Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)
ohne Ton, aber ihre Lippen bewegten sich. Stellte sie eine Frage? Megan schürzte die Oberlippe. Was immer die Antwort war, Brianna stand mit offenem Mund da, während alle anderen lachten. Dann reckte sie die Nase in die Luft und stakste auf ihren zu hohen Absätzen davon. Megan blieb mit den Jungs zurück.
Dr. McDonald setzte ihre Taschen auf dem Boden ab und schlang einen Arm um sich. »Brianna ist meine beste Freundin, aber ich hasse sie, ich hasse sie total . Ich meine, schau sie dir doch an: Sie ist eine fette Kuh, aber alle lieben sie, weil sie einen dicken Busen hat. Idioten. Machen ihr den Hof, dabei sollten sie doch mich beachten.«
Megan zog an ihrer Zigarette.
»Warum können sie nicht sehen, dass ich viel cooler und erwachsener bin als sie? Als sie alle . Sie sind bloß Jungen, Kinder, aber …« Dr. McDonald runzelte die Stirn. »Sehen Sie mal, wie nervös sie ist.« Sie kniff die Augen zusammen. »Aber ich habe ein Geheimnis … Etwas, das ich unbedingt allen erzählen will, aber ich hab’s versprochen …«
Der Wachmann drehte sich um, zeigte auf die Gruppe und rief etwas.
»Halt die Klappe, du aufgeblasener kleiner Idiot in deiner beschissenen Uniform. Hast es nicht mal zum richtigen Polizisten gebracht, wie? Was für ein Loser . Im Gegensatz zu mir, ich komme noch mal ganz groß raus …«
Der Colabecher wirbelte durch die Luft und klatschte auf den Marmorboden.
»Raus hier, Opa; der Laden hier ist sowieso scheiße …«
Megan rannte weg, und Sabir lief schwerfällig hinterher, auf die Rolltreppe zum Erdgeschoss zu. Dr. McDonald folgte ihm, den Blick auf den Monitor geheftet, während das Bild zu einer anderen Kamera umsprang.
»Ich hab noch was vor, treff mich mit Leuten …«
Ich schnappte mir die Tüten und folgte ihnen.
Es folgte eine längere Sequenz – Megan lief lachend durch das Einkaufszentrum, drängelte sich an einer übergewichtigen Frau vorbei, die sich mühte, einen Kinderwagen auf die Rolltreppe nach unten zu bugsieren.
»Aus dem Weg, du alte Schachtel! Fick dich. Dich und dein kreischendes Balg. Ich will mit dem ganzen Mist nichts zu tun haben: Ich werde berühmt sein!«
Wir fuhren hinunter ins Erdgeschoss. Sabir drückte wieder auf Pause, sodass wir in dem Moment unten ankamen, als Megan von der Rolltreppe sprang. Eine neue Kameraeinstellung: Sie lief jetzt mit fliegendem Pferdeschwanz auf den Ausgang zu. Umkurvte einen weiteren dieser großen rechteckigen Pflanzkübel. Und dann, rumms, stieß sie mit einem alten Mann zusammen. Seine Einkaufstasche flog ihm aus der Hand, und eine Flasche – es sah nach Wein aus – zerplatzte in Schwarz-Weiß auf dem Marmorboden.
»Fick dich auch.«
Sie drehte eine Pirouette, und dann verschwand sie durch den Ausgang, ein breites, animalisches Grinsen im Gesicht.
»Fickt euch alle miteinander!«
Ein buckliger alter Mann mit einem Mopp und einem Eimer hielt inne und starrte Dr. McDonald an, als sie sich auf der Stelle drehte und dem Einkaufszentrum einen beidhändigen Stinkefinger zeigte.
»Ich komme noch ganz groß raus!«
»Noch ein bisschen Crispy Seaweed?« Ich hielt Dr. McDonald den Plastikbehälter hin, und sie lud sich einen Berg knusprige grüne Streifen auf ihren Teller.
Das Haus in der Fletcher Road war innen riesengroß – im Esszimmer hätte eine ganze Fußballmannschaft Platz gehabt, also machten wir es uns im Wohnzimmer gemütlich und breiteten die Kartons mit dem chinesischen Essen aus dem Blue Wok in der Keep Street auf einem großen Couchtisch aus Holz aus. Im Kamin prasselte ein echtes Feuer und warf flackernde Schatten an die Decke.
Dr. McDonald hockte im Schneidersitz am Boden und schaufelte Special Fried Rice mit Stäbchen in sich hinein. Und redete mit vollem Mund. »Sind Sie sicher, dass Sie nicht auch runterkommen wollen? So ist es viel authentischer.«
»In meinem Alter? Ich käme doch nie wieder hoch.« Das Rindfleisch-Chili war gar nicht übel – knusprig gebraten und scharf.
Dr. McDonald starrte einen Moment lang in ihren Reis. »Es ist nicht Ihre Schuld.«
Okay …
»Was ist nicht meine Schuld?«
»Ich meine, sie kann wirklich froh sein, dass sie Sie als Vater hat.« Noch immer blickte sie nicht auf.
Ich legte meine Gabel hin. »Dr. Mc–«
»Mein Vater hat uns verlassen, als ich vierzehn Monate alt war.« Ein tiefer Atemzug. »Ich hätte alles gegeben für einen Vater wie Sie.«
Ich musste unwillkürlich lächeln. »Ich dachte, ich bin ein ›Mann der Gewalt‹?«
»Meine Mutter hatte
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