Das Drachentor
sah ihn wortlos an. »Sie gehört mir!«, brüllte Alasar. Seine Lippen bebten. Er atmete laut.
Rahjel schüttelte den Kopf. »Du hast sie schon lange verloren.«
Alasar stieß ein wildes Heulen aus und stürmte los. Rahjel blieb stehen und griff nicht nach dem Schwert vor seinen Füßen. Alasar holte aus. Im letzten Augenblick wich Rahjel aus, keuchend vor Schreck. Alasar stieß wieder zu. »Es ist deine Schuld! Du hast sie vergiftet! Du bist schuld!«
Rahjel rettete sich ungeschickt vor jedem Hieb, bis er stolperte. Er stürzte neben dem Schwert auf den Boden, packte es und hielt es über sich. Die Klingen stießen mit einem so lauten Klirren aufeinander, als würden sie einen Schmerzensschrei ausstoßen.
Rahjel rollte sich zur Seite und sprang auf. »Hör auf, Magaura ist deine Schwester! Du weißt nicht, was du tust!«
Alasars Augen glühten. Er schlug zu, immer wieder, und Rahjel wehrte seine Schläge nur mit Mühe ab. Dann griff Alasar von oben an. Rahjel stemmte sein Schwert gegen Alasars, doch er konnte seine Kraft nicht parieren. Keuchend taumelte er zurück und seine Klinge streifte den Boden. Alasar kam auf ihn zu und stieß sein Schwert mit dem Fuß weg. Rahjel verlor seinen letzten Halt.
Flehend blickte er zu Alasar auf. »Ich war immer dein Freund. Ich wollte dir nie schaden, Alasar! Nimm mir Magaura nicht weg … Sie ist mein Leben!«
Alasar legte eine Hand auf Rahjels Kopf. Die Worte kamen ihm durch zusammengebissene Zähne. »Nein. Sie ist dein Tod.« Er stieß zu.
Und erst jetzt, als er das Schwert herauszog, seinen sterbenden Freund stockend in die Arme nahm und an sich presste, konnte Alasar von Herzen weinen.
Die Stürme
Letzte Hoffnung
Tage und Nächte wanderte Revyn durch die Weiten Myrdhans. Er riss Unkraut und Gras aus der Erde und aß, bis der Hunger Übelkeit wich. Als es regnete, fing er das Wasser, das von einem Felsen tröpfelte, mit der Hand auf und trank gierig. Doch obwohl die Natur seinen Hunger und Durst stillte, bot sie ihm nichts, woran sich seine Hoffnung halten konnte: Die weite Steppe war eine Wüste mit Dünen aus Gras und Gestein, ein Land der Unendlichkeit und des Nichts.
Revyn versuchte, sich an der Sonne zu orientieren. Wenn er sich immer westlich hielt, würde er früher oder später nach Haradon gelangen. Hatte er die Wälder erst erreicht, könnten die Nebel sich für ihn öffnen, und er würde zum San Yagura Mi Dâl kommen, wo die Drachen warteten.
Und Yelanah? Hatte Ijua ihm nicht gesagt, dass sie aufgebrochen war, um ihn zu retten? Was, wenn auch sie hier irgendwo in der grünen Einöde umherirrte? Was, wenn die Höhlenkinder sie fanden? Oder wenn sie ganz einfach auf Soldaten, auf irgendwelche Menschen traf? Es war schließlich keine Seltenheit, dass Menschen sich mit Elfen ihren Spaß erlaubten, vor allem in einem menschlichen Königreich.
Immer wieder sah Revyn Soldatentruppen über die Hügel reiten. Manchmal waren es Haradonen und er hätte sich ihnen anschließen können, aber er verbarg sich vor ihnen wie vor den myrdhanischen Männern und legte sich tief ins Gras, wenn sie kamen. Er hatte nichts von ihnen zu befürchten, doch er gehörte nicht mehr zu ihrer Welt - und er konnte schon gar nicht zurück, solange Yelanah nach ihm suchte.
Mit den schwindenden Tagen verlor Revyn seine Kraft. Jeder Schritt wurde eine Anstrengung, jeder Blick zum Horizont nährte die Verzweiflung, die in ihm lauerte. Wann kam endlich Wald in Sicht? Wenn er ihn erreichte, würde er Erleichterung empfinden, obwohl Yelanah noch in Myrdhan war?
Mächtige Wolkenmassen zogen durch den Himmel. Ihre Schatten eilten über die Hügel wie Geisterheere. Fast unaufhörlich nieselte es aus den schweren weißen Himmelsfronten, bis der Boden an Wasser überquoll und Dampf und Dunst das Land verschluckten.
Revyn irrte durch den dichten Nebel und glaubte sich in einem schrecklichen, bekannten Traum gefangen. Nie würde er hier herausfinden! Nie würde er Yelanah finden … es war alles hoffnungslos.
Irgendwann - Revyn mochte diesen Gedanken das erste oder das tausendste Mal gehabt haben - meinte er Lichter vor sich schimmern zu sehen. Durch die milchigen Dunstschwaden blickten sie wie blinde Augen, bewegten sich und schienen einen langsamen, geheimnisvollen Tanz zu vollführen.
Bald wurden die Gestalten sichtbar, die die Lichter trugen. Sie waren in helle Umhänge gehüllt, in denen sie kaum vom Nebel ringsum zu unterscheiden waren. Revyn blieb stehen. Automatisch glitt seine
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