Das Drachentor
unbewachten Ausgang geführt.«
»Woher willst du denn wissen, dass es einen Verräter gibt?«, warf Rahjel ein. »Wieso sollte jemand … Der Haradone hat sich selbst befreit und ist abgehauen.«
Alasar schlug so fest mit der Faust in seine Handfläche, dass Rahjel zusammenzuckte. »Die verdammte Gittertür war aufgesperrt!«
Magaura kam aus einem Tunnel zu ihnen gelaufen. Mit besorgter Miene blieb sie vor Alasar stehen. »Ich habe es schon gehört.«
Alasar senkte den Kopf und rieb sich die Stirn. »Keine Sorge, wir kriegen ihn schon wieder.« Er schaute flüchtig zu ihr auf, doch Magaura sah ihn nicht an. Ihr Augen waren auf jemanden hinter ihm gerichtet. Alasar drehte sich zu Rahjel um. Der lenkte seinen Blick von Magaura auf ihn. Was Blicke alles bewirken konnten! Dieser kurze Moment hatte etwas in Alasar wachgerüttelt, etwas Uraltes, fast Vergessenes, das keine Worte fand.
»Bestimmt hat der Haradone einem der Wächter den Schlüssel aus der Tasche gezogen, als er es nicht merkte«, sagte Rahjel. »Wir dürfen nicht gleich vom Schlimmsten ausgehen und jemanden verdächtigen. Meinst du nicht?«
Alasar schwieg. Er kam auf Magaura zu und legte die Hände auf ihre Schultern. Sie kam ihm zart und schwach vor, als wäre sie immer noch das kleine sechsjährige Mädchen. Sie war blass und sah erschöpft aus. »Magaura … mach dir keine Sorgen.« Er schloss sie in die Arme und drückte sie sanft. Ihre Hände legten sich vorsichtig auf seinen Rücken. »Wir finden den Verräter. Und dann haben wir nichts mehr zu befürchten. Dann wird unser Traum wahr und die Welt gehört uns.«
Rahjel war gegangen, um seine Mutter zu treffen. Igola verlangte oft nach ihrem Sohn und in letzter Zeit immer öfter. Bei all der Aufregung um einen Verräter, hatte Rahjel erklärt, wolle sie nicht alleine sein, sondern genau informiert werden.
»Wenigstens sind die Drachen noch alle da«, sagte Alasar, als er alleine mit Magaura auf dem Boden saß. »Sonst hätten wir ein großes Problem.« Sie nickte.
»Jetzt finde ich, dass wir genug Drachen haben«, fuhr er fort. »Aber ich hätte den Zähmer gerne noch eine Weile hierbehalten. Wenn wir ihn nicht wiederfinden, müssen wir davon ausgehen, dass er zurück nach Haradon geflohen ist und Alarm schlägt. Dann ist es nur noch eine Frage von Tagen, bis die haradonischen Legionen hier sind.«
Magaura blickte erschrocken auf. »Aber sie werden uns doch nicht finden …?«
»Wenn sie wissen, dass wir in den Höhlen leben, natürlich. Vor allem wenn der Kerl erzählt, wie viele Drachen wir haben. Die werden ganz Myrdhan durchkämmen. Nein, jetzt steht es fest. Wir müssen zuschlagen, und zwar sofort.« Magaura starrte ihn an, als hätte er ihr den Tod prophezeit.
»Habe ich dich je enttäuscht?«, fragte Alasar leise. »Habe ich dir je etwas versprochen und es nicht gehalten? Hatte ich je einen Plan, der gescheitert ist?« Sie schüttelte den Kopf, doch in ihren Augen glänzten Tränen.
»Dir wird nichts passieren. Niemals. Solange du bei mir bist. Ganz egal ob wir hier in den Höhlen sind oder in einem Krieg. Oder in einem großen Palast … Ganz egal wo.« Sie nickte wieder.
»Weißt du, ich mag es nicht, wenn du an mir zweifelst, Magaura. In letzter Zeit hast du so oft an mir gezweifelt, obwohl es keinen Grund gab. Du musst mir vertrauen.« Er ergriff ihre Hand. »Ich führe dich und alle anderen in ein besseres Leben, Magaura. Das ist alles, was ich will, und alles, wofür ich kämpfe. Ich führe euch durch die Dunkelheit in die Freiheit. Verstehst du?«
Eine Träne rollte ihr von den Wimpern. Sie zog die Hand weg, als hätte sie etwas erschreckt. »Ich … ich bin müde. Ich werde mich schlafen legen.« Sie erhob sich und verschwand in der Dunkelheit. Alasar blickte ihr lange nach.
Wo blieb Rahjel bloß? Alasar musste mit ihm reden. Er musste das Zerwürfnis zwischen ihnen endlich beenden und ihre Freundschaft erneuern. Ihnen standen Bewährungsproben bevor, die sie nur mit Einigkeit und unbedingter Treue zueinander bestehen konnten. Alasar war voller guter Vorsätze, trotz der bedauerlichen Flucht des Zähmers. Ja, fast hatte er das Gefühl, die Anwesenheit eines Verräters würde ihn enger mit seinen Verbündeten zusammenschweißen.
Er war auf dem Weg zu Igola, um Rahjel endlich von der Alten zu erlösen. Höhlenkinder kamen ihm entgegen, versicherten ihm, dass sie keine Verräter seien, und äußerten allerlei Vermutungen, wo der Flüchtling stecken könnte. Alasar bat
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