Das Drachentor
weiten Sprung. Seine Krallen berührten den Boden nur noch leicht, stießen sich wieder ab. Alasar schaukelte stark zu einer Seite. Dann lag das Land unter ihnen und sie segelten durch die Luft.
Alasar öffnete den Mund, doch er vergaß, wie man atmete. Rings um ihn war nichts außer weitem Himmel. Der Drache schlug schwer mit den Flügeln. In einem langsamen, berauschenden Takt stiegen und sanken sie in der Luft, als würden sie auf unsichtbaren Sturmwellen reiten.
Nachdem der erste Schreck und die Begeisterung ein wenig nachgelassen hatten, löste Alasar die Hand vom Mittelhorn. Die andere Hand hatte er mehrmals mit den Zügeln umschlungen. Er sah hinunter. Der Erdboden schien Meilen unter ihnen zu liegen. Kribbelnde Schauder durchrieselten ihn. In weiter Ferne sah er die anderen bei den Felsen stehen. Er versuchte, die Entfernung zu schätzen. Dann hob er die freie Hand und tat, als würde er einen Speer feuern. Der Drache kam leicht aus dem Gleichgewicht, fing sich aber einen Flügelschlag später wieder.
Schließlich sanken sie tiefer. Der Drache war erschöpft und wollte landen. Alasar ergriff wieder das Mittelhorn, nachdem er eine Weile geübt hatte, einhändig zu reiten, und lenkte den Drachen zurück zu den anderen.
Sie landeten hundert Meter von den Felsen entfernt. Der Übergang vom Flug zum Galopp ging so sanft, dass Alasar es erst bemerkte, als er die Krallen im Gras hörte. Leicht schwindelig kam er vor dem Höhleneingang an und schwang sich vom Drachenrücken. Der Boden fühlte sich ungewohnt hart unter seinen Füßen an, und erst jetzt spürte Alasar, wie schnell sein Herz pochte.
»Und? Wie war es?«, fragte Tivam aufgeregt und lief zu ihm. Alasar klopfte ihm auf die Schulter und hielt sich gleichzeitig ein wenig an ihm fest. »Nächstes Mal werde ich mich am Drachen festbinden lassen! Dann habe ich die Hände frei, um einen Speer zu feuern oder Pfeile zu schießen.«
Magaura war zu ihnen getreten. Ihre Miene war sorgenvoll, und Alasar spürte, wie die Glücksgefühle des Fluges unter ihrem Blick zerschmolzen. »Es sieht gefährlich aus.«
Alasar schnaubte. »Du bist so ein Angsthase, Magaura. Kein Wunder, dass du die Höhlen nie verlassen willst.«
»Das Tier ist völlig erschöpft.« Rahjel lief zu dem Drachen, dessen Körper vor Anstrengung zitterte.
Behutsam öffnete Revyn die Zügel, mit denen dem Drachen der Kopf auf die Brust gebunden war. »Drachen sind nicht dafür geschaffen, einen Reiter durch die Luft zu tragen. Und wenn man sie dazu zwingt, halten sie trotzdem nicht länger als eine halbe Stunde durch.«
»Eine halbe Stunde«, wiederholte Alasar nachdenklich. »Das ist zu kurz.«
Revyn zuckte die Achseln. »Daran kann man nichts ändern.«
»Wir werden sehen. Rahjel, beim nächsten Mal greifen wir aus der Luft an!«
Bevor Rahjel etwas erwidern konnte, rief Revyn: »Nein! Du hast es versprochen!« Er schluckte schwer. »Du hast gesagt, ihr benutzt keinen Drachen, bis nicht alle gezähmt sind.«
»Vielleicht sind schon alle gezähmt«, erwiderte Alasar langsam.
»Dann lasst mich frei.«
»Ich überlege es mir.« Alasar drehte sich um, ohne weiter auf den schockierten Haradonen einzugehen. »Kommt, wir gehen.«
Sie gingen schweigend in die Höhlen zurück. Dann lief Tivam zu Alasar und ein kurzes Lächeln glitt über sein Gesicht. »Nächstes Mal will ich es auch ausprobieren. Windreiter sind praktisch unverwundbar, richtig? Wenn wir eine ganze Garde von Windreitern haben, dann sind wir so weit.«
Alasar nickte lächelnd und zerstrubbelte Tivams Locken. Dann blickte er über die Schulter zu Rahjel zurück. »Was würde ich bloß ohne einen so mutigen Krieger wie dich machen, Tivam? Noch einer von diesen Zweiflern und ich wäre verloren.«
»Ich zweifle überhaupt nicht an dir!«, sagte Rahjel, als er und Alasar allein waren. »Sei doch nicht gleich beleidigt, verdammt. Ich habe eben nur meine … Bedenken.«
»Dann strick dir aus deinen Scheißbedenken doch Strümpfe«, fauchte Alasar und drängte ihn grob zur Seite, um in sein Zimmer zu gehen.
Rahjel folgte ihm. »Alasar. Warte doch.« Er blieb im Eingang stehen und beobachtete, wie Alasar sich auf seinen Tisch setzte, sein Messer und seinen Schleifstein heranzog und anfing, die Klinge zu wetzen.
»Wir haben fast zweihundert Drachen«, begann Rahjel, »aber nicht mal einen richtigen Grund, warum wir sie überhaupt brauchen. - Ich weiß, was du jetzt sagen willst, wir haben oft genug darüber gesprochen. Ich sehe ja
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