Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
dieser grässlichen Leute unternehmen?« Dann zog sie sich in ihre Höhle zurück und schlug die Tür zu.
In der McDermid Avenue lag die Außentemperatur knapp über dem Gefrierpunkt. Der Himmel hatte die Farbe von Holzkohle, mit feuerroten Streifen dort, wo die Sonne hinter den Bergen versank. Ich schob die Hände tief in die Taschen und zog die Schultern hoch. »Die wievielte war das jetzt?«
Dr. McDonald strich den Namen der Frau von der Liste, dann blies sie eine Atemwolke in ihre gestreiften Wollhandschuhe. »Jetzt sind’s noch sechsundzwanzig.«
Diese »grässlichen Leute« hatten ihre schmuddeligen Gefährte auf der anderen Straßenseite geparkt, und die glänzenden schwarzen Augen ihrer Kameras waren auf uns gerichtet. Aasgeier, die auf Beute lauerten. Zum Glück hatten sie es inzwischen aufgegeben, uns Statements aus dem Kreuz leiern zu wollen.
Ich folgte Dr. McDonald drei Häuser weiter zur nächsten Adresse auf unserer Liste. Ein Van setzte sich in Bewegung und fuhr ein paar Autolängen weiter. Klick, klick, klick. »Man sollte doch meinen, dass die Typen Besseres zu tun haben: Politiker beim Sex mit ihren Geliebten erwischen, über Fußballer berichten, die Frauen vergewaltigen und sich Haarverlängerungen machen lassen, Paparazzi-Fotos von D-Promis beim Nacktbaden schießen …«
Vor der Nummer zweiundfünfzig stand ein VW -Wohnmobil – glänzender Lack, nirgends ein Rostfleck, Wunschkennzeichen.
Dr. McDonald stieg die Stufen hinauf und klingelte.
Ein Mann in einem dunkelblauen Anorak kletterte aus dem Van und eilte über die Straße, in der einen Hand eine große Digitalkamera, in der anderen eine Art Diktiergerät. Stark behaart, fliehendes Kinn, spitze Nase. Wie eine Kreuzung zwischen Affe und Ratte. Er fing meinen Blick auf und erstarrte, einen Fuß auf dem Gehsteig, dann klappte er den Mund ein paarmal auf und wieder zu. Ein heller Streifen Heftpflaster klebte quer über seiner Nase, darunter lugten die Ausläufer eines Blutergusses hervor. Das war wohl die Stelle, wo ich ihm mit seiner eigenen Kamera eins verpasst hatte.
Frank Sowieso – Jennifers Fotograf. Was bedeutete, dass sie selbst wahrscheinlich auch nicht weit war. Als ob ich nicht schon genug Scheißpech hätte.
Er wich einen Schritt zurück. »Ich …« Er räusperte sich. »Ich wollte keine Anzeige erstatten, das war alles Jennifers Idee … Ich habe darauf bestanden, dass die Anklage fallen gelassen wird …«
Auf der anderen Straßenseite knallten Autotüren. Die Geier zogen den Kreis enger; sie witterten fette Beute.
Ich drehte mich um und betrachtete stirnrunzelnd das Haus. »Wer wohnt hier?«
Dr. McDonald sah auf ihrer Liste nach. »Steven Wallace?«
Nie gehört.
Sie klingelte noch einmal, und die Geier bildeten einen Halbkreis um den Hauseingang. Klick, klick, klick.
Wer zum Teufel war Steven Wallace?
Sie zuckte mit den Achseln. »Vielleicht ist er nicht zu Hause?«
In diesem Moment ging die Tür auf. Ein etwas fülliger Mann strahlte uns an. Knallblauer Anzug, knallgelbes Hemd, das Blondhaar zur Igelfrisur gegelt, kleines rotes Ziegen bärtchen und eine Brille mit winzigen rechteckigen Gläsern. »Hallo, hallo, hallo, was ist denn das für ein Trubel?« Dröh nende Stimme, breites Zahnpastagrinsen.
Dr. McDonald sah noch einmal auf ihre Liste. »Mr Wallace?«
Er zwinkerte ihr zu. »Aber Sie dürfen mich gerne Sensati onal Steve nennen!«
Ach du Scheiße … Steven Wallace, der Moderator von Sensational Steves fetzigem Frühstücks-Quiz. In echt war er noch unausstehlicher, mit seinem einstudierten Auftritt für die Kameras.
Ich zückte meinen Dienstausweis. »Dürfen wir bitte reinkommen, Sir?«
»Aber natürlich, aber natürlich. Hier geht’s lang!« Dann machte er kehrt und humpelte den Flur entlang, wobei er ein Bein nachschleifte und eine Schulter hochzog, als ob er einen Buckel hätte.
Dr. McDonald spitzte die Lippen. »Okay …«
Ich legte ihr eine Hand ins Kreuz und schob sie mit sanftem Druck über die Schwelle, dann folgte ich ihr ins Haus und knallte die Tür zu.
»… und deswegen finde ich es so wichtig, mich mit aller Kraft für wohltätige Zwecke einzusetzen. Ich denke, man muss doch seine Berühmtheit dazu nutzen, Gutes zu bewirken, hab ich recht, oder hab ich recht?«
Der Wintergarten erglühte flammend rot im Sonnenuntergang. Er war groß genug für einen Stutzflügel, eine Sitzgarnitur aus Leder, einen Beistelltisch, etliche große Kübelpflanzen und Sensational Steves Ego. Er nahm
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