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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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schloss den Mund. Sein Blick irrte über ihr prachtvolles Kleid.
    Bevor er noch etwas sagen konnte, gab Ardhes sich einen Ruck, trat an ihm vorbei und ging auf die Zimmertür zu. »Gute Nacht.«
    Als sie die Tür behutsam hinter sich schloss, wusste sie, dass Alasar sitzen geblieben war mit dem Klang ihrer Worte in den Ohren.

Vor dem Sturm
    Es konnte noch nicht lange her sein, dass Alasar und seine Krieger ihr Reich verlassen hatten. Nicht weit von den leeren Drachenwagen fanden Revyn und Yelanah Kessel, in denen noch Suppe stand. Alles sah so aus, als wäre ihre Abreise plötzlich und schnell vor sich gegangen. Als hätte Alasar beschlossen, dass er nicht länger bleiben konnte.
    Revyn und Yelanah folgten der Spur der Höhlenkinder: Stroh, Essen, Salz und Abfall wiesen ihnen den Weg durch die Höhlen.
    Sie kamen durch Grotten, wo Risse in der Decke klafften und leichenblasses Sonnenlicht in die Finsternis rann. Dann erschienen niedrige Stollen, gebaut von Menschenhand. In den feuchten Erdboden hatten Wagenräder, Drachenkrallen und Schuhe ihre Abdrücke gepresst. Wie viele Tage Yelanah und Revyn den Himmel nicht mehr gesehen hatten, konnten sie nur raten.
    Dann erschien ein fernes Licht vor ihnen. Revyn hielt es für eine Grotte, in deren Decke Risse waren, doch als sie näher kamen, sahen sie, dass es ein Ausgang war. Schnee rieselte in den Höhlengang und bedeckte den Boden wie ein ausgerollter Teppich. Mit zusammengekniffenen Augen traten Yelanah und Revyn ins grelle Tageslicht.
    Eine Weile konnten sie nur dastehen und stumm die Weite des Landes betrachten. Wolkenmassen verbargen die Wintersonne hinter sich und vom Himmel strahlte ein unwirkliches, flimmerndes Licht. Die Hügel und Felsen lagen da wie immer. Nach der langen Zeit in der Dunkelheit fühlten Revyn und Yelanah sich der Welt merkwürdig entfremdet.
    »Komm«, sagte er endlich und löschte seine Fackel im Schnee.
    »Gehen wir.« Fröstelnd zog er die Schultern hoch. Am Himmel brachen die Wolken auf und dünne Sonnenstrahlen fielen auf die Erde herab. »Hoffentlich haben sie noch nicht angegriffen. Wir müssen uns beeilen.«
    Yelanah nickte. »Wir sollten beim nächsten Dorf die Leute fragen. Ob sie wissen, wohin das Heer gezogen ist.«
    Revyn blieb stehen und sah sie an. Erst wollte er protestieren - was wenn die Leute hier gegen Elfen waren? Aber er wusste, dass sie fragen mussten. Nichts war wichtiger, als Alasars Streitmacht rechtzeitig einzuholen. Kurzerhand zog Revyn Yelanah den hellen Umhang enger um die Schultern und schob ihr die Kapuze über den Kopf. Sie musste über seine Fürsorglichkeit lächeln. Dann nahm er ihre Hand und sie gingen weiter.
     
    Ardhes ging ohne Eile durch die Gänge des Schlosses. Ihr Blick streifte abwesend die Diener und Soldaten, die ihr entgegeneilten und sich knapp verneigten. Candula und sieben ihrer Zofen folgten ihr mit ihrem Gepäck. Sie hatte einfache Kleidung einpacken lassen. Reisekleidung. Dort wo sie hinging, würde sie keine feinen Gewänder mehr brauchen.
    Irgendwo draußen erklangen tiefe Hornrufe. Sie drangen durch das Schloss, als würden die Mauern stöhnen. Aus den Augenwinkeln sah Ardhes, wie eine ihrer Zofen zusammenzuckte. Rings um sie herrschte so viel Angst … Aber was hatten die Schlossbewohner denn erwartet? Ihr König war ein Heerführer. Natürlich würden sie in den Krieg ziehen.
    Eine breite Treppe erschien vor ihnen und Ardhes stieg die Stufen hinab. Es würde das letzte Mal sein, dass sie diese Treppe betrat, dachte sie. Jetzt lag ihr altes Leben endgültig hinter ihr. Sie hatte jeden Halt verloren. Gerne hätte sie ihre Mutter noch ein Mal gesehen - einfach so, um der Vergangenheit willen.
    Jale hatte das Schloss natürlich längst verlassen. Als sie erfahren hatte, dass Ardhes ihren Mann nicht vergiftet hatte, war sie keinen Augenblick länger geblieben. Sie musste ihre Abreise nach Haradon bereits vorher geplant haben, denn sie hatte kein einziges ihrer kostbaren Besitztümer vergessen.
    Ob Helrodir sie, die fliehende Verräterin, herzlich empfangen hatte? Oder ob er ihr vorwarf, den Thron Awrahells innerhalb weniger Wochen an einen myrdhanischen Bauern verloren zu haben? Ardhes wusste es nicht. Als sie daran dachte, dass Jale in ihrer früheren Heimat nur noch eine Gefallene war, die in der Aufgabe ihres Lebens versagt hatte, überkam sie fast Bedauern. Aber Jale hatte es nicht anders verdient. Sie würde nur noch eine gealterte Prinzessin sein, die geächtete Geliebte des

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