Das Drachentor
warf sich auf Alasar und zerrte ihn zur Seite. Die Klinge stieß klirrend auf den Boden.
»Lauf!«, schrie Magaura, ließ Alasar los und griff Rahjel am Arm. Sie flohen in einen Tunnel. Alasar atmete schwer. Magauras Fingernägel hatten ihm Schrammen auf die Wange gekratzt. Bitterer, kalter Schmerz kribbelte unter seiner Haut. Sie hatte ihn verletzt - Magaura hatte ihn verletzt!
»Bewacht die Ausgänge«, befahl er wie betäubt. Dann packte er das Schwert fester und trat alleine in den Tunnel. Er wusste, dass Rahjel nicht so dumm sein würde, dem Tunnel bis zum Ausgang zu folgen. Bestimmt hatte er die erste Abzweigung genommen, die er gefunden hatte, um vom Hauptweg abzukommen.
In den Gängen hallten Waffenklirren und Schritte wider. Alasar wählte einen Nebengang und bog jedes Mal in den schmalsten Weg ab, bis die Geräusche der suchenden Höhlenkinder sich entfernten. Irgendwo flatterten Fledermäuse. Alasar hörte ihre Krallen gegen die Steine schaben. Dann verwandelte sich das Schlagen ihrer Flügel in das Rascheln von Stoff … Da lief jemand, schnell und leise - Alasar hörte, wie Magauras Rock über den Boden schleifte. Sein Herz pochte laut. In seinen Schläfen schlug der Puls.
Schritte hallten durch die Dunkelheit. Alasar lief ihnen geräuschlos nach. Wieder herrschte Stille, er hatte sie verloren. Hatte er sie überhaupt gehört? Vielleicht war es nur Einbildung gewesen.
Alasar drehte sich um, lief zurück, bog rechts in einen Gang. Er lief lange geradeaus. Und da waren die Geräusche wieder, ganz eindeutig: flinke Schritte. Alasar blieb vor einem niedrigen Gang stehen und lauschte. Schon glaubte er ihre Stimmen durch die Dunkelheit wandern zu hören. »Du musst fliehen, er ist blind vor Zorn! Ich werde ihn beruhigen. Ich spreche allein mit ihm. Und dann hole ich dich zurück.«
»Ich versteck mich über Nacht im alten Dorf, ja? Wenn du danach nicht kommst, kehre ich zurück … und kämpfe um dich.«
»Dann wirst du sterben! Dann sterben wir beide.«
»Oder wir fliehen, wenn es keinen anderen Weg gibt.«
»Wir werden sehen … nun geh …«
»Ich liebe dich …«
»Ich dich auch!«
Als Alasar die kleine Grotte betrat, war Rahjel bereits verschwunden. Magaura stand alleine im Licht der Fackeln, bleich und stumm wie ein Geist, und sah Alasar an.
»Er lässt dich allein?« Sie gab keine Antwort. »Du sagst mir also nicht, wo er ist.« Erneut stiegen ihr Tränen in die Augen. »Das alte Dorf ist kein gutes Versteck.«
»Nein, nicht! Alasar, bitte, tu’s nicht!« Sie stürzte ihm nach, als er den schnellsten Weg nach draußen einschlug, ohne ihr Flehen zu beachten. »Er ist dein Freund! Rahjel ist dein Freund! Er liebt dich, wie ich dich liebe! Er hat auch an dein Wohl gedacht -«
Sie blieb ein Stück zurück, als ihre Stimme in einem Weinkrampf unterging. Dann hörte Alasar ihre taumelnden Schritte wieder hinter sich. Er stieg mehrere Steine hinunter und drängte sich an spitzen Felszähnen vorbei. Zwischen dem Gestein schimmerten Pfützen wie blinde Spiegel.
»Ich weiß, dass er dir das Leben gerettet hat! Er hat es mir erzählt: Du schuldest ihm dein Leben! Das kannst du nicht vergessen! Er hat dir damals das Leben gerettet, du stehst in seiner Schuld!« Er fuhr herum und schlug ihr hart ins Gesicht. Magauras Kopf flog zur Seite. Wie versteinert stand sie da.
»Du bist eine Hure. Sag mir nicht, welche Schuld ich habe.«
»Monster«, schluchzte sie. Dann warf sie sich auf ihn, kratzte ihn und schlug auf ihn ein. Er versuchte, sie abzuschütteln, hielt ihre Handgelenke fest, aber sie ließ nicht von ihm ab und trat mit den Füßen. Schließlich packte er ihre Kehle. Sie würgte, als seine Finger ihr die Luft abschnürten. Die Tränen in seinen Augen machten ihn blind … Mit voller Wucht warf er Magaura zurück.
Sie stürzte zu Boden, und ihr Kopf schlug erschreckend laut gegen die Felsen, als sie reglos liegen blieb.
Alasar atmete schwer. Dicke Tränen fielen ihm von den Wimpern, bis das Wasser in seinen Augen wie ein Vorhang zurücksank. Er blieb stehen und wartete, dass Magaura zu schluchzen begann. Das Schweigen der Grotten stieg wie eine Flut um ihn an, langsam, kriechend. Erstickend.
»Steh auf.« Seine Stimme war dünn. Die Stille schien zu grinsen und ihn zu verhöhnen. »Steh auf!« Er ging um sie herum, griff nach ihrem Kragen, zerrte sie hoch. Und erstarrte.
Unter ihrem Körper kamen drei Felsenspitzen zum Vorschein, lang und scharf wie Dolche. Alasar zog seine Hand von ihrem
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