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Das Drachentor

Titel: Das Drachentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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diese Menschen tatsächlich hier, um zu kämpfen? Sie ballte die Hände vor Abscheu zu Fäusten, als ihr klar wurde, welchen Zweck die armen Kreaturen erfüllten. Sie waren hier, um allesamt abgeschlachtet zu werden. Um den Feind zu erschöpfen. Wer auch immer dieser Alasar war, dass er solche Pläne mit seinem Gewissen vereinbaren konnte - Yelanah war gespannt, ihm zu begegnen. Dann würde sie ihm nicht nur heimzahlen, was er Revyn und den Dar’ hana angetan hatte, sondern auch diesen Leuten.
    Als Yelanah weiter durch das Lager lief, blieben die Bauern allmählich zurück. Soldaten, die hellhaariger und größer waren, standen beieinander und sattelten ihre Pferde. Yelanah huschte flink an ihnen vorbei, bevor ihre Blicke sie streiften.
    »… das Heer gesehen?«
    »So was Riesiges … noch nie …«
    »Wenn wir auch Drachen hätten, aber die da vorne meinen ja …«
    »… wenigstens nicht die Ersten, die rausmüssen!«
    Die Gesprächsfetzen blieben hinter ihr zurück, als sie abermals in einen neuen Lagerabschnitt kam. Fremd aussehende Männer mit dunkler Haut rüsteten sich - offenbar waren es Söldner. Manche von ihnen schwangen sich auf Pferde. Aber wo waren die Drachen?
    Yelanah blickte in den Himmel, während sie an den Söldnern vorbeihastete. Die Schatten der Windreiter glitten über sie hinweg. Sie versuchte, die Dar’hana über ihr anzusprechen, aber vergebens … sie waren zu weit weg und hörten sie nicht. Yelanah verfluchte die Wirklichkeit - in der Nebelwelt reichten Rufe so weit, wie die Gedanken sie tragen konnten.
    Egal. Sie würde ihr Vorhaben auch so umsetzen. Fast im Laufschritt durchquerte sie das Lager. Zelte tauchten vor ihr auf. Myrdhanische Krieger, allesamt sehr jung, kamen ihr entgegen. Anders als die Krieger vorher bemerkten sie Yelanah und folgten ihr mit argwöhnischen Blicken. Gegen ihren Willen verlangsamte Yelanah ihren Schritt, um weniger Aufmerksamkeit zu erregen. Und jetzt, endlich, sah sie die Dar’hana.
    Die myrdhanischen Krieger führten sie an Zügeln hinter sich her. Sie legten ihnen Eisenketten und Maulkörbe an. Sie fesselten ihre Flügel und schnallten ihnen ihre grässlichen Sättel um … Das Blut stieg Yelanah in den Kopf. Unter ihrem Umhang zog sie ihren Langdolch.
    Mehrere Dar’hana standen unter einem behelfsmäßigen Zeltdach. Krieger liefen ein und aus, brachten ihnen Wasser und Fleisch und legten ihnen Schilde an. Mit langsamen Schritten trat Yelanah näher.
    Alle Drachen hoben gleichzeitig die Köpfe und sahen sie an, als Yelanah eine Begrüßung sprach.
    Ich bin die Meleyis. Der Mahyûr Revyn hat euch versprochen, dass wir kommen und euch vor den Menschen retten. Jetzt ist die Zeit da, meine Geschwister! Sie schloss fest die Fäuste um ihren Langdolch und ihren Speer, dann hob sie die Waffen hoch und ließ ihren Umhang zurückgleiten. Kämpft, Brüder und Schwestern, und zeigt kein Erbarmen!
    Bevor einer der Krieger auch nur begriff, was geschah, lief Yelanah an den Drachen vorbei und zerschnitt die Seile, mit denen sie an eine Holzplanke gebunden waren. Irgendwo erklang ein Alarmruf. Yelanah ließ sich nicht beirren. Sie zerschnitt Fesseln und befreite Flügel. Dann öffnete sie Maulkörbe und Zaumzeug. Dem ersten Krieger, der auf sie zustürmte, warf sie einen der eisernen Zügel um den Nacken und riss ihn zu Boden. Kämpft!
    Sie stieß einen Schrei aus und wich vor einem Krieger aus. Als er an ihr vorbeigetaumelt war, stach sie mit dem Speer nach ihm. Lärm schwoll rings um sie an. Yelanah schwang sich auf einen Drachen. Los!
    Ein Schauder der Resignation stürzte auf sie ein - mehrere Stimmen, wie lang gezogene Seufzer, erklangen in ihren Gedanken. Blinzelnd sah sie sich um. Von überall kamen Krieger angelaufen. Aber die Drachen bewegten sich nicht.
    Los … wohin?, fragte der Drache, auf dem Yelanah saß.
    In die Freiheit! Greift an! GREIFT AN!
    Die Drachen traten vor und zurück und schwenkten die Köpfe. Hin und her, hin und her. Freiheit? Verstehen nicht … wir können nicht … haben aufgegeben … verstehen nicht …
    »Was?«, schrie Yelanah. Tränen schossen ihr in die Augen. »Was ist los?! Wehrt euch!«
    Die Blicke der Drachen durchdrangen sie wie stumpfe Klingen. Zu spät … ohne die Menschen sind wir nichts mehr. Sind wir nicht mehr wirklich … In Freiheit wartet die Unwirklichkeit auf uns. Lieber Sklaven als unwirklich …
    Yelanah verzog das Gesicht. Sie verstand die Drachen kaum. Wieso sprachen sie so schlecht? Sie waren doch noch

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