Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
ihnen auf. Auch er runzelte verwirrt die Stirn.
»Lasst die Brücke herunter! Gräfin Lamina kehrt nach Theron zurück«, rief er mit lauter Stimme. Nun konnten sie zwei Männer auf der Brustwehr erkennen, die sich gestikulierend miteinander berieten.
»Das sind keine meiner Wachleute«, bemerkte der Hauptmann verblüfft.
»Nein, diese Männer habe ich noch nie gesehen«, stimmte der Elb ihm zu und kniff ein wenig seine violetten Augen zusammen. »Und sie tragen ein fremdes Wappen: ein grünes Einhorn auf silbernem Grund in der einen Hälfte und einen Raben über einem Schwert in der anderen.«
»Ich kenne dieses Wappen«, murmelte Lamina und legte nachdenklich die Stirn in Falten.
In diesem Moment öffnete sich das Fallgatter am Fuß des linken Torturms und entließ ein Boot, in dem zwei bewaffnete Männer saßen – und Cordon, der Verwalter. Schon von weitem fiel Lamina auf, wie schlecht er aussah. Als er ausstieg und auf sie zuschritt, merkte sie, dass sein Rücken noch gebeugter war als sonst und sich die Falten in seinem Gesicht in den wenigen Tagen tiefer eingegraben hatten. Er hob nicht einmal den Blick, als er seine Herrin begrüßte.
»Was geht hier vor sich?«, wollte sie wissen.
»Und was ist das für ein Wappen, das die Männer auf ihren Waffenröcken tragen?«, fügte Thomas hinzu.
»Es ist das Wappen des Herzogs von Ingerstein«, gab Cordon Auskunft.
Lamina schlug die Hand vor den Mund, um einen Aufschrei zu unterdrücken.
»Kennst du ihn?«, fragte der Elb.
»Nicht persönlich. Der Herzog Rudolf von Ingerstein war Geralds Vetter – sein nächster männlicher Verwandter!«
Seradir nickte verstehend. »Und damit der rechtmäßige Erbe der Grafschaft von Theron, wenn Gerald keinen männlichen Nachkommen hinterlässt.«
Die Gräfin ließ den Kopf hängen. »Ja, genauso ist es.«
»Dann ist er gekommen, um Anspruch auf das Erbe zu erheben?«, wollte der Hauptmann wissen.
Cordon nickte mit gesenktem Haupt. »Ja, Euer Vater hat ihn hierher geführt«, sagte er schließlich. »Der Herzog wusste nichts davon, aber Euer Vater hat ihn aufgesucht und ihn überredet, sich sein Recht zu nehmen.«
»Cewell Mojewsky ist hier?«, rief der Elb erstaunt. »Er wurde doch verbannt! Die Gräfin hat ihn für vogelfrei erklärt!«
Lamina sagte nichts. Ihre Wangen wurden abwechselnd rot und blass.
Cordon nickte. »Das ist schon richtig. Nun aber steht er unter dem Schutz des Herzogs und seiner Männer, und wenn der Herzog zum rechtmäßigen Erben erklärt wird, dann ist das Urteil aufgehoben und Mojewsky rehabilitiert.«
Seradir ballte die Fäuste. »Wir haben ihn unterschätzt. Das war ein Fehler.«
»Was hätte ich denn mit ihm tun sollen? Ihn hinrichten lassen?«, rief die Gräfin.
Cordon schüttelte den Kopf. »Nein, das hättet Ihr nicht tun sollen. Er ist Euer Vater, auch wenn er sich nicht so verhält. Der Herzog hätte auch auf anderem Wege davon erfahren können. Nun müsst Ihr Euch mit ihm treffen und die Lage besprechen.«
»Hat er dich deshalb zu uns geschickt?«, wollte die Gräfin wissen.
Ihr Verwalter nickte. »Ich soll Euch zu ihm führen.«
»Was passiert, wenn wir uns nicht einig werden?«
»Er sichert Euch freies Geleit zu.«
Lamina und der Elb sahen einander an. »Wirst du mich begleiten oder mich befreien, wenn mein Vetter sein Wort nicht hält?«
Sie sah seinen inneren Kampf.
»Können wir ihm vertrauen? Was meinst du, Cordon?«
Der Verwalter nickte. »Es ist nicht der Herzog, der mir Sorge bereitet. Er ist ein Ehrenmann – auch wenn er hart um das streitet, was er für sein Recht hält.« Er sah die Gräfin scheu an.
Sie seufzte. »Es ist mein Vater, der dir Bauchschmerzen bereitet.«
Er nickte. »Ja, er trägt so viel Hass in sich. Hütet Euch vor ihm. Er war es auch, der den Herzog dazu gebracht hat, alle Eure Leute, die ihm keinen Gehorsam geschworen haben, in den Turm zu sperren. Selbst Frauen und Kinder! Mich hat er eben erst holen lassen, damit ich Euch die Lage erkläre.«
Lamina war nahe daran, die Beherrschung zu verlieren, doch sie musste vor ihren Männern das Gesicht wahren. »Das wird er mir büßen«, knirschte sie nur. Es wurde Zeit, eine Entscheidung zu treffen.
»Ich werde mit dir zur Burg kommen und mit dem Herzog sprechen. Thomas wird mich begleiten. Seradir, dich bitte ich, hierzubleiben. Wenn ich bis zum Dunkelwerden nicht zurück bin, dann ist es an dir zu entscheiden, was getan werden muss. Ich vertraue dir. Du wirst umsichtig handeln und nicht
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