Das Drachentor ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Freunde hatten den Leichnam in seinem Sarg im Labyrinth unter der Burg gesehen.
Der Herzog schien nicht minder verblüfft. Zum ersten Mal zeigte sich Unsicherheit in seinen Zügen, und er wirkte über die erneute Störung erleichtert. Ein Mann in Harnisch, der sein Wappen trug, bat ihn um eine kurze Unterredung. Lamina wartete, bis der Herzog die Tür hinter sich geschlossen hatte.
»Vlaros, was geht hier vor sich? Hast du ihm Gefolgschaft geschworen?«
»Nein, wie kannst du so etwas von mir denken?«, erwiderte der junge Magier gekränkt. »Ich bin nur dir treu ergeben!«
»Ach, und warum bist du dann nicht mit den anderen im Turm eingesperrt?«
»Nun ja, ich dachte, ich könnte dir so von größerem Nutzen sein.«
»Und da hast du ihm ein Versprechen gegeben, ohne es halten zu wollen?«, rief sie ungläubig aus.
»Nein, ich habe ihm weder einen Treueeid geleistet noch irgendetwas versprochen. Er ist sich nur sicher, dass ich auf seiner Seite stehe und es gut mit ihm meine.«
»Und wie kommt er zu dieser Überzeugung?«
»Nun ja, ich habe ein wenig Magie angewendet, um ihn zu täuschen. Einen Illusionszauber, genauer gesagt, der einen freundlichen Geist schafft, der glauben möchte, was er hört. Er hat kein Versprechen von mir verlangt. Ich habe ihm eingegeben, das käme einer Beleidigung gleich.«
»Das ist, das ist ja....« Ihr fehlten die Worte. Dann fiel ihr die nächste Frage ein, die ihr auf der Seele brannte.
»Wie hat er es geschafft, die Burg einzunehmen?« Vlaros seufzte. »Das ist sehr unglücklich gelaufen. Es war um die Mittagszeit, einen Tag nachdem ihr nach Dijol aufgebrochen seid. Berlon und viele andere saßen beim Essen zusammen, und am Tor standen zwei unerfahrene Posten, als Ingerstein mit ein paar Leuten angeritten kam. Als der Herzog sich als Vetter des Grafen zu erkennen gab, ließen sie die Brücke herunter, da sie keine feindlichen Absichten vermuteten. Kaum waren die Männer auf der Brücke, kam ein Dutzend Geharnischter mit seinem Wappen aus dem Wald. Was sollten sie tun? Den Herzog, der ja bisher nicht feindselig schien, angreifen? Die Brücke konnten sie nicht wieder hochziehen, und so ritten auch diese Männer in den Hof. Als Berlon kam und Cordon und mich rief, hatten die Männer des Herzogs bereits einige deiner Leute in ihre Gewalt gebracht und gebrauchten sie als Druckmittel. Auch Griphilda stand mit ihren Zwillingen im Hof, von den Bewaffneten umringt, genau wie Maja, die Tochter des Wirts. Der Herzog forderte alle auf, ihm den Treueschwur zu leisten oder die Waffen abzugeben und sich einsperren zu lassen, bis seine Ansprüche endgültig geklärt wären. Was blieb Berlon anderes übrig, als seinen Wachleuten zu sagen, sie sollten sich gefangen nehmen lassen? Keiner wollte dem Herzog den Schwur leisten. Selbst Griphilda rief, er solle sich davonscheren!«
Lamina lächelte wehmütig. »Es sind prächtige Menschen auf Theron.«
»Ja, und sie vertrauen dir und sind dir treu ergeben.«
»Warum wurde Berlon verletzt, wenn sich alle ergeben haben?«
»Er wollte den Streit in einem Zweikampf lösen und ging auf den Herzog los, doch der ließ Berlon von seinen Männern niederschlagen und in den Turm schleppen. Zuvor hat dein zweiter Hauptmann mit drei Geharnischten die Klinge gekreuzt und einen Stich in die Schulter abbekommen.«
Lamina hatte noch viele Fragen, doch der Herzog kehrte zurück. Die Gräfin erhob sich.
»Ich werde hinaufgehen, um zu sehen, wie es meinem Sohn geht.«
Sie ging zur Tür, ohne seine Reaktion abzuwarten. Es war ihre Burg! Sie brauchte ihn nicht um Erlaubnis zu fragen, wenn sie ihr Kind sehen wollte!
Der Herzog neigte den Kopf. »Darf ich Euch begleiten, Cousine, und mir das Kind ansehen?«
Lamina zögerte und sah Vlaros fragend an.
»Gräfin, ich würde Euch raten, diesen Wunsch nicht abzuschlagen. Es gibt keinen Grund, Gerald zu verstecken!«
Er trat an Laminas Seite und reichte ihr den Arm. »Ich werde auch mitkommen.«
So stiegen sie zu dritt die Treppe hinauf und folgten dem Gang bis zu der Tür, vor der der Herzog zwei Wachleute postiert hatte. Sie verneigten sich und wichen zur Seite. Lamina trat durch die Tür in den Vorraum.
»Ihr wagt es, diese Gemächer zu betreten?«, rief eine Stimme aus dem Raum, den Lamina als Kinderzimmer hatte einrichten lassen. »Anklopfen ist bei Euch wohl nicht üblich? Ich werde Euch Höflichkeit lehren!«
Stürmische Schritte näherten sich. Ein Gewand raschelte, als die Frau um die Ecke stürmte.
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