Das dreizehnte Opfer: Thriller (German Edition)

diese abgerissenen Junkie-Typen den Laden ausspionieren, um ihren nächsten Beutezug zu planen, denken sie, da wär ein toter Winkel, wo sie sich sicher fühlen können – und ahnen nicht, dass alles gefilmt wird.«
    Zwei oder drei Meter von uns entfernt stand ein großer rechteckiger Pflanzkübel mit beigefarbenen Kieselsteinen, aus denen ein Mini-Dschungel spross. Irgendwie kam er mir bekannt vor … Ich drehte mich um, betrachtete nachdenklich den Laden, in dem Dr. McDonald verschwunden war, und ging dann auf die andere Seite des Pflanzkübels.
    »Das ist die Stelle, wo sie war: Megan Taylor, auf den Videoaufnahmen.«
    Sabir wies über meine Schulter hinweg. »Die Kamera ist hinter dir.«
    Ich drehte mich um, und da war sie – wie ein glänzendes schwarzes Ei, das an der Decke klebte.
    »Wenn du also ein Grüppchen von Jugendlichen beobachten wolltest und vielleicht ein ganz bestimmtes Mädchen, und du wolltest nicht, dass irgendjemand es erfährt, dann würdest du dich in so einen toten Winkel stellen, ja? Nur dass es den gar nicht gibt, okay?«
    »Wenn du Steven Wallace auf einem dieser Videos entdeckst, dann kriegst du einen dicken Kuss von mir, Sabir. Auch wenn du aussiehst wie ein Stehaufmännchen aus der Mottenkiste.«
    »Frechsack …« Er tatschte auf seinem iPad herum. »Steven Wallace, alias Sensational Steve – man merkt, dass er sich seinen Künstlernamen selbst ausgedacht hat, nicht wahr? Geboren in Oldcastle; Internatsschüler am Glenalmond College; Jurastudium an der Uni Edinburgh nach zwei Jahren abgebrochen; spielte mal probeweise bei den Hibernians, konnte sich aber nicht durchsetzen; durfte zuerst beim Krankenhausradio am Edinburgh Royal Infirmary moderieren, später dann bei einem kleinen freien Radiosender. Das meiste davon hab ich von der Biografie auf seiner Website. Und dann hätte ich noch Folgendes: Er war verheiratet, eine Tochter, aber sie ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen – ein betrunkener Fahrer ist in den Vauxhall der Familie gerast; Ehe wurde geschieden; er zog wieder nach Oldcastle, nachdem seine Mutter gestorben war und ihm das Haus in der McDermid Avenue hinterlassen hatte.«
    »Vorstrafen?«
    »Nichts. Er ist ein paarmal wegen Geschwindigkeitsübertretung verwarnt worden, aber alles im Drei-Punkte-Bereich. Im Moment hat er keine Eintragungen. Vor zwei Jahren hat er Anzeige erstattet, weil eine Stalkerin ihn verfolgte, aber abgesehen davon ist er blitzsauber.«
    Sabir kam auf mich zugetappt, streckte mir sein iPad hin und hielt den Monitor so, dass ich ihn sehen konnte. Wir schauten zu, wie die unscharfen Schwarz-Weiß-Aufnahmen der Überwachungskamera rückwärtsliefen, bis zu der Stelle, wo man Megan Taylor auf dem Pflanzkübel vor uns sitzen sah.
    »Hast du bei ihr auch deine Internet-Recherche-Künste angewandt?«
    »Facebook, Twitter und Hotmail. Aber kann man eigentlich alles vergessen: Da wird über die Schule gelästert, von Boygroups geschwärmt, da wird gefragt, wie alt man sein muss, um bei Britain’s Next Big Star mitzumachen … Aber nichts in der Richtung: ›Oh, ich treff mich morgen mit diesem schmierigen Kotzbrocken aus dem Radio, und er wird mich an einen Stuhl fesseln und ein Foto von mir machen.‹ Ich lass noch die Mustererkennungs-Software drüberlaufen, mal sehen, ob’s irgendwelche Übereinstimmungen mit den anderen Gratulator-Mädels gibt.«
    »Wir weisen unsere Kunden darauf hin, dass das Center jetzt geschlossen wird. Bitte begeben Sie sich zu den Ausgängen.«
    Dr. McDonald kam aus dem Teenie-Modeladen gehetzt, beladen mit zwei großen Papiertüten mit Kordeln als Griffen. »Haben wir schon angefangen?«
    Sabir hielt einen Finger über die Play-Taste. »Perfektes Timing, Doc.« Er tippte auf dem iPad herum. Megan und ihre stämmige Freundin hockten auf dem Rand des Pflanzkübels. Die vier Jungs scharwenzelten um sie herum, warfen sich in Pose, lachten, schubsten einander.
    Dr. McDonald lugte über Sabirs kräftigen Unterarm hinweg auf den Monitor. »Klassisches Balzverhalten: Die Männchen präsentieren sich vor den Weibchen, brüsten sich und geben an … Sie interessieren sich eigentlich nicht für Megan, sie interessieren sich für ihre Freundin, die mit den Brüsten, sie ist sehr gut entwickelt für eine Dreizehnjährige.«
    Sabir zeigte auf das Mädchen. »Das ist Brianna, sie ist Megans allerbeste Freundin. Und das sind Joshua, Brandon, Tyler und Christopher.«
    Brianna stand auf und strich ihren Minirock glatt – der Film war