte. »Ich denke, wir sollten den Matrosen freigeben und ihn mit der Nachricht zurück zum Schiff schicken.« Seradir war einverstanden und begleitete sie zu dem Baumstumpf, auf dem der gefesselte Kapitän saß. Tom hörte ihnen schweigend zu.
»Warum sollte ich das machen?«, fragte er schließlich. »Was haben meine Männer davon, wenn sie hier vor Anker liegen, während ihr Kapitän und ihr Steuermann in einem Kerker verrotten oder am Galgen aufgeknüpft werden? Ich sollte ihnen raten, sich so schnell wie möglich nach Süden in Sicherheit zu bringen.«
»Werden sie das ohne Kapitän und Steuermann schaffen? Oder wird das nächste Unwetter sie auf den Grund des Meeres schicken?«, wandte Seradir ein.
Tom hob die Schultern. »Besser das Meer holt einen als das Schafott. Es wäre Wahnsinn, wenn sie darauf warteten, dass eine Küstenpatrouille sie aufbringt.«
»Wir haben dich als Pfand«, erinnerte der Elb.
Tom funkelte ihn böse an. »Und was wollt ihr tun, um es auszuspielen? Mich foltern?«
»Nein, natürlich nicht!«, rief Lamina empört. Wir müssen nach einer gerechten und angemessenen Lösung suchen. Und so lange sollte das Schiff hierbleiben. Bitte schick den Matrosen mit diesem Befehl zu deinen Männern.«
»Du bittest mich?« Er lächelte bitter. »Oh wie schön! Da kann ich ja gar nicht anders, als der schönen Gräfin gehorchen.« Er deutete eine Verbeugung an und schärfte dem Matrosen ein, dass sie die Anker nur lichten sollten, wenn sich eine Patrouille näherte. Ansonsten sollten sie bleiben, bis sie Nachricht von ihm erhielten. Lamina vermutete, dass seine Entscheidung weniger auf ihren Charme und ihren Einfluss zurückzuführen war, sondern dass er auf eine Gelegenheit zu fliehen hoffte und dann sein Schiff noch an der Küste vorfinden wollte.
Lamina setzte sich neben Seradir ans Feuer. Er reichte ihr einen Becher mit gewärmtem Wein. Für einen Moment berührten sich ihre Hände und sie lächelten einander an. Etwas zwischen ihnen war anders geworden. Die Spannung und der Zweifel hatten sich aufgelöst. Wie das gekommen war, konnte Lamina nicht sagen. Waren sie im Kampf zu Staub zerfallen? Vielleicht war ihnen beim Anblick von Blut und Tod bewusst geworden, wie wertvoll jeder Augenblick war, den sie miteinander teilten. Ganz selbstverständlich hatte Seradir sie nach dem Kampf in die Arme genommen und an sich gedrückt. Und es war ihr nur natürlich vorgekommen, sich an ihn zu schmiegen. Mehr war zwischen ihnen allerdings nicht passiert. Beide scheuten sich, den Männern von Theron ein Schauspiel zu bieten, das sich in der Schankstube zum Besten geben ließ. Thomas würde nicht darüber sprechen, und er verurteilte seine Herrin auch nicht, egal, wem sie ihre Zuneigung schenkte. Doch die anderen? Würden einige wieder ihren Vorurteilen den Elben gegenüber erliegen und die anderen in ihrem Hass mitreißen? Zum Glück blieb ihr nicht viel Zeit zu grübeln. Der Ritt war schwierig genug. Sie versuchte, Steph aufzuheitern und dem verstörten Mädchen wenigstens ab und zu ein Lächeln zu
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